Atlas-Abenteuer mit dem Alpenverein

12.07.2013, 13:04 Uhr
Atlas-Abenteuer mit dem Alpenverein

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Fachübungsleiter Karl Meier hatte die Idee zu der Reise. Als Begleiter rekrutierte er neun Mitstreiter, die teils bereits Tourenerfahrung aus dem Himalaya und den Anden hatten, teils aber auch Neulinge im Bergsteigen außerhalb der Alpen waren. Als Konditionstraining fungierten die Schneeschuhtouren im Winter. Mit dabei waren Rudi Wiedemann, Walter und Steffi Pfahler, Tobias Bergdolt, Elvira Raba, Hermann Bamberger sowie Aldul, Sylvia und Helmut Kotzur.


In der marokkanischen Königsstadt Marrakesch begann das Abenteuer. Die einheimische Begleitmannschaft, bestehend aus Führer, Koch und vier Treibern, bepackte die fünf Maultiere mit der umfangreichen Ausrüstung. So hatten die geduldigen Vierbeiner am Ende unter anderem neun Zelte, zehn Seesäcke sowie die komplette Küche samt Proviant auf dem Buckel.


Die zehn Treuchtlinger konnten deshalb nur mit Tagesrucksäcken beladen den Aufstieg zum ersten Pass in 2000 Metern Höhe in Angriff nehmen. Ihr Führer Khalid sah den Europäern die Klimaumstellung an und gönnte ihnen anfangs häufigere Pausen. Schatten spendeten in der kargen Gegend allerdings lediglich einige Wacholderbüsche. Der Staub war ein ständiger Begleiter auf den schmalen Wegen, die an bizarren Gesteinsformationen vorbeiführten. Als Verpflegung gab es meist frisches Gemüse mit Dosenfisch.


Täglicher Kampf ums Überleben


Erstaunt beobachteten die Deutschen, wie die einheimischen Bauern dürre Getreidehalme ernteten, für die hierzulande kein Landwirt einen Finger krumm machen würde. In den Tälern bewässerten Bäche zudem spärliche Terrassenfelder und Gärten mit Nuss- und Kirschbäumen. Paradox auch der Kontrast zwischen den ärmlichen Lehmhütten  und den Satellitenschüsseln darauf: Resultat des Versuchs der marokkanischen Regierung, der Landflucht mit einer Stromversorgung selbst für die abgelegensten Dörfer Einhalt zu gebieten.


Atlas-Abenteuer mit dem Alpenverein

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Schade fanden die Bergsteiger, dass sie wegen der islamischen Tradition kaum einmal einen Einheimischen fotografieren durften – dabei hätte es laut Organisator Karl Meier „so schöne Motive gegeben“. Als etwas problematisch stellten sich außerdem für die Frauen die Körperpflege im Bach sowie für die älteren Teilnehmer das Essen am Boden heraus, das bald zu Rückenbeschwerden führte.


In den nächsten Tagen wurden die Pässe höher, die Landschaft wilder, die Dörfer noch abgelegener und die Anstrengung größer. Nachts kühlte es auf minus zehn Grad ab, tagsüber erreichte die Quecksilbersäule im Schatten nicht selten plus 30. Große Höhenunterschiede und bis zu sieben Stunden Gehzeit am Tag forderten eine gute Kondition.


Vom 3450 Meter hohen Tizi-n’­Aguelzim-Pass sahen die Treuchtlinger schließlich tief unter sich den Ausgangspunkt für ihre Gipfelbesteigungen liegen: die französisch-marokkanischen Alpenvereinshütten Neltner und Mouflons. Am frühen Morgen begann der steinige Aufstieg zum Massiv des Ouanoukrim, dessen drei Spitzen alle über 4000 Metern liegen. Alle drei Gipfel erklommen die Mittelfranken, wobei es am höchsten Punkt auf 4089 Metern ein Bier aus der Heimat gab.


Bier als Belohnung


Am nächsten Tag nahm die Gruppe dann den höchsten Berg Nordafrikas ins Visier: den 4167 Meter hohen Jebel Toubkal. Nach drei Stunden Aufstieg über Schutt, Fels und Schnee erreichten alle zehn Alpinisten glücklich den Gipfel, der eine grandiose Aussicht über den Hohen Atlas, die Küsten­ebene im Norden und im Dunst im fernen Süden die Sahara bot. Deutsches Bier gab es auch hier zur Belohnung. Nach einem mühsamen Abstieg und sechs Tagen staubigem Trekking genossen die Bergfreunde am Abend in einer der Hütten die warme Dusche.


Kurz darauf erfuhren die Treuchtlinger von ihrem deutschsprachigen Führer, dass der weitere geplante Weg zerstört und für die Maultiere unpassierbar sei. Deshalb planten die Alpenvereinler die zweite Hälfte ihrer Tour kurzerhand um. Nach zwölf Tagen erreichten sie schließlich – trotz Atemwegserkrankungen zweier Teilnehmer – wieder den Ausgangspunkt in Marakesch.


Zwölf Pässe hatten die Treuchtlinger Bergsteiger überquert und vier Viertausender bestiegen. Die nüchterne Bilanz trat aber in den Hintergrund angesichts vielen Eindrücke und Erlebnisse, die die Abenteurer mit nach Hause nahmen – von den bitterarmen Bergbewohnern über die bizarren Landschaften bis hin zur fremden Kultur und der engen Kameradschaft und lustigen Gemeinschaft mit den marokkanischen Gastgebern. Sinnbild dafür war ein „Konzert“ der Treiber mit „Instrumenten“ aus dem Geschirrfundus und Volksliedern der Berber.


Nach zwei abschließenden Tagen in der Unesco-Welterbestadt Marrakesch mit ihren geschäftigen Gassen, den Wasserverkäufern und Schlangenbeschwörern, der Lehm-Stadtmauer und dem spannungsreichen Spagat zwischen Altertum und Moderne trafen die Treuchtlinger am Ende müde und die Seesäcke voll staubiger Wäsche nach 16 Tagen wieder in der  Heimat ein – und freuten sich insbesondere auf die fränkische Küche.

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