Wegen Corona: Miet-Weihnachtsmänner dürfen nicht arbeiten

Kurt Heidingsfelder, Martina Scheffler (dpa)

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23.12.2020, 05:51 Uhr
Weihnachten ist dieses Jahr sehr anders. Auch das Geschäft des Weihnachtsmann ist davon betroffen.

© SVEN SIMON via www.imago-images.de, NN Weihnachten ist dieses Jahr sehr anders. Auch das Geschäft des Weihnachtsmann ist davon betroffen.

Der lustigste Weihnachtsauftritt von Felix Enzenberger liegt schon ein paar Jahre zurück. Damals instruierte den Erlanger eine Mutter, an Heiligabend nicht nur den Kindern, sondern zu dessen Erstaunen auch dem Familienvater die Leviten zu lesen. Erst danach gab's Geschenke für alle.

Enzenberger war früher für "jobruf" unterwegs, eine Agentur aus Köln, die bundesweit etwa 180000 Studenten Aufträge unterschiedlichster Art vermittelt. Das diesjährige Weihnachtsgeschäft sei natürlich nahezu komplett weggebrochen, sagt Max Fischer, Online-Marketing-Manager bei Jobruf. In normalen Zeiten sei die Nachfrage nach Miet-Weihnachtsmännern inzwischen größer als das Kontigent an verfügbaren Studenten, die mit einem lauten "Hoho!" in fremde Wohnzimmer kommen wollten. Dabei wird diese Diensteistung offenbar gut bezahlt, "100 Euro für 20 Minuten sind normal", sagt Fischer. Und ein flinker Weihnachtsmann schaffe drei bis vier Auftritte pro Abend.

Heuer natürlich nicht. "Davon geht die Welt nicht unter" - das ist die Devise des Weihnachtsmanns für Oberbayern, mit bürgerlichem Namen Roland Spiegel, angesichts seines coronabedingt leeren Terminkalenders im ganzen Dezember 2020. Das Revier von Roland Spiegel sind die Landkreise München, Ebersberg, Erding, Freising und Mühldorf am Inn. Während er sonst im Dezember etwa zwölf Bescherungen zelebriert, hat ihn dieses Jahr eine einzige Kundin für einen Kindergarten gebucht.

"Freude nicht mehr zugelassen"

Spiegel hat Verständnis für die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die Pandemie zu bekämpfen: "Ich kann nicht in Häuser reingehen, da sind vielleicht zwei Familien mit Kindern, die möchten dann auf dem Schoß sitzen und wollen Fotos machen - das geht gar nicht."

Auch Rudolf Mundl, Familientherapeut mit Schauspielausbildung, ist normalerweise in adventlicher Mission unterwegs. Mit einigen weiteren Herren bildet er die "Münchner Weihnachtsmänner". 30 bis 40 Auftritte hatte Mundl pro Saison allein - vor Corona. "Wie ein Korsett" empfindet er die derzeitige Lage, "wo Freude nicht mehr zugelassen wird von der Regierung".

Für sich selbst hätte Mundl bei einem Auftritt "überhaupt keine Bedenken", Handschuhe trägt er als Weihnachtsmann ohnehin, Abstand hält er auch, nur zum Bart noch eine Maske, das wäre zuviel, "man kriegt sonst schon kaum Luft".

"Ich kämpfe weiter"

In Fürth könnte man im Konjunktiv Dominic Loos einladen. Er ist hauptsächlich als "Clown Melman" aktiv, bei Bedarf gibt er gerne auch den Weihnachtsmann, obwohl er selbst nicht hunderprozentig davon überzeugt ist, ob es Sinn macht, Kindern zu signalisieren: "Da gibt's jemanden, der weiß ganz genau Bescheid über dich." Der Erlanger Felix Enzenberger wiederum glaubt, dass Kinder den Auftritt des Weihnachtsmann als "wunderbar und besonders" in Erinnerung behalten werden. "Aber man muss es mit Hingabe machen".

Ex-Student Enzenberger hat seinen Nebenjob als Weihnachtsmann mit einem Kartoffelsack voller Geschenke inzwischen weitgehend an den Nagel gehängt, weil er anderweitig voll berufstätig ist. Loos dagegen bricht gerade sogar diese kleine Erwerbsparte weg. "Ohne meine Frau, die eine normale Stelle hat, wäre es schwierig. Aber ich kämpfe weiter."

Beschneidung statt Bescherung

Interessanterweise wären die lukraftigsten Aufträge des 34-Jährigen rund um Weihnachten gar nicht die als himmlicher Helfer bei der Bescherung. Loos sagt, er lebe am Ende des Jahres normalerweise vor allem von großen Festen in türkischen Familien. Diese nutzten die Feiertage häufig, um die Beschneidung ihre Söhne zu begehen, und zwar mit mehreren hundert Gästen. Der Fürther tritt dann als Clown sozusagen im Showprogramm der Veranstaltung auf. "Danach gibt's Luftballone."

Eine Kundin habe ihr großes Familienfest in diesem Jahr schon dreimal verschoben, sagt Loos. Er findet das trotz seiner finanziellen Einbußen in gewisser Weise erfreulich, "denn die Menschen halten sich offenbar größtenteils an die Regeln". Und eines sei für ihn definitiv klar, so der professionelle Spaßmacher: "Corona wird nicht ewig dauern."

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