Abschiede und Saisonabschluss
"Harli", "Geisi", ein Märchen und der Abend der großen Emotionen bei den VfL-Baskets Treuchtlingen
3.4.2023, 14:25 UhrDass die VfL-Korbjäger souverän mit 96:82 gegen Regnitztal gewannen und damit den ersten Platz in der Abstiegsrunde der 1. Regionalliga Südost besiegelten, wurde fast zur Nebensache, denn im Mittelpunkt standen Harlander und ein außergewöhnlicher Abschied, wie er ihn verdient hat: eine vollbesetzte Landkreishalle in Weißenburg mit rund 400 Zuschauern, riesigem Beifall von den Fans und vielen Worten höchster Wertschätzung.
Bilder, My Way und Emotionen pur
Nach Spielschluss gingen die Lichter in der Halle aus und über die Großleinwand liefen zum Frank-Sinatra-Klassiker „My Way“ viele Bilder aus Stephan „Harli“ Harlanders VfL-Zeit. Die Fotos (vorwiegend vom Weißenburger Tagblatt) zeigten den Ausnahmecoach in vielen Facetten, erinnerten an unvergessliche Highlights und zahlreiche Basketballer, die unter ihm gespielt haben.
Die Bildergalerie samt Musik verfolgte Harlander Arm in Arm mit seiner Frau Eva und den Zwillingen Tim und Linus. Es war einer von vielen Gänsehaut-Momenten eines unvergesslichen Abends, zu dem auch viele ehemalige VfL-Spieler von Sebastian Ferschl über Peter Maischak bis hin zu den Lang-Brüdern Volker und Marius gekommen waren. Sogar der frühere, langjährige Cheftrommler Peter Schwarz feierte zu Ehren Harlanders ein Comeback.
Geisi: 2245 Punkte in zehn Jahren
Und es war ein Abend, an dessen Beginn ebenfalls ein emotionales Highlight stand: Die Verabschiedung von Simon Geiselsöder. Er hört nach zehn Jahren und 191 Spielen mit 2232 erzielten Punkten (plus 13 im letzten Match) und 420 Dreiern (plus einen zum Abschluss) für den VfL Treuchtlingen mit dem Basketball auf. Die beiden Spartenleiter Stefan Schmoll und Josef Ferschl bedankten sich bei Geiselsöder für allen Einsatz und die Leistungen und auch dafür, „dass er seine Familie mitgebracht hat“.
Für „Geisis“ Frau Yasemin, die sich ebenfalls beim VfL engagiert hat, gab es Blumen und für beide einen Gutschein. Der scheidende Spieler und Dreier-Spezialist bedankte sich ebenfalls für die tolle Zeit in Treuchtlingen, will jetzt aber „die nächste Generation ranlassen“.
Der Verabschiedung von Simon Geiselsöder folgte ein sehenswertes Spiel gegen Regnitztal. Der Sieg zum Saisonabschluss rundete den Abend natürlich ab, jeder wartete aber vor allem auf das „danach“. Während sich sonst nach Spielende die Halle recht schnell leert, blieben diesmal (fast) alle da, um ihren Erfolgstrainer entsprechend zu würdigen und zu feiern.
„Harli ist der beste Coach der Welt“, sangen die Fans und Stefan Schmoll konnte nur noch schwärmen, „was heute in der Halle los ist“. Der Abteilungsleiter ließ die vergangenen 15 Jahre in fünf Kapiteln mit den Überschriften „Am Anfang“, „Die Erfolge“, „Die Highlights“, „Was brachte uns Harli?“ und „Was wir Dir wünschen“ Revue passieren.
Übergangslösung mit langer Dauer
Als Stephan Harlander 2008 zum VfL kam, dachten beide Seiten zunächst an eine Übergangslösung. „Und heute kann man sich nicht vorstellen, dass nächstes Jahr ein anderer an der Linie steht“, so Schmoll, der als Spieler über all die Jahre hinweg zu den Leistungsträgern zählte. Harlander habe „Leidenschaft, Herz, Familie, Identität und Wissen“ gebracht und Treuchtlingen zu einem Punkt auf der Basketball-Landkarte in Deutschland gemacht. „Du bist der Rand eines sehr großen Puzzles, du bist der die Struktur und den Weg vorgibt“, formulierte es Schmoll.
Mit dem einstigen Profispieler und -trainer aus Nürnberg gelang dem VfL gleich im ersten Jahr der Aufstieg von der Oberliga in die 2. Regionalliga, dann folgte der Durchmarsch in die 1. Regionalliga, wo sich die Treuchtlinger seither immer gehalten haben. „Wir spielen in einer Liga, die man eigentlich nur immer angeschaut hat“, so Schmoll.
Viele Highlights erlebt
Dass die VfL-Baskets zwischenzeitlich sogar zu einem Spitzenteam mit einem zweiten Platz in der Saison 2016/2017 avancierten, zählte Stefan Schmoll ebenso zu den großen Erfolgen unter Harlanders Regie wie den zweimaligen Sieg im Bayernpokal. Das waren zugleich Highlights, ebenso wie Spiele vor bis zu 900 Zuschauern in der „Sene“, Auswärtspartien mit bis zu 300 mitgereisten VfL-Fans, das Aufeinandertreffen mit namhaften Topspielern und, und und.
„Wir verlieren nicht nur einen Trainer, sondern auch einen langjährigen Weggefährten, Freund und Menschen, der sagt, was er denkt“, betonte Stefan Schmoll fest und wünschte dem scheidenden Coach „Zeit mit Deiner Familie, Gesundheit und Freude, auf das was kommt“. Zusammen mit seinem Stellvertreter Josef Ferschl, dem er ausdrücklich für die Unterstützung dankte, sowie mit Kapitän Yannick Rapke überreichte Schmoll mehrere Geschenke und Gutscheine (unter anderem von der Sparda Bank) sowie eine große Collage mit Bildern aller 44 Akteure, die in über 350 Punktspielen unter Harlanders Führung aufgelaufen sind. Und für Eva Harlander, die ihren Mann seit vielen Jahren in seiner Basketball-Leidenschaft unterstützt, gab es einen Blumenstrauß.
„Ein Märchen“
Von Seiten des Gesamtvereins stellte Wolfgang Kirchdorfer das Engagement und die Verdienste Harlanders heraus und bezeichnete die vergangenen 15 erfolgreichen Jahre schlichtweg als „Märchen“. Der Coach habe es geschafft, in 99 Prozent aller Fälle immer ein funktionierendes Team aufs Feld zu schicken, wobei der Vorstand auch herausstellte, dass neben Trainer und Team obendrein die Spartenleitung mit Schmoll und Ferschl, die Fans sowie das Umfeld zur VfL-Erfolgsgeschichte gehören.
Stephan Harlander selbst zeigte sich „zutiefst ergriffen“ und beteuerte, dass ihm jeder und jede beim VfL ans Herz gewachsen sei. „Ich habe den Verein lieb“, sagte der 54-jährige Nürnberger, der ebenso wie viele andere die Tränen nicht zurückhalten konnte. Für ihn sei es immer darum gegangen, ein Team aufs Feld zu schicken, das alles gibt. Er sieht sich nicht als Erfolgstrainer. Ihm gehe es auch nicht um Meisterschaften oder darum, „stinkreich“ zu werden, sondern vielmehr darum, das zu tun, „was mein Herz sagt“, so Harlander. „Und ihr habt mir das zurückgegeben“, sagte er zur VfL-Familie.
Der Nachfolger steht noch nicht fest
Aus Harlanders Sicht war es nun an der Zeit, dass die Mannschaft neue Impulse durch einen neuen Trainer bekommt. Der „Neue“ steht zwar noch nicht fest, doch Harlander bat schon jetzt: „Empfangt meinen Nachfolger mit offenen Armen.“ Zugleich betonte Harlander: „Ich bin nicht weg.“ Er wird versuchen, so oft wie möglich bei den VfL-Spielen dabei zu sein.
Gleiches gilt für Simon Geiselsöder. Beide werden bei der Rückkehr nach Treuchtlingen zur kommenden Saison in der neuen Senefelder Halle aber „nur“ noch unter den Zuschauern und Fans sein. So gesehen gab es noch einen dritten Abschied, nämlich den von der Weißenburger Landkreishalle. Josef Ferschl bedankte sich bei allen, die dem VfL für gut ein Jahr dieses Ausweichquartier ermöglicht haben. „Wir sind hier heimisch geworden“, sagte Ferschl. Dennoch ist die Vorfreude auf die Rückkehr in die Heimatstadt und die neue Halle bei allen riesengroß.
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