Treuchtlinger Wunderwelt aus Plastik und Pappmaché

2.12.2016, 06:05 Uhr
Treuchtlinger Wunderwelt aus Plastik und Pappmaché

© Patrick Shaw

Schuld ist eine Frau. Und das ist bei Modell­eisenbahnern eine Seltenheit. Bernhard Fackler hat nicht wie andere Modellbahnbastler eine kleine Platte mit ein paar Schienenkreisen im Keller stehen. Er ist Herrscher über ein gut 250 Quadratmeter großes „Miniatur­land“. Für seinen Lebenstraum hat der Büromaschinenmechaniker sogar seinen Job aufgegeben. Seine Frau Carmen war nicht nur einverstanden, sie hatte laut Fackler sogar die Idee.

Das Wunderland aus Plastik, Holz und Pappmaché in einer alten Betriebshalle in der Treuchtlinger Elkan-Naumburg-Straße erstreckt sich über 34 Meter Länge und zwischen fünf und 14 Meter Breite. Auf mehr als zweieinhalb Kilometern Schiene sind im computergesteuerten Wechsel 218 Züge unterwegs, davon bis zu 28 gleichzeitig. Es gibt 160 Weichen, 15 Kilometer Kabel, Höhenunterschiede von bis zu 1,20 Metern und neun „Schattenbahnhöfe“, in denen die Züge versteckt auf ihren Einsatz warten.

Dazu kommt eine unglaublich detailverliebte, größtenteils süddeutsch anmutenden Fantasielandschaft. Ob fahrende Autos samt Polizeikontrolle, läutende Kirchturmglocken oder Störche, die über dem Geschehen kreisen – jede Kleinigkeit ist durchdacht und möglichst realistisch umgesetzt. Es gibt einen freien Nachbau der Solnhofener Steinbrüche, den Stuttgarter Fernsehturm, das Ulmer Müns­ter und die Bamberger Feuerwache, einen Jahrmarkt mit bekannten Fahrgeschäften, aber auch „Actionszenen“ wie einen Gefängnisausbruch oder einen Feuerwehreinsatz samt Rauchsäule. Letztere können die Besucher auf Knopfdruck in Bewegung setzen.

Insgesamt umfasst Facklers Fundus fast 800 Loks und an die 2000 Wagen im Maßstab 1:87 (H0). Gesamtwert: um die 900.000 Euro. Damit gehört die Anlage ihm zufolge zu den fünf größten in Deutschland. Und sie wächst. Gerade kommen wieder 19 Quadratmeter hinzu. Es ist aber eine der letzten Erweiterungen, denn Fackler setzt eher auf die Perfektionierung der bestehenden Landschaft – die mit ihren enormen Steigungen und verborgenen Gleisspiralen „für eine Schauanlage ohnehin zu komplex ist“. Sein „Hoflieferant“ ist die Pappenheimer Firma Dengler, seit vielen Jahren eine Institution in Sachen Modellbahn weit über die Region hinaus.

Eisenbahn statt eigenem Bett

Begonnen hat die Leidenschaft des heute 64-Jährigen schon im Kindesalter. Anfang der 1950er Jahre erstand sein Vater die erste Modelleisenbahn. „Damals war das Luxus hoch drei“, blickt Fackler zurück. Im Kinderzimmer mussten zwei der drei Buben in ein Stockbett umziehen, um Platz für die Platte zu schaffen. Die Begeisterung hielt an, und Anfang des neuen Jahrtausends war Facklers eigene Modellbahn so groß, dass sogar seine Frau sagte: „Aus den Sachen müssen wir was machen!“ So entstand das „Miniaturland“, zuerst in Pappenheim und seit 2009 in Treuchtlingen.

Doch einem Hobby zu frönen ist etwas anderes, als damit seine Brötchen zu verdienen. „Wir leben immer noch von der Substanz“, räumt Fackler ein. Über Wasser hält er sich mit dem Reparieren fremder Modellbahnen und Büromaschinen. „Die Leute sehen Erfolgsgeschichten wie das Miniatur-Wunderland in Hamburg und denken, dass man damit gut verdient. Das sind aber Einzelfälle. In den letzten vier, fünf Jahren haben fünf oder sechs Großanlagen zugemacht.“

In Treuchtlingen fahren die Züge jedoch noch, und zwar täglich außer montags von 13 bis 18 Uhr. Auch an den beiden Weihnachtsfeiertagen öffnet das Miniaturland, nur nicht an Heiligabend und Silvester (Mehr unter www.miniaturland-treuchtlingen.de).

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