Versuchter Totschlag bei Neumarkt: Über fünf Jahre Freiheitsstrafe
20.11.2020, 15:42 UhrDer Angeklagte erscheint zur Urteilsverkündung am 20. November 2020 vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth in einem dicken, weißen Strickpullover. Seine Haare sind zurecht gemacht. Der große, athletisch gebaute Mann wirkt angespannt, knetet seine Hände immer und immer wieder.
Mit brüchiger Stimme sagte er beim letzten Verhandlungstag noch: "Ich habe sie nie umbringen wollen." Man hätte sich doch Anfang Dezember sogar noch gemeinsam ein Haus angesehen. In den wenigen Sätzen seines Schlusswortes verhaspelte er am letzten Verhandlungstag sich mehrmals. Das Gericht zog sich zurück und beriet über den Fall.
Nun ist klar: Die Strafkammer glaubt ihm nicht. Die Aussagen des Mannes wiesen mehrere Ungereimtheiten auf und das, in nicht gerade unwichtigen Punkten. Sagte er damals noch, die Kratzer auf seiner Haut stammen vom Opfer, sollen es später Büsche gewesen sein, in die er mit dem Fahrrad gestürzt ist.
Dass der Mann seine Ex-Partnerin lange und heftig gewürgt hat, haben verschiedene Zeugen und der Gutachter der Rechtsmediziner überdies bestätigt. Er aber sagte, er "wollte nichts Schlimmes".
"Hatte es nicht mehr in der Hand"
Dass starkes Würgen aber eben wohl schlimme Folgen haben kann, betont die Richterin während bei ihrer Urteilsverlesung: "Der Mann hatte es nicht mehr in der Hand." Außerdem ließ er auch dann nicht von der Frau ab, als die Nachbarin schon auf die Situation aufmerksam wurde und zunächst mit Rufen helfen wollte.
Die Tat im Wohnzimmer, wo der Täter Anne M. zunächst an den Haaren zog, sie würgte und ihr den Mund zu hielt, hält das Gericht für vorsätzliche Körperverletzung. Der Angriff verlagerte sich später in den Garten des Hauses in Berching, weil das Opfer hilferufend dorthin flüchtete. Er kam ihr nach. Was sich dann abgespielte, war - so bewertet das Gericht den Angriff heute - schwere Körperverletzung mit versuchtem Totschlag.
"Glaubwürdige" Aussagen
Die Aussagen des Opfers, Anne M. (damals 31), beschreibt die Strafkammer als "konstant" und "einheitlich". Was sie im Dezember 2019 ihrer Nachbarin und den Polizisten erzählt hat, deckte sich mit ihren Zeugenaussagen im November 2020 vor Gericht. Die Schilderungen seien glaubwürdig.
Während die Richterin am Landgericht Nürnberg-Fürth die Urteilserklärung verliest, schüttelt der Täter immer wieder den Kopf, blickt verständnislos zu seinem Anwalt. Schließlich unterbricht er die Richterin mit verärgertem Ton. Was genau er sagt, ist aus dem Zuschauerbereich nicht zu verstehen. Der Täter ist zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Dass der Mann alkoholkrank und vorbestraft ist, wurde bedacht. Seine Ex-Partnerin befindet sich bis heute in psychologischer Behandlung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.