Für die Katz? Braucht Treuchtlingen eine Bücherei?

Patrick Shaw

Redaktion Treuchtlinger Kurier

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15.12.2018, 06:04 Uhr
Für die Katz? Braucht Treuchtlingen eine Bücherei?

© Elisabeth Mayr

Eines steht fest: Die Stadtbücherei hat sich im vergangenen Jahr unter der Regie von Elisabeth Mayr spürbar gemausert. Die Zahl der angemeldeten Leser ist im Vergleich zum Vorjahr von 477 auf 621 gestiegen, der Medienbestand von 13.113 auf 13.370 und die Zahl der Ausleihen von gut 16.200 auf knapp 17.400. Viel hat sich für diese Trendwende verändert, wofür die Mitarbeiter von allen Seiten Lob ernteten.

So haben Mayr und ihr Team die Bestellung und Einarbeitung neuer Bücher optimiert, eine Werbestrategie erarbeitet sowie eine neue Gebührenordnung, neue Öffnungszeiten (samstags statt montags) und neue Bibliotheksausweise eingeführt. Im Obergeschoss gibt es nun ein Lesecafé mit Kaffeeautomat, am Eingang ein Bücher-Tauschregal sowie im Internet die „Onleihe“ im Verbund mit e-Medien-Franken.

Ebenso stehen seit diesem Jahr kabelloses Internet und e-Book-Reader zur Verfügung. Für das „Bilderbuchkino“ hat die Bücherei zusammen mit der Stadt und der Projektgruppe Bürgerhaus eine neue Leinwand samt Projektor und Laptop angeschafft. Darüber hinaus können sich Besucher künftig zu VHS-Kursen anmelden und den Ferienpass beziehen. Es gab eine professionelle Bestandssichtung der Landesfachstelle, Kooperationsgespräche mit örtlichen Vereinen und Fortbildungen für das Team. „Kundenstopper“ auf dem Rathausplatz weisen seit kurzem auf die Einrichtung hin. Die neuste Errungenschaft ist eine „Geocatching“-Station (Anlaufpunkt für „digitale Schnitzeljagden“ per Satellitennavigation).

Ordentlich zugelegt hat zudem die Zahl der Veranstaltungen – von 16 im Jahr 2017 auf 67 im zurückliegenden Jahr. Auf dem Programm standen Führungen, Seminar-Begleitungen an der Senefelder-Schule sowie Büchertische und Vorträge beim Energietag und den „Herbstlichtern“. 48 Mal bannte das Bilderbuchkino Geschichten auf Leinwand und erreichte insgesamt 815 Kinder. Sechs der Vorstellungen waren öffentlich, der Rest für Kindergärten und Schulen. Weitere 38 junge Leser testeten im Sommerferien-Leseclub 150 neue Bücher. Zwei Höhepunkte im Bibliotheksjahr bildeten die Lesungen mit dem Regionalkrimiautor Richard Auer aus Eichstätt und den Verfassern des kapitalismuskritischen Buchs „Die Vorstufe zum Paradies“.

Bestuhlung ist Schwerstarbeit

Probleme bereitet dem Büchereiteam bei Veranstaltungen das Bestuhlen, da jeder der 40 klobigen, alten Stadthallenstühle einzeln aus dem Spitzboden geholt werden muss. Das allein dauert laut Mayr jedes Mal rund anderthalb Stunden. Dabei knabbert die Bibliothek ohnehin am meisten am knappen Personal. 1,22 Vollzeitstellen gibt es ab dem nächsten Jahr für die wöchentlich 19 Öffnungsstunden – minimal mehr als bisher. Die tatsächliche Arbeit ist aber viel mehr, sodass das Team allein dieses Jahr gut 160 Überstunden angehäuft hat – noch ohne die Büchereileiterin selbst. „Auf Dauer ist das nicht machbar“, so Mayr.

Für kommendes Jahr hat sich Mayrs Mannschaft vorgenommen, die Bibliothek auch beim Neubürgerempfang, mit Adventslesungen und der Teilnahme am bundesweiten Vorlesetag bekannter zu machen. Außerdem soll es eine neue Benutzerordnung, bewegliche Regale, eine Rückgabekiste und einen neuen Bereich für Elternratgeber geben. Dachboden und Keller der alten Czernohaus-Scheune, in der die Bücherei untergebracht ist, sollen entrümpelt und das Stuhllager eine Etage nach unten verlegt werden.

„Es wäre schade, wenn wir künftig nur noch Dienst nach Vorschrift machen müssten“, betont Elisabeth Mayr mit Blick auf die Haushaltsberatungen und den Stellenplan der Bücherei. Die Unterstützung der Ehrenamtlichen sei zwar sehr wichtig, aber es gebe auch viele Arbeiten, für die es gelernte Kräfte brauche. Schade sei es, dass beim Neubau der Senefelder-Schule nicht an eine Zusammenführung der Schul- mit der Stadtbibliothek gedacht wurde, da letzterer viele der Schüler nach dem Abschluss als Leser verloren gingen.

„Eine wichtige öffentliche Aufgabe“ ist die Bücherei auch für Bürgermeister Werner Baum. Eine Stadt wie Treuchtlingen brauche eine solche Einrichtung, und das Team sei „auf einem guten Weg“. Nicht abgeneigt zeigte er sich der Idee, von Vereinen, Kindergärten und Schulen bei Veranstaltungen künftig „einen kleinen Obolus zu verlangen“. Wichtiger als solche Mehreinnahmen wäre laut Mayr aber mehr Personal.

Im städtischen Etat stehen für die Bibliothek nächstes Jahr 126.400 Euro. Eine Erhöhung der Stundenzahl ist da laut Kämmerer Dominik Wenzel kaum drin. CSU-Sprecher Uwe Linss und sein Fraktionskollege Hans König (TBL) sehen das ähnlich und möchten es zumindest nicht ausschließen, dass auch die Bücherei zur Disposition gestellt wird, wenn die Stadt den Gürtel enger schnallen muss. „Es ist allen klar, dass wir bei den freiwilligen Leistungen sparen müssen“, so Linss. Wenn das Personal nicht reiche, müsse man eben die Öffnungszeiten reduzieren.

Nur „freiwillige Aufgabe“?

Stefan Fischer (SPD) plädiert indes für das Gegenteil. Die positive Trendwende sei erkennbar, sodass Einschnitte „eine Demotivation für das hoch engagierte Team“ wären. Joachim Grzega (SPD) wehrt sich zudem gegen den Begriff „freiwillige Aufgabe“. Den gebe es in keinem Gesetz und keiner Gemeindeordnung, er sei vielmehr „eine Erfindung der Kämmerer“, um Streichungen zu rechtfertigen. Die Erwachsenenbildung sei eine Pflichtaufgabe von Kommunen, und es brauche „schon sehr gute Gründe, sie nicht zu machen“. Überdies sei eine Bibliothek „nicht dazu da, Gewinn zu machen“.

Dem schlossen sich Kristina Be­cker und Altbürgermeister Wolfgang Herrmann (beide CSU) an. Becker warnte davor, „als erstes Geld für die Bildung zu streichen“. Vielmehr gelte es, die Einnahmen zu verbessern und Zuschüsse abzugreifen. Laut Herrmann sind „Lesen und Schreiben die Grundkompetenzen“ für Bildung und Beruf, weshalb die Bücherei „eine ganz wichtige Einrichtung ist“.

Rathauschef Baum äußerte am Ende „sowohl Verständnis für die Zeitknappheit der Mitarbeiter, als auch für den Wunsch, die Kosten nicht zu erhöhen“. Vielleicht sei es ein Kompromiss, die Ausleihzeit doch an einigen Tagen um eine halbe Stunde zu verkürzen. Gegen den Haushaltsansatz stimmten letztlich nur König und Linss.

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