Frau aus Franken vor Gericht
Terror-Prozess: Verriet Susanne G. ihre Anschlagspläne zwei NSU-Helfern?
15.7.2021, 06:09 UhrHat Susanne G. aus Leinburg zwei NSU-Helfer in ihre Terrorpläne eingeweiht? Die 55-jährige Heilpraktikerin aus dem Nürnberger Land soll den Landrat sowie den Bürgermeister von Schnaittach mit dem Tod bedroht und einen Moscheeverein und ein Flüchtlingsprojekt für weitere Anschläge im Visier gehabt haben. Der Prozess gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin sollte heute Licht ins Dunkel bringen. Doch jetzt kommt es vermutlich ganz anders.
Die beiden Nürnberger Anwälte Maximilian Bär und Harald Straßner, die in der Nebenklage den Schnaittacher Bürgermeister Frank Pitterlein und Landrat Armin Kroder vertreten, hatten sich vom heutigen Verhandlungstag vor dem Oberlandesgericht München neue Erkenntnisse versprochen. Denn sie hatten erwirkt, dass die Rechtsextremisten Ralf Wohlleben und André Eminger als Zeugen geladen wurden.
Wohlleben hatte dem NSU die Tatwaffe beschafft, mit der zehn Menschen in Deutschland ermordet wurden. Eminger hatte Beate Zschäpe aus dem NSU-Kerntrio bei der Flucht geholfen. Beide erscheinen nun aber auch "als enge Vertraute und wichtige Bezugsperson" von Susanne G., betont Anwalt Maximilian Bär.
Denn im Haus der Heilpraktikerin fanden die Ermittler neben einer Hakenkreuzfahne über ihrem Bett und Sachbücher über Sprengstoff und Waffen auch 34 Briefe von Wohlleben und 13 von Eminger. Der Schriftwechsel war entstanden, als die beiden Männer noch in Haft saßen. Fotos der beiden zusammen mit Susanne G. bei gemeinsamen Grillpartys und Familienfeiern entdeckte man auch auf ihrem Handy.
Noch aus der Haft heraus riet Wohlleben Susanne G., sie möge doch einmal auch Kontakt mit seiner Frau aufnehmen. In einem Brief heißt es dazu: "Mein Vorschlag war dann, dass ich Dir einfach mal ihre Nummer gebe, so könnt ihr euch auch mal "kennenlernen" und alles Weitere miteinander besprechen.(...) Sag einfach Du bist die Susl mit den Zauberhänden. Habe ihr nämlich ein bisschen was von Dir erzählt."
Mit ihren "Zauberhänden" hatte G. nicht nur ihre Kunden massiert, sondern sie soll auch Patronen in Umschläge gesteckt und als Morddrohung an die Kommunalpolitiker verschickt haben. Es sei wahrscheinlich, dass sie später bei den privaten Treffen Wohlleben und Eminger von ihren Absichten erzählt habe, argumentieren deshalb die beiden Nebenklagevertreter.
Mit der Begründung, sie könnten sich möglicherweise selbst belasten, kündigten die geladenen Zeugen vorab die Verweigerung ihrer Aussage an. Denn jeder Bürger ist in Deutschland gesetzlich verpflichtet, mögliche Anschlagspläne, die ihm zu Ohren kommen, der Polizei zu melden. Tun sie das nicht, machen sie sich strafbar. Das Gericht stimmte der Begründung zu und lud die Zeugen wieder aus.
Auch Norman Kempken erhielt die gerichtliche Ausladung, nachdem er signalisiert hatte, er werde sich nicht äußern. Der Neonazi aus Nürnberg war Aktivist der rechtsextremen Kleinpartei "Der III Weg" in Mittelfranken. Susanne G. hatte der Partei angehört und war zeitweise für sie im Einsatz.
"Diese gerichtliche Entscheidung können wir nicht nachvollziehen“, sagte Harald Straßner, Vertreter von Landrat Armin Kroder. Er und Kollege Bär hegen massive Zweifel an der These, Susanne G. sei eine Einzeltäterin gewesen.
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