Prozess in München

Urteil: Rechtsterroristin aus Franken muss ins Gefängnis

30.7.2021, 11:27 Uhr
Im April 2021 begann das Verfahren gegen die Angeklagte. Sie soll Todesdrohungen an Politiker und Muslime geschickt und einen Brandanschlag vorbereitet haben.

© Sven Hoppe, NN Im April 2021 begann das Verfahren gegen die Angeklagte. Sie soll Todesdrohungen an Politiker und Muslime geschickt und einen Brandanschlag vorbereitet haben.

Sowohl die bedrohten Opfer der rechten Diepersdorfer Heilpraktikerin, als auch Medien und Öffentlichkeit hatten das Urteil nach 18 Verhandlungstagen mit Spannung erwartet. Doch unter der größten Anspannung stand wohl die Angeklagte selbst. Mit dem gegen sie verhängten Strafmaß von sechs Jahren Haft folgten die Richter der Forderung des Generalstaatsanwalts. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Denn G. kann eine Revision beantragen. Dann prüft der Bundesgerichtshof das Urteil des Münchner Strafsenats auf Rechtsfehler und ordnet gegebenenfalls eine neue Verhandlung an, die speziell diesem Fehler auf den Grund geht.

Aus Sicht des Münchner Strafsenats ist Susanne G. schuldig, der Bedrohung, sowie der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Ihre Verteidiger hatten diese Anklagepunkte für nicht bewiesen erklärt und einen Freispruch gefordert. Nur der Besitz eines illegalen Schlagrings sei belegt.

Die Vertreter der Nebenkläger Landrat Armin Kroder und Bürgermeister Frank Pitterlein sahen die Schuld als bewiesen an. Die Anwälte Harald Straßner und Maximilian Bär forderten aufgrund der psychisch prägenden Bedrohung ihrer Mandanten und deren Angehörigen und angesichts der laut ihnen weiter bestehenden Gefahr durch die radikale Einstellung von Susanne G. acht Jahre Haft, also zwei Jahre mehr als der Bundesanwalt. Die mögliche Höchststrafe wären zehn Jahre gewesen.

In ihren Plädoyers waren Straßner und Bär erneut darauf eingegangen, dass Ermittler und Staatsanwaltschaft ihrer Meinung nach nicht genug Aufwand betrieben hatten, um das Netzwerk von Susanne G. aufzudecken.

Drohbriefe, Patronen und Brandbomben

Im Januar hatte die Bundesanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht München Anklage gegen Susanne G. erhoben. Vorgeworfen wurde der Diepersdorferin, einen Brandanschlag vorbereitet zu haben. Sie wurde außerdem beschuldigt für eine Serie von Drohbriefen an Armin Kroder, Frank Pitterlein, die türkisch-islamische Gemeinde Röthenbach und den Eckentaler Flüchtlingsverein Fleck e.V. im Winter 2019/2020 verantwortlich sein.

Warum genau sich die zierliche, für ihre Physio-Massagen gelobte, 55-Jährige so stark radikalisierte und ob ihre mögliche Anschlagsplanung eine Reaktion auf die gegen sie erhobene Anklage als Senderin der Drohbriefe im März 2020 waren, konnten die Ermittler und der Strafsenat in München nicht aufdecken.

Im Falle der "Staatsgefährdung", wie bei Susanne G., kann der Generalbundesanwalt die Anklage übernehmen. Sie ist damit die erste rechtsextreme Einzeltäterin, die vom deutschen Generalbundesanwalt angeklagt wurde. Sie vertritt laut diesem "eine von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit geprägte Grundhaltung."

"Soko Karte wird fündig"

Das vom Polizeipräsidium Mittelfranken zur Verfügung gestellte Foto zeigt Karten, die als Drohbriefe verschickt wurden. Anschließend soll die Angeklagte untergetaucht sein.

Das vom Polizeipräsidium Mittelfranken zur Verfügung gestellte Foto zeigt Karten, die als Drohbriefe verschickt wurden. Anschließend soll die Angeklagte untergetaucht sein. © dpa

Als im Nürnberger Land ab Dezember 2019 eine Serie von Drohbriefen mit beigelegten scharfen Patronen versendet wurde, gründete die Kripo Schwabach die "Soko Karte" und ermittelte Susanne G. als Verdächtige. Ende März 2020 wurde sie festgenommen, allerdings war sie nach kurzer Zeit wieder auf freiem Fuß, weil kein Haftgrund bestand. Mit der Zeit sickerten immer mehr Hintergründe über die gelernte Physiotherapeutin durch. Den ersten Kontakt zum rechtsextremen Milieu hatte sie wohl durch einen Nürnberger Rockerclub. Anschließend schloss sie sich der rechtsextremen Partei "III. Weg" an und nahm als Ordnerin an Demonstrationen von Neonazis teil.

Als die 55-Jährige im August 2020 nicht mehr auf die Schreiben der Staatsanwaltschaft antwortete, erließ das Amtsgericht Nürnberg Haftbefehl. Susanne G. wurde am 7. September 2020 in einem Fürther Hotel entdeckt und festgenommen.

Bei der Durchsuchung ihres Autos stießen die Ermittler auf ein großes Sammelsurium an Kabelbindern, Propangasflaschen, Benzin, Zündschnüre und Feuerwerkskörpern. Sachbücher über den Bau von Autobomben mit Hilfe von Feuerwerkskörpern, die ebenfalls in ihrem Auto lagen, begründeten den Verdacht, dass die 55-Jährige einen gefährlichen Anschlag geplant hatte.

In einem waren sich der Generalstaatsanwalt und die Nebenklagevertreter während des Prozesses einig: Ein möglicherweise tödliches endendes Verbrechen konnte im Fall Susanne G. im letzten Moment verhindert werden.


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