Trotz Corona: Uni-Prüfungen mit mehr als hundert Studenten

Christina Merkel

Hochschule & Wissenschaft

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18.1.2021, 19:12 Uhr
Mit Maske und Abstand sollen Prüfungen an Bayerns Hochschulen weiterhin vor Ort möglich sein.

© Uwe Zucchi, NNZ Mit Maske und Abstand sollen Prüfungen an Bayerns Hochschulen weiterhin vor Ort möglich sein.

Daniel studiert Realschullehramt an der Uni Erlangen-Nürnberg. Vor einer Woche erhielten er und seine Kommilitonen eine E-Mail. Wider Erwarten stand darin, dass Präsenzklausuren in diesem Semester stattfinden. Onlineprüfung könnten aus "prüfungsdidaktischen, prüfungsrechtlichen und logistischen Gründen nicht angeordnet werden", heißt es weiter.

"Klar ich verstehe, dass die Situation momentan sehr undurchsichtig ist und jedem von uns viel abverlangt, jedoch stößt das Verhalten der Universität auf Unverständnis", sagt der Student.


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Schließlich hat das Wissenschaftsministerium im September extra eine neue "Rechtsverordnung zur Erprobung elektronischer Fernprüfungen (BayFEV)" erlassen, die für "einheitliche Regelungen bei der Durchführung von Prüfungen über das Internet", sorgen soll. "Bayern leistet mit dieser ersten umfassenden zentralen Normierung elektronischer Fernprüfungen Pionierarbeit", sagt Wissenschaftsminister Bernd Sibler. "Wesentliche Grundsätze, zur Authentifizierung der Prüflinge, zur Videoaufsicht oder zum Umgang mit technischen Störungen, setzen einen klaren Rahmen."

Doch diesen Rahmen in der Praxis umzusetzen, ist schwierig. "Man muss sich überlegen, was da alles dahinter steckt", sagt Bärbel Kopp, Vizepräsidentin für Lehre an der FAU. Die Uni hat eine eigene Arbeitsgruppe gegründet, die hilft, die Prüfungen in diesem Semester zu koordinieren. Räume und Zeiten wurden zugewiesen, Messehallen gemietet. Doch wenn der Landtag heute neu entscheidet, könnte all die Planung wieder hinfällig sein.

"Jede digitale Prüfung muss auch in Präsenz angeboten werden", erklärt Kopp. Nur online ist nicht erlaubt, denn kein Student soll einen Nachteil haben, etwa wegen schlechter technischer Ausstattung oder einer langsamen Internetverbindung. Es braucht also immer zwei Konzepte und doppeltes Aufsichtspersonal.

Abschlüsse müssen vergleichbar sein

"Außerdem müssen wir Qualität und Vergleichbarkeit gewährleisten – ein Uniabschluss muss in diesem Jahr genauso anspruchsvoll sein wie in jedem anderen", erklärt die Vizepräsidentin. "Viele Lehrende haben reagiert und ihre Prüfungsformen umgestellt." Aber es seien eben nicht in jedem Fach Online-Prüfungen möglich oder didaktisch sinnvoll.

Die Universitätsleitung bekommt in diesen Tagen zahlreiche Mails von Studierenden, die sich über die angesetzten Präsenzprüfungen beschweren. "Ich verstehe, dass das manche irritiert", sagt Kopp. "Aber es geht nicht anders und wir halten uns ganz klar an alle Hygieneschutzvorgaben." Außerdem ist aktuell kein Student verpflichtet, an einer Prüfung teilzunehmen. "Wer Bedenken hat, muss nicht antreten, der Versuch wird nicht gewertet."

Grüne fordern Nachbesserungen

Die Landtags-Grünen fordern derweil bessere Voraussetzungen für digitale Prüfungen. "Präsenz sollte die Ausnahme sein, digitale Prüfungen die Regel", sagt deren hochschulpolitische Sprecherin aus Nürnberg Verena Osgyan. "Es läuft das zweite Semester unter Pandemiebedingungen und unsere Hochschulen haben bisher weder ausreichend flexible, digitale Lösungen noch die didaktische Unterstützung zur Bereitstellung entsprechender Prüfungsformate."

Diese Versäumnisse gingen in erster Linie zu Lasten der Studierenden, sagt Osgyan. "Die Studierenden sollten nicht entscheiden müssen, mitten im Lockdown stundenlange Präsenzprüfungen zu absolvieren oder ihre Prüfungen auf das nächste Semester zu verschieben."


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An der Technischen Hochschule Nürnberg ist die Prüfungsdauer aktuell auf maximal 90 Minuten festgesetzt. "Die Regel sind sogar nur 60 Minuten", sagt Christina Zitzmann, Vizepräsidentin für Studium und Lehre. Die Hochschule hat Säle gemietet, in denen bis zu 100 Studierende mit eineinhalb Meter Abstand sitzen können. Ob wirklich so viele kommen, bleibt offen.

Für die überwiegende Mehrheit der Klausuren vor Ort sind nur 20 bis 30 Plätze angemeldet, für einige sogar unter zehn. Alle 20 Minuten wird gelüftet. "Wir haben die Studierenden aufgefordert, warme Winterjacken anzuziehen", erklärt Zitzmann.

Außerdem gilt auch am Platz Maskenpflicht – durchgehend. "Eine Stunde lang ist es den Leuten schon zuzumuten, nichts zu essen und zu trinken", sagt die Vizepräsidentin. "Und wenn es jemand gar nicht mehr aushält, verbieten wir es natürlich nicht."

Die Hochschulleitung hat allen Kollegen seit dem Sommer "mehrfach, dringend empfohlen" von Präsenz- auf Online-Prüfungen umzusteigen oder direkt Hausarbeiten statt Klausuren zu ermöglichen. Doch nicht alle setzen das um. "Wir haben ein Team, das Schulungen anbietet, und die Kollegen bei der Durchführung von digitalen Prüfungen unterstützt", erklärt Zitzmann.

"Wir wussten schließlich, was im Januar auf uns zu kommt." Die Prüfungszeit hat am Freitag begonnen und ist bis Freitag, 26. Februar, verlängert. So soll jeder Dozent Zeit haben, neue digitale Formen vorab einmal mit seinen Studenten zu üben.

"Wir haben uns vor Weihnachten mit den Studierendenvertretern getroffen und nach den Ferien erneut und das Vorgehen gemeinsam besprochen", erzählt TH-Präsident Niels Oberbeck. "Ich verstehe die Aufregung, wir nehmen alle Argumente sehr ernst und versuchen nun, den hoffentlich vernünftigsten Weg für alle zu gehen."

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