Zirkus Louis Knie zu Gast in Treuchtlingen
3.3.2016, 06:05 Uhr„Der Zirkus kommt!“ Wenn es das früher hieß, waren die Kinder schon Tage zuvor aufgeregt. Jung und Alt strömten in die Manege, um Artisten, Clowns und Tierdressuren zu sehen. Heute sind Zirkusse rar geworden, Akrobatik und exotische Tiere kennen viele nur noch aus Fernsehen und Internet. Dazu kommt der Protest von Tierschützern gegen die Bedingungen bei der Tierhaltung.
So nun auch in Treuchtlingen. Der Hilpoltsteiner Peta-Aktivist Simon Fischer hat für Samstag eine Kundgebung mit rund 40 Teilnehmern vor der Stadthalle angemeldet. Der 19-Jährige setzt den Zirkus Louis Knie mit dem umstrittenen Zirkus „Alberti“ gleich, gegen den die Tierschützer in der Vergangenheit schon häufiger zum Protest und Boykott aufgerufen haben. Tatsächlich kooperieren die beiden Zirkusse und „leihen“ einander gegenseitig Artisten und Tiere – darunter in Treuchtlingen auch Kamtschatka-Bär „Ben“. Der 400-Kilo-Grizzly ist eine kleine Berühmtheit: Er hat in mehreren Filmen mitgespielt und stand schon des Öfteren im Zentrum der Peta-Kritik.
Im vergangenen Jahr ging es allerdings eher um die beiden Affen des Zirkusses, ein Berberäffchen und einen Rotgesichtmakaken. So schalteten die Tierrechtler im vergangenen November das Kreisveterinäramt in Roth ein, da der Zirkus die seit 2014 verschärften Mindestanforderungen in Sachen Käfiggröße nicht einhalte. Im Internet dokumentiert Peta weitere Vorfälle, darunter auch Handgreiflichkeiten zwischen Zirkuspersonal und Aktivisten – die allerdings auch nicht gerade für ihre Zimperlichkeit bekannt sind. „Wildtiere müssen ein entbehrungsreiches Leben im Zirkus führen“, schreiben die Tierrechtler und fordern die Beschlagnahmung der Affen und von Bär Ben. An die Stadt Treuchtlingen haben sie eine Petition für ein kommunales Wildtierverbot gerichtet.
Bürgermeister Werner Baum ist der Tumult um den Zirkus gar nicht recht. „Wir haben uns eigentlich gefreut, weil ein Zirkus etwas Schönes ist“, sagt er. Außerdem könne er nicht jedem, der den Festplatz mieten möchte, persönlich auf den Zahn fühlen.
Mit am besten kontrolliert
Das erledigte dann gestern das Weißenburger Veterinäramt. Dessen Leiter Dr. Georg Lechner ist zwar zum Schweigen über die Ergebnisse verpflichtet, wies aber im Vorfeld darauf hin, dass Louis Knie/Alberti gerade wegen der öffentlichen Auseinandersetzung „einer der am besten kontrollierten Zirkusse ist“. Ob und wie sehr ein Tier leide, sei zudem objektiv schwer feststellbar. „Da gibt es nicht die letzte Wahrheit“, so Lechner. Einem in Gefangenschaft aufgewachsenen Zirkusveteranen wie dem 22-jährigen Ben tue man „vermutlich keinen Gefallen, wenn man ihn aus seinem gewohnten Umfeld herausreißt“. Junge Wildtiere neu in einen Zirkus zu holen, halte er dagegen ebenfalls für kritisch.
Dem dürfte Louis-Knie-Sprecherin Anja Noichl zustimmen. Sie verweist darauf, dass auch die beiden Affen „wohl totgebissen würden, wenn sie nach so vielen Jahren in eine größere Gruppe kämen“. Und sie zeigt bei einem Rundgang durch die Treuchtlinger „Zirkus-Wagenburg“ nicht ohne Stolz die sauberen und im Verhältnis zu vielen Nutz- und Zootier-Gehegen durchaus geräumigen Ställe und Käfige der Tiere. Sie sehe sich selbst als Tierschützerin, im Gegensatz zu den „Tierrechtlern“ von Peta – denen sie jedoch „tolerant gegenüberstehe, so lange sie uns und unser Publikum in Frieden lassen“, so Noichl.
„Die Tiere sind unser Kapital“, betont auch Bärenführer Harry Frank. Schon deshalb gehe man sorgsam mit ihnen um. Um einen friedlichen Ablauf zu gewährleisten, gab es am gestrigen Mittwoch dennoch vorsorglich ein „Kooperationsgespräch“ beider Seiten mit der Polizei.
Zu sehen gibt es bei den fünf Vorstellungen in der Altmühlstadt neben Bär Ben rund 40 weitere Tiere sowie Artistik und Clownereien. Im beheizten Zelt für bis zu 1500 Personen erwarten die Gäste unter anderem eine spanische Pferdeshow, Akrobatik mit „Flying Nadja“, orientalische Kamele und springende Lamas. Dazu kommen eine lustige Hunde-Revue, auf Mini-Pferden reitende Äffchen sowie ein Mantel- und Degen-Spektakel unter dem Titel „Piraten der Karibik“. Eine Liveband begleitet das Programm.
Eine besondere Attraktion ist nicht zuletzt ein Neuling im Zirkusrund: ein neugeborenes, weißes Kamel, das noch namenlos ist und am Samstag in der Manege „getauft“ werden soll. Dafür sucht der Zirkus noch einen „Paten“, der dann den Namen aussuchen darf.
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