1000 Jahre altes Märchenschloss unter dem Hammer
22.11.2020, 11:47 UhrDer Weg zu dem Anwesen endet an einem mächtigen Tor. Und das war seit den späten 1970er-Jahren meistens zu. Nun aber könnte sich bald etwas tun. Nach jahrzehntelangem Streit und Verfall steht das Schloss zum Verkauf. Und Investoren aus ganz Deutschland gaben sich in den vergangenen Monaten die Klinke in die Hand.
Der alte Schlossherr und seine Frau sind mittlerweile verstorben und eine Erbengemeinschaft aus den beiden Söhnen ist Eigentümer der Schlossanlage mit Hauptgebäude, Scheunen, Wirtschaftshäusern, Orangerie, Pavillon und Schlosspark. In einem Interview mit dem Weißenburger Tagblatt, das in der Wochenendausgabe veröffentlicht wurde, sprach Klaus-Peter Zippel erstmals öffentlich über die Verkaufspläne für das Schloss.
2021 wird das Schloss versteigert
"Dass der Eigentümer im kommenden Jahr wechselt, da gehe ich fest davon aus", stellte er fest. Weil er und sein Bruder sich nicht über einen Verkauf nicht einigen können, werde das Schloss über das Amtsgericht Weißenburg versteigert, erklärte Zippel. Der Gutachter für eine Wertschätzung sei bereits da gewesen, er gehe davon aus, dass die Versteigerung im ersten Quartal 2021 stattfinden werde.
Das Amtsgericht erwartet damit einen spannenden Termin. Es wird interessant sein zu sehen, welche der Millionen schweren Kaufinteressenten sich im Gericht einfinden werden, um für das Schloss zu bieten. Und vor allem: wer am Ende den Zuschlag für das Dornröschenschloss erhält. 20 Investoren habe er in den vergangenen Jahren das Schloss gezeigt, erzählte Zippel. "Wir hatten vom Bordellbesitzer bis zum Schrotthändler alle möglichen Interessenten." Auch eine Imobilienentwicklungsgesellschaft aus München und der Vorstandsvorsitzende eines großen deutschen Unternehmens waren der Teil der bunten Schar.
Ein Schatz auf dem Schlossgelände?
"Fünf bis sechs davon wollten wirklich kaufen und haben auch die Kapitalkraft dazu", schätzt Zippel. Tatsächlich kam es in einem Fall sogar zu einem Kaufvertrag. Der wurde von allen Seiten unterschrieben, nicht jedoch von Klaus-Peter Zippels Bruder.
Unter anderem spielte bei den gescheiterten Verhandlungen ein Schatz ein Rolle, der auf dem Schlossgelände versteckt sein könnte. Allerdings sei der Investor seinem Bruder hier sogar entgegengekommen und habe einen Anteil eingeräumt, wenn etwas Wertvolles gefunden würde. Nach einem weiteren gescheiterten Anlauf mit einem neuen Investor, entschied sich Klaus-Peter Zippel dazu, die Versteigerung zu beantragen. "Ich hatte das Gefühl, dass die Sache nicht funktionieren würde. Egal, wer da kommt, auch wenn es Bill Gates persönlich wäre."
Schon Anfang des Jahres kam Bewegung in die Sache.
Im Interview gab er ein paar Einblicke in potenzielle Planungen der Investoren. Ein Hotel in dem Schloss etwa hält er für wenig wahrscheinlich. "Bei den Investoren ist ein Hotel eigentlich kein Thema mehr", so Zippel. Aus seiner Sicht könne die Zukunft des Schlosses trotzdem nur in einer zumindest teilweisen touristischen Nutzung etwa mit Gastronomie liegen. Die meisten Investoren streben eine Nutzung des Schlossareals an. "Der Mythos vom Superreichen, der jedes Jahr Millionen reinsteckt und dem alles egal ist, der ist eben auch ein Mythos", so Klaus-Peter Zippel. "Je reicher die Leute sind desto mehr rechnen sie, habe ich festgestellt."
Franzosen, Schweden und GIs
Mit der Versteigerung beginnt ein neues Kapitel für einen der ältesten Adelssitze Frankens. Im Kern geht das Syburger Schloss auf ein hochmittelalterliche Wasserburg aus dem 11. Jahrhundert zurück. Seit rund 1000 Jahren steht an dieser Stelle also ein Herrschaftssitz. In den Jahrhunderten zogen Hungersnöte übers Land, Schweden belagerten das Schloss, Franzosen plünderten es und amerikanische GI steckten es fast in Brand. In den letzten Tages des Zweiten Weltkriegs sorgten die Amerikaner bei ausgelassenen Schießübungen im Schlosshof für ein Feuer in der Scheune.
Ein Prinz auf dem Schloss
Ein halbes Jahrtausend hatten die Schenken von Geyern auf der Syburg das Sagen. Bis 1970 Freiherr Maximilian Ernst von Syburg das Schloss verkaufte. Und zwar an einen echten Prinzen. Fürst Ernst August zur Lippe hat einige Jahre das Sagen auf Syburg und es wird dort sogar die Hochzeit einer Prinzessin gefeiert. Ende der 1970er-Jahre gerät der Prinz aber in Geldnöte und muss das Schloss verkaufen. Seitdem lebt auch Klaus-Peter Zippel auf dem Schloss, der als 15-Jähriger auf das Schloss kam.
"Im Sommer ist es das Paradies und im Winter die Hölle", stellte er im Interview mit dem Weißenburger Tagblatt fest. Baulich ist das Schloss in einem schlechten Zustand. Etwa 20 Prozent der Dächer hätten Löcher, Fehlstellen und verfaulte Balken. Eine funktionierende Zentralheizung gebe es schon lange nicht mehr. Man heize mit Öfen. Er könne sich an Winter erinnern, in denen man mit Rauhreif im Zimmer aufgewacht sei, erzählte Zippel.
Eine Oase, die zur Wüste wird ...
Dass seine Eltern so lange an dem Schloss festgeahlten haben und sich in einen zähen Streit mit allerlei Behörden verbissen, erklärt Zippel auch mit ihrer Herkunft. "Sie müssen weit in seine Vergangenheit und die meiner Mutter zurückgehen, um das zu verstehen. Beide sind Flüchtlinge, das heißt, sie mussten in den Nachwehen des Zweiten Weltkriegs ihre Geburtsorte verlassen. Das Gefühl, nicht noch mal alles verlieren zu wollen, sorgt dafür, dass man sich an Dinge klammert." Auch wenn das vielleicht nicht vernünftig sei. "Wenn Sie in einer Oase wohnen, die zur Wüste wird, sollten Sie aber vielleicht lieber die Koffer packen und nicht sagen, ich beiß‘ mich da jetzt durch."
Nun gehe es aber daum, in die Zukunft zu schauen und eine gute Lösung für das Schloss zu finden, das in einem Umfang von mehreren Millionen Euro saniert werden muss, um dauerhaft gesichert zu werden. Das kann nur mit dem richtigen Investor gelingen. Und den wird man bald wohl im Weißenburger Amtsgericht treffen können.
1 Kommentar
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen