"Aktion Kinderschuhe" fand den Weg nach Weißenburg
7.4.2021, 06:05 UhrDie Aktion polarisiert, wie fast alles, was seit einem Jahr an Verordnungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit Corona beschlossen wurde. Ein paar Dutzend Kinderschuhe wurden am Karsamstag auf der Ostseite des Gotischen Rathauses in Weißenburg abgelegt. Garniert mit Plakaten und Transparenten, die deutlich machten, worum es den Initiatoren geht.
Sie sind Teil der deutschlandweiten Bewegung namens "Aktion Kinderschuhe". Eine Aktion, die auch andernorts schon für Kritik und Wirbel gesorgt hatte – weil sie von der Querdenker-Szene teils mitgetragen, teils unterwandert wird.
Jedes Paar Schuhe, so stand es in der Anzeige, mit der für diese genehmigte Aktion geworben wurde, solle "stellvertretend für jedes Kind" stehen, "das gerade von den Einschränkungen betroffen ist oder auch darunter leidet". Die Aktion finde stellvertretend statt, "um auf das Wohl der Kinder aufmerksam zu machen".
Wie und wodurch das Kindeswohl nach Ansicht der Eltern gefährdet sein soll, steht auch auf den Plakaten. "Ich kriege keine Luft", "Ich habe Angst", "Ich habe Kopfweh", "Ich will nicht mehr in die Schule" oder "Ich bin ganz allein!", heißt es da. Die Zitate, das war klar erkennbar, sollten dem Kindermund entstammen. Auf einem anderen Plakat waren aber auch deutlich härtere Aussagen zu lesen: Wer Kinder zu Masken und Abstandhalten zwinge, sei "krank", und leide an "Lieblosigkeit, Ignoranz, Hass und Entmenschlichung".
Kontroverse Diskussionen
In den sozialen Netzwerken wurde und wird der stille Protest kontrovers diskutiert. Einerseits aufgrund der Schuh-Symbolik, die Assoziationen zu den Konzentrationslagern der Nazis hervorruft. Aber auch, wegen einzelner Aussagen und weil anfangs auch noch ein überaus fragwürdiges Plakat vor dem Rathaus stand, das von der Initiatorin, Kathrin Ratei, schnell wieder entfernt wurde.
"Stoppt den Impfocaust!", stand darauf. Als Urheber war ein "Corona-Ausschuss", der nach eigenen Angaben von mehreren "prozesserfahrenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten", geleitet wird, die unter anderem hinter dieser Behauptung stehen: "Das Coronavirus-Geschehen ist in Deutschland nun fast gänzlich zum Erliegen gekommen. Durch eine Vielzahl von Studien ist inzwischen belegt, dass Letalität und Mortalität grippeähnliches Ausmaß haben. Eine Überlastung des Gesundheitssystems ist nicht auch nur annähernd eingetreten."
Den Kindern eine Stimme geben
Mit dieser Gruppierung will Kathrin Ratei nichts zu tun haben, sagt sie selbst. Ihr gehe es lediglich darum, dass auch Kindern eine Stimme gegeben wird und ein Bewusstsein in der Gesellschaft geschaffen werde, dass es etlichen Kindern in der anhaltenden Corona-Pandemie nicht gut gehe.
"Die Würde und der Schutz unserer Kinder ist mir wichtig", sagte Ratei dem Weißenburger Tagblatt. "Die Kinder brauchen Fürsprecher – zu selten werden sie gefragt, wie es ihnen wirklich geht." Dass sie und die Aktion in die falsche Ecke gestellt werden, tue ihr einerseits leid und andererseits weh.
Die Lehrerin, die an einer Schule in Nürnberg unterrichtet und zwei Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter hat, distanziert sich klar von der Bewegung "Eltern stehen auf" und hat deshalb bereits am Ostermontag die Aktion in der Weißenburger Altstadt, die eigentlich bis Mittwoch geplant und auch genehmigt war, wieder abgebaut.
Auf der Suche nach Perspektiven
Wichtig ist es Kathrin Ratei nach eigenem Bekunden, dass den Kindern wieder eine Perspektive geboten und mit der Politik Wege gefunden werden, wie bestimmte Dinge wieder möglich sind. Fußballtraining oder Sport im Freien zum Beispiel. Bei vielen ihrer Schülerinnen und Schüler habe sie bereits negative Auswirkungen der Einschränkungen wahrgenommen.
"Es ist unsere Verantwortung als Erwachsene aufgrund der schnellen äußerlichen Anpassungsfähigkeit unserer Kinder sehr genau hinzusehen, wie sich die Maßnahmen und Einschränkungen auf ihren Entwicklungsprozess auswirken, denn fehlende soziale Kontakte, Abstand, Angst und Unbeständigkeit in ihrem Alltag können langfristig Auswirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit unserer Kinder und damit auf unsere Gesellschaft haben", sagt Ratei.
Mit der von der Weißenburger Stadtverwaltung genehmigten Aktion habe sie keine Spaltung vorantreiben, sondern dazu anregen wollen, dass sich jeder Gedanken macht, wie es wieder mehr Gemeinsamkeiten geben könnte. "So wie der Einzelhandel und die Gastronomie regelmäßig auf ihre prekäre Situation aufmerksam machen, wollten wir besorgten Eltern und Großeltern für unser höchstes Gut – unsere Kinder und deren Wohl – eintreten, ohne in Schubladen gesteckt zu werden", sagt die Initiatorin über ihr Anliegen.
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