Warum rennen Kinder so gerne?

Während sich Erwachsene in ihrer Freizeit gerne mal erschöpft aufs Sofa legen, fernsehen oder lesen, wollen Kinder am liebsten überhaupt nicht stillsitzen – schon gar nicht, wenn sie sollen. Kinder rennen gerne, sie flitzen und toben – und das ist von der Evolution auch so gewollt.

„Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang“, sagt Wolfgang Rascher, Direktor der Kinder- und Jugendklinik am Universitätsklinikum Erlangen. „Sie wollen ständig ausprobieren, was sie können und wo ihre Grenzen liegen.“ Sie testen, wie schnell sie rennen und wie hoch sie klettern können und trainieren dabei unbemerkt ihre Muskeln, Bewegungsabläufe und Gleichgewichtssinn. „Das ist sehr wichtig für eine natürliche Entwicklung“, sagt Rascher.

Trotzdem hört man Eltern häufig rufen: „Lauf nicht so schnell!“ – „Und das ist auch richtig und wichtig, wenn sie in der Stadt leben, Autos in der Nähe sind und es gefährlich werden kann“, sagt der Kinderarzt. „Aber generell geben wir unseren Kindern zu wenige Möglichkeiten, sich zu bewegen.“

Die ersten Menschen zogen ständig umher. Auf der Suche nach Nahrung und bei der Jagd mussten sie schnell und ausdauernd laufen können. Das menschliche Skelett, der Bewegungsapparat und der aufrechte Gang sind darauf ausgelegt. „Das ist in der Evolution so entstanden und hat uns Menschen seit jeher charakterisiert“, sagt Rascher. Übergewichtig werden Kinder und Erwachsene erst, seit es Steaks verpackt im Supermarkt statt freilaufend in der Steppe gibt.

Sogar die Knochen brauchen Bewegung, um zu wachsen. „Knochen entwickeln sich durch Belastung“, erklärt Rascher. Dort, wo es nötig ist, wird das Gewebe dichter. An Stellen, die nicht genutzt werden, wird sogar Knochen abgebaut. Darum ist es bei Kindern besonders wichtig, dass der Körper weiß, wo er Knochen aufbauen muss. „Bewegung ist gut, und wir müssen sie unbedingt fördern“, sagt Rascher. Aber nicht nur mit durchstrukturierten Ballett-, Judo- oder Schwimm-Stunden: „Jedes Kind soll sich ab und zu bewegen dürfen wie es will“, fordert der Kinderarzt. „Da können nicht alle zur gleichen Zeit den gleichen Schritt machen.“ Stattdessen müssen Kinder manchmal auch einfach unkontrolliert herumtoben dürfen – vor allem in den Pausen zwischen den Schulstunden.