Unglück am Kettenkarussell: Rätseln um die Ursache

17.08.2009, 00:00 Uhr
Unglück am Kettenkarussell: Rätseln um die Ursache

© Fritz-Wolfgang Etzold

Es ist Freitag Abend, auf dem Volksfest brummt es. Menschen drängen sich in der Jurahalle und davor. Trinken eine Maß, schlecken an einer Zuckerwatte oder suchen den Ausgang im Spiegelkabinett. Am Wellenflug kaufen eine 23-Jährige aus Greding (Landkreis Roth) und ihre Mutter Karten, nehmen nebeneinander in den bunten Korbsitzen Platz. Harald Drelischek, Besitzer des Kettenkarussells, hat die beiden zu dem Zeitpunkt kaum registriert.

Wenige Minuten später, so gegen 21.10 Uhr, ändert sich das schlagartig. Christine Haller vom Kinderkarussell sieht, wie eine Frau auf den Stufen ihres Fahrgeschäftes aufprallt. Dabei trifft sie drei weitere Personen, die leicht verletzt werden.

Schwerer Schock

Schnell ist der Notarzt zur Stelle, Christine Haller schließt ihr Geschäft, sperrt die Stelle ab, an der die schwer verletzte Gredingerin liegt. Die junge Frau wird ins Klinikum Neumarkt gebracht, später dann nach Regensburg verlegt. Sie ist nicht ansprechbar, hat mehrere Brüche und Kopfverletzungen. Lebensgefahr besteht aber nicht. Ihre Mutter kommt ebenfalls in ein Krankenhaus, sie erleidet einen schweren Schock.

Schockiert ist auch Harald Drelischek, er kann sich den Unfall nicht erklären; schließlich entspricht sein Fahrgeschäft allen Sicherheitsansprüchen, es ist Tüv-zertifiziert, das Neumarkter Bauordnungsamt hat erst vor wenigen Tagen das Karussell abgenommen. Auch die Untersuchung durch die Polizei zeigt: Am Wellenflug ist alles in Ordnung. Ketten, Sitze, Bügel sind in einem einwandfreien Zustand. Eine Stunde nach dem Unfall wird der Betrieb wieder freigegeben.

Technisches Versagen kann ausgeschlossen werden

Eines scheint klar zu sein: Nachdem ein technisches Versagen ausgeschlossen werden kann, läuft alles auf menschliches hinaus. Und hier wird wild spekuliert: Die beiden Frauen sollen einander geschubst haben, heißt es, oder, dass die 23-Jährige, bei der später keine Alkoholisierung festgestellt werden konnte, riskante Kletterübungen in acht Meter Höhe unternommen hat.

Bei den Volksfestverantwortlichen kursiert besonders eine Version: Die Mutter soll versucht haben, den Korb der Tochter zu sich heran zu ziehen - vielleicht, um die Tochter zu beruhigen, die eine Panikattacke gehabt haben soll. Bei diesem Manöver in luftiger Höhe solle es zu dem Unglück gekommen sein. Sie soll noch versucht haben, sich mit den Händen am Bügel festzuhalten.

Die höchsten Sicherheitsstandards in Deutschland

Das Anheben des Sitzes würde erklären, warum die Gredingerin trotz der Fliehkräfte, die in einem Karussell herrschen, herausfallen konnte. Denn dreht sich der Wellenflug, werden die Besucher in den Sitz gedrückt, auch der Bügel lässt sich nicht mehr ohne Anstrengung nach oben schieben. Und selbst wenn der fehlt, erklärt Werner Suchomel, der meist die Fahrgeschäfte am Volksfest abnimmt, müsse man sich noch nach vorne beugen, um überhaupt aus dem Sitz fallen zu können.

Er sei seit 1986 im Geschäft, sagt Harald Drelischek, noch nie habe es bei ihm einen Zwischenfall gegeben. «Der Unfall war das Schlimmste, was passieren konnte.» Noch größere Sicherheitsvorkehrungen könne er aber nicht unternehmen. Auch Schausteller- Chef Günter Wunderle glaubt nicht, dass man an dem Punkt ansetzen sollte. Man habe in Deutschland die höchsten Sicherheitsstandards.

Ein Wunsch eint alle Betroffenen, Betreiber von Fahrgeschäften, Volksfestreferent Herbert Fischer und die Polizei: Dass die junge Frau bald wieder gesund wird.

Die Polizei bittet Zeugen des Vorfalls sich unter: 091781/4885-0 zu melden.