Integrativer Kindergarten „Fuchsbau“
17.10.2012, 07:29 UhrBürgermeister Werner Baum brachte das Thema mit den Worten des behinderten Schauspielers, Autors und deutschen Ethikrat-Mitglieds Dr. Peter Radtke auf den Punkt: „Integration ist das Eingliedern Einzelner in ein bestehendes System, das sich dabei selbst nicht verändert. Beispiele sind Rampen und Aufzüge in Schulen – die Lerninhalte bleiben aber die gleichen. Inklusion ist mehr. Das System verändert sich. Es geht dabei nicht nur darum, Hürden abzubauen, sondern um die Stärken des Einzelnen. Gelebte Inklusion hat Auswirkungen in alle Lebensbereiche, betrifft alle und nicht nur Menschen mit Behinderung.“
Dieses Umdenken sei „eine gewaltige Aufgabe“, räumte der Rathauschef ein. Ängste und Bedenken gegenüber dem Andersartigen auszuräumen, müsse deshalb bei den Kleinsten beginnen – also im Kindergarten. Im „Fuchsbau“ bedeute Inklusion für die sechs förderbedürftigen der insgesamt bis zu 18 Mädchen und Buben, „überall dabeizusein und überall mitzumachen. Denn jeder ist Teil unserer Gesellschaft.“
Gemeinschaft erfahren
Das bestätigte auch Andreas Köhler aus Pappenheim. Der Vater des mit Trisomie-21, dem sogenannten Down-Syndrom, geborenen Johannes lobte das Konzept der Einrichtung und insbesondere den Abholdienst, auf dessen Fahrer Peter sich der Siebenjährige „jeden Morgen freut“. Antonia Flisar, Mutter der nicht behinderten Irena, begründete den Wechsel ihrer Tochter vom Regelkindergarten in die integrative Tagesstätte mit dem „tollen Betreuungsschlüssel“ von fünf Mitarbeitern auf 18 Kinder sowie „der Chance für Irena, dort ganz neue Erfahrungen zu machen“.
„Sie haben nicht nur ein Haus gebaut, sondern bauen jeden Tag am menschlichen Miteinander“, stärkten auch Diakon Dieter Frembs und Pfarrer Matthias Fischer dem Nürnberger Trägerverein für Menschen mit Körperbehinderung bei der Segnung der umgebauten Supermarkt-Räume vor den rund 60 geladenen Gästen den Rücken. „Sie helfen den Kindern auf dem Weg in die Gemeinschaft.“
„Unglaubliches geleistet“
Die Vereinsvorsitzende Anita Moos-Hlavacek gab das Lob an Kindergartenleiterin Heike Glöckl und ihr Team weiter, die schon bei der Planung gemeinsam mit dem örtlichen Architekturbüro Messingschlager und Hasselmeier „Unglaubliches geleistet“ hätten. Außerdem bedankte sie sich bei der Stadt Treuchtlingen, von der „wir so massive Unterstützung erhalten haben, wie wir es in Nürnberg noch nie erlebt haben“.
121.000 Euro hat die Kommune zum insgesamt knapp 330.000 Euro teuren Kauf und Umbau der Räume zugeschossen. Weitere 99.000 Euro steuert die Regierung von Mittelfranken bei, 110.000 Euro bezahlt der Trägerverein aus eigener Tasche. Um diese wieder etwas zu füllen, hatten auch die Vertreter von Sparda- und Raiffeisenbank jeweils einen Spendenscheck zur Eröffnung mitgebracht.
Dazu kommen noch die Kosten für den Außenbereich in Höhe von etwa 18.000 Euro. Die laut Bürgermeister Baum „von einigen Bürgern zwar liebgewonnene, aber in die Jahre gekommene“ Treppe zwischen Fischergasse und Bahnhofstraße musste dafür bereits weichen. Der eigentliche Spielplatz wird aber wohl erst im Frühjahr fertiggestellt. Aus dem leerstehenden Super-2000-Markt wird dann ein geräumiger und zugleich heimeliger Ort zum Spielen, Lachen und Lernen geworden sein, der niemanden aus-, sondern alle Kinder in seine Gemeinschaft einschließt – Behinderte „inklusive“.
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