"Systemcrash mit Ansage": Lernplattform Mebis fällt erneut aus

16.12.2020, 15:02 Uhr
Soll Schülern das digitale Lernen ermöglichen, ist technisch aber immer noch nicht ausgereift: Die Lernplattform Mebis.

© Armin Weigel, dpa Soll Schülern das digitale Lernen ermöglichen, ist technisch aber immer noch nicht ausgereift: Die Lernplattform Mebis.

Aktuell meldeten sich sehr viele Nutzer gleichzeitig an, hieß es noch am Mittag auf der Mebis-Startseite: "Dadurch kommt es leider zu langen Wartezeiten". Seit Mittwoch sind alle 6.200 Schulen in Bayern geschlossen - drei Tage früher als zunächst geplant. Nur für die Abschlussklassen sowie die Berufsschulen sollte "Distanzunterricht" abgehalten werden, für alle anderen war zunächst "Distanzlernen" angesagt.

"Eltern-Schooling"

Letzteres bedeutet in der Regel: Die Lehrer leiten den Schülern Arbeitsmaterial zu, das diese dann selbstständig bearbeiten sollen. "Das ist Nicht Home-Schooling, sondern Eltern-Schooling", so der Vater einer Schülerin aus dem Landkreis München.

Doch auch die verbliebenen 570.000 zugriffsberechtigten Schüler mit dem Privileg des Distanzunterrichts waren für das vom bayerischen Kultusministerium entwickelte Mebis-System zuviel. Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) musste kapitulieren: "Leider zeigt sich seit letzter Woche unter erhöhter Last: Alle umgesetzten Maßnahmen zeigen bislang nicht die Wirkung, die ich mir wünsche. Das ist für mich nicht akzeptabel."

"Systemcrash mit Ansage"

Erst recht nicht für die Opposition. Grüne, SPD und FDP verschärften am Mittwoch noch einmal ihre Kritik an Piazolo. Der Sprecher für digitales Lernen der Landtags-Grünen, Max Deisenhofer, sprach von einem "Systemcrash mit Ansage". Piazolo habe den "letztmaligen Auftrag, Bayerns Schulen bis zum 11. Januar digital fit zu machen. Wenn er sich das nicht zutraut, sollte er andere ranlassen", so Deisenhofer.

Der Bildungsexperte der FDP im bayerischen Landtag Matthias Fischbach ging noch einen Schritt weiter. Die Fehlermeldung auf der Startseite sei "das traurige Symbolbild des Scheiterns". Exakt neun Monate nach dem ersten Schul-Lockdown zeige das Kultusministerium, dass es nichts gelernt habe. Piazolo sollte selbst die Konsequenzen ziehen, sonst müssten es Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger oder Ministerpräsident Markus Söder (CSU) tun, so der FDP-Abgeordnete.

Seit dem ersten Lockdown vor neun Monaten wisse der Kultusminister, dass Lernplattformen unverzichtbar seien, schimpfte die bildungspolitische Sprecherin der SPD Simone Strohmayr. Piazolo habe wertvolle Zeit verstreichen lassen, ohne digitales Lernen entscheidend voranzubringen. "Das ist aus meiner Sicht ein unverzeihliches Totalversagen, das beweist, wo die bayerischen Schulen bei der Digitalisierung stehen", so die schwäbische Abgeordnete.

Söder setzt Frist bis nach Weihnachtsferien

Ministerpräsident Söder hatte Piazolo am vergangenen Dienstag im Landtag zwar in Schutz genommen, für die Zeit nach den Weihnachtsferien aber darauf gepocht, dass es keine neuen "Missverständnisse und Probleme" mehr geben dürfe. Am Mittwoch verschärfte Söders Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) den Ton. "Die erneuten Störungen bei Mebis sind unverständlich und ärgerlich", sagte Herrmann laut dpa. Die Störungen auf der Lernplattform müssten jetzt abgestellt werden. "Nach den Ferien muss der Distanzunterricht reibungslos stattfinden können, wenn es notwendig ist", so der CSU-Politiker.

Die Botschaft ist bei Piazolo angekommen. "Ich gehe davon aus, dass wir nach Weihnachten Wechselunterricht haben werden", erklärte der Minister am Mittwoch: "Bis dahin wird es für die Schulen, die Mebis nutzen, eine Lösung geben." Die Plattform sei jedoch bei Weitem nicht das einzige Werkzeug für den digital gestützten Distanzunterricht, fügte Piazolo hinzu. Die Schulen nutzten darüber hinaus viele verschiedene digitale Kommunikationswerkzeuge, wie zum Beispiel MS Teams, andere Videokonferenztools, aber auch Cloud-Lösungen. Daneben gebe es "viele klassische pädagogische Konzepte, die sich im Distanzunterricht gut bewähren", so der Minister.


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Mebis war schon zum Start des Wechselunterrichts in den höheren Schulklassen ab dem 9. Dezember gestört. Damals führte das Kultusministerium die Probleme auf ein Update zurück. Bereits im ersten Lockdown Mitte März war Mebis zusammengebrochen. Piazolo hatte Ähnliches zum Start des harten Lockdowns gestern wohl schon befürchtet.

Am vergangenen Montag hieß es in einem Schreiben des Kultusministeriums an alle Schulen, dass Distanzunterricht außer in den Abschluss- und Berufsschulklassen nicht stattfinde, was als regelrechtes Verbot interpretiert wurde. Daraufhin stellte Piazolo klar, dass Distanzunterricht in nden letzten Schultagen vor Weihnachten zwar nicht verpflichtend, aber möglich sei. Beim Distanzunterricht können im Gegensatz zum Distanzlernen grundsätzlich "Leistungserhebungen" stattfinden, aber nur mündlich.


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