Wahlsiegerin Becker "geschockt von der Eindeutigkeit"
16.3.2020, 18:17 UhrWerner Baum fällt es auch am Tag nach der Wahl noch schwer, das Votum der Bürger anzunehmen: "Ich kann’s nicht ganz nachvollziehen, weil ich eher das Positive sehe", räumt der Noch-Bürgermeister ein. Erst kürzlich habe ihm ein Urlauber, der nach 20 Jahren wieder in Treuchtlingen war, bestätigt, "wie unansehnlich die Stadt früher war und wie viel seither passiert ist".
Gespürt hat sie der 61-jährige Rathauschef wohl schon, die Stimmung unter den eingesessenen Treuchtlingern, in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen zu sein. Er habe wohl "eher versucht, die Stadt von außen zu stärken", so Baum mit Blick auf seinen Einsatz für Gesundheitsstadt, Bezirksklinik und Hotel. Dass ihm der Streit um die Wasserrechte der Firma Altmühltaler so sehr auf die Füße gefallen sei, glaube er nicht – die CSU habe die Pläne schließlich mitgetragen.
Beim miserablen Ergebnis der Stadtrats-SPD könnte Baum zufolge auch der Bundestrend eine Rolle gespielt haben. So habe ihm ein Bürger wörtlich gesagt, dass er "lieber einen schlechten CSUler als einen SPDler wähle".
In seinen verbleibenden Amtswochen möchte der Rathauschef "noch das Klinik- und das Hotelprojekt eintüten und dafür sorgen, dass alles läuft". Besonders wichtig sei ihm ein einstimmiger Beschluss zum Kaufvertrag für das Hotelgelände. Im Rathaus werde er "für einen sauberen Übergang auf Augenhöhe sorgen".
Kommentar zur Wahl: Treuchtlinger hatten das Gefühl, zu kurz zu kommen
Und dann? Ob er trotz Abwahl sein Stadtratsmandat antreten wird, lässt Baum offen. Er werde dies "im Laufe der Woche entscheiden". Einen Sitz im Kreistag werde er annehmen. "Man muss loslassen können", bekennt der ehemalige Bahner. "Ich bin Treuchtlinger durch und durch und werde auch künftig erhobenen Hauptes durch die Stadt gehen."
"Mehr Bruch als erwartet"
Eher erstaunt als jubelnd kommentiert auch Kristina Becker das Debakel der SPD: "Ich bin geschockt, dass es auch im Stadtrat so eindeutig aussieht. Das ist mehr Bruch als erwartet und wird die Arbeit auf neue Füße stellen." Woran es lag? "Auf den Dörfern sind wir traditionell stark, aber diesmal haben wir auch in der Stadt aufgeschlossen", erklärt die Wahlsiegerin. Der "Wasserstreit" und die Verkehrsüberwachung könnten Themen gewesen sein, bei denen die SPD nicht gut aussah. Deren noch schlechteres Ergebnis in Weißenburg spreche aber für einen größeren Trend.
Da die CSU für eine absolute Mehrheit im Treuchtlinger Stadtrat die TBL als Partner braucht, rechnet Becker damit, dass die Bürgerliste künftig "verstärkt ihre Positionen einfordern wird". In Sachen Umwelt und Regionalität sei man sich aber ohnehin einig. Die neue Machtposition ausnutzen möchte die Wahlsiegerin nicht: "Wir nehmen das Ergebnis mit viel Respekt an. Wir möchten eine Diskussionskultur und sollten nicht hochmütig werden." Sie selbst sei "immer für den größtmöglichen Konsens" und wolle "keine Pappenheimer Verhältnisse".
Als erstes Ziel hatte Becker bereits am Wahlabend ein umfassendes Verkehrskonzept benannt. Gleich dahinter folgen auf der Prioritätenliste der Bubenheimerin die Feuerwehren und das Hotel. Einen Wermutstropfen sieht die künftige Bürgermeisterin in der geringen Wahlbeteiligung: "Das muss besser werden, wir müssen die Leute mehr mitnehmen."