Krauss Maffei bekennt sich zum Standort Treuchtlingen

Viola Bernlocher

Süd-Springerin

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14.9.2017, 06:07 Uhr
Krauss Maffei bekennt sich zum Standort Treuchtlingen

© Viola Bernlocher

2013, da kam ein Gespenst nach Treuchtlingen. Es hieß Werksschließung und erschreckte die Belegschaft bis ins Mark, weil das Treuchtlinger Werk des Herstellers für Spritzgussmaschinen doch eigentlich profitabel arbeitete. Die Produktion sollte in die Slowakei verlagert werden, wo die Löhne weitaus billiger sind. Der Betriebsratsvorsitzende Siegfried Löbisch erinnert sich noch genau. „Um acht Uhr morgens wurden wir nach München bestellt. Dort sagte man uns: ‚Auch ein Marathon hat ein Ziel. Wir sind jetzt am Ziel angelangt, und das Ziel ist die Werksschließung‘“, erzählt er aus dem Gedächtnis bei der Feierstunde zum Jubiläum.

Sollte damit die 1926 mit der Firma Eckert und Ziegler in Weißenburg begonnene Tradition der Kunststoffindustrie in der Region wieder ein Stück weit zu Ende gehen? Hier in Treuchtlingen werden schließlich die Maschinen gemacht, die für spezielle Einsatzzwecke von den Kunden individuell bestellt und gefertigt werden. Damit können dann etwa ganze Amaturenbretter gegossen werden oder komplette Müllcontainer.

Mit Protesten, Streiks und zähen Verhandlungen gelang aber, was zuvor niemand für möglich gehalten hatte. Die Leitung des damals noch zum kanadischen Finanz-Investor Onex gehörenden Konzerns ließ sich umstimmen. Kein Mitarbeiter wurde entlassen, das Werk blieb bestehen. Ein Ergänzungstarifvertrag Zukunft wurde zum
1. Januar 2016 ausgehandelt. Er sollte die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit im Treuchtlinger Werk fördern. Die Mitarbeiter verzichteten damit für zwei Jahre aber auf alle von der IG-Metall ausgehandelten Tarif-Erhöhungen. Er läuft Ende dieses Jahres aus.

Zurück zum Tarif

Und: „Wir sind bereits zum 1. Januar 2018 wieder zu 100 Prozent auf Tariflohn und -arbeitszeit“, sagt Werksleiter Nikolaus Wohlleben. Die eigentlich im Ergänzungstarifvertrag für das Treuchtlinger Werk bis 2017 vereinbarten Investitionen von 1,8 Millionen seien inzwischen weit überschritten worden. Ziemlich genau 3,6 Millionen Euro habe man investiert, berichtet Berthold Butzmann, Betriebsleiter bei Krauss Maffei.

In Treuchtlingen werde aber nicht nur in neue Maschinen investiert, die man theoretisch schnell auch in andere Werke stellen könne, sondern nachhaltig auch in die Infrastruktur der Gebäude, wie Werksleiter Wohlleben in seiner Ansprache klar machte. Doch auch eine neue CNC-Fräsmaschine wurde kürzlich angeschafft. Die Maschine ist hoch wie eine Giraffe und hat den Umfang eines kleinen Wohnzimmers. Sie arbeitet fünfachsig, kann also auch kompliziertere, schräge Bohrungen vornehmen und so komplexe Hydraulikblöcke herstellen, die in fast jeder Spritzgussmaschine von Krauss Maffei verbaut sind. Allein diese Inves­tition kostete 800.000 Euro.

Erst kürzlich sei zudem die alte Lehrmaschine für die Auszubildenden für 25.000 Euro überholt worden, eine weitere Überholung sei für 40.000 Euro in Planung, berichtet Werksleiter Wohlleben und auch eine neue CNC-Maschine zur Ausbildung wurde für 110.000 Euro angeschafft. Man wolle am Standort Treuchtlingen mit der Ausbildung von Fachkräften weiter in die Zukunft investieren, betont auch der Geschäftsführer des Segments Spritzgießtechnik, Hans Ulrich Golz.

Sinneswandel mit neuem Besitzer

Dieser Sinneswandel kommt auch durch den neuen Eigentümer. Seit 2016 gehört der Maschinenbauer Krauss Maffei, übrigens nicht zu verwechseln mit dem eigenständigen Waffenhersteller Krauss Maffei Wegmann, dem chinesischen Staatskonzern ChemChina. Die Investoren seien nicht auf Kostenreduzierung aus, wie die drei Finanzinvestoren, denen Krauss Maffei zuvor gehörte, sondern auf nachhaltiges Wachstum, berichtet Hans Ulrich Golz. Viele chinesische Inves­toren kaufen sich derzeit europäische Unternehmen, um so auf einem Markt, der auf Qualität setzt, einen Fuß in der Tür zu haben.

Um den Standort weiter fit zu machen für die Zukunft wird hier seit 2009 auch nach dem Lean-Management-Prinzip gearbeitet. Das bedeutet, dass die Produktion möglichst effizient organisiert werden soll. Dies wird aber nicht von oben herab verordnet, sondern soll aus der Belegschaft selbst kommen. Bei Krauss Maffei gibt es über das Jahr verteilt Projektwochen, in denen an neuen Ideen gearbeitet werden kann. Auch außerhalb derer kann die Belegschaft natürlich Vorschläge machen, wie man die Arbeitsabläufe optimieren könnte.

Beim Tag der offenen Tür erzählt einer der Projektbeauftragten, dass nur durch eine andere Platzierung der Teile im Lager der tägliche Laufweg eines Mitarbeiters um rund 50 Prozent verringert werden konnte. Ein anderer Arbeitsplatz konnte mit einer Ölauffangwanne so nachgerüstet werden, dass er jetzt komplett ölfrei ist und das Unfallrisiko deutlich geringer.

Für den Werksleiter Wohlleben heißt das aber auch, dass er oft Anträge bei den Vorgesetzten in München stellen muss – und manchmal auch einen Vorschlag aus der Belegschaft akzeptieren muss, den er selbst nicht so gut findet, erzählt er und lacht.

Bei seiner Ansprache zum Jubiläum sagt Spritzgießtechnik-Geschäftsführer Hans Ulrich Golz der Kunststoffsektor sei ein gutes Marktumfeld, mit einem jährlichen Wachstum von 3,5 bis 4 Prozent, im Segment Spritzguss gar mit 6 plus x Prozent. „Ich mache mir keine Sorgen um den Standort Treuchtlingen. Wir wollen hier weiter wachsen, wir suchen Auszubildende und neue qualifizierte Mitarbeiter. Das ist ein klares Bekenntnis zum Standort Treuchtlingen.“ Für die 170 Mitarbeiter, ihre Familien und die Stadt ein Grund zum Feiern.

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