Als das Kristall des Lebens zerbrach

12.11.2018, 14:07 Uhr
Als das Kristall des Lebens zerbrach

© Jürgen Leykamm

Bereits 1925 habe sich keine zwei Wochen nach Neugründung der NSDAP in München auch in Weißenburg ein Ortsverband mit 40 Mitgliedern formiert, berichtete die evange-lische Pfarrerin Ursula Starck, Dekanatsbeauftragte für Begegnung von Juden und Christen in Bayern. Aus dem Jahre 1930 existiere ein Foto eines großen Aufmarsches samt Fahnenweihe in der Andreaskirche.

Ab 1933 sei es zu zahlreichen Verhaftungen gekommen. Eine Zeitzeugin habe ihr davon berichtet, dass der eigene Vater als Häftling in Dachau auf einen KZ-Aufseher getroffen sei, mit dem er einst im gleichen Haus gewohnt habe. Auch zwei Geschäfte in Weißenburg seien in den Fokus der Nazis geraten. Starck erinnerte an eine antisemitische Demo gegen das „Weltjudentum“ in Weißenburg und einen „Elternabend“ im gleichen
Geiste. Viele evangelische Pfarrer und Kirchenvorstände hätten damals das Treiben der Nationalsozialisten „geduldet oder sogar unterstützt.“

In der Pogromnacht selbst sei nicht nur gläsernes Kristall gesplittert, sondern auch das des Lebens „eingetrübt und zerbrochen“ worden, machte der katholische Dekan Konrad Bayerle deutlich. Er warf die Frage auf, ob sich „auch heute wieder eine Finsternis zusammenbraut?“ Gemeinsam mit Starck rief er zur Wachsamkeit auf und appellierte an die heute Lebenden, sich „nicht aus der Verantwortung für die Mitmenschlichkeit zu stehlen“.

In Weißenburg sei man bereits rechtsextremen Strömungen entgegen getreten, stellte Oberbürgermeister Jürgen Schröppel fest. Was damals mit der Pogromnacht begann, sei in die „industrielle Tötung von Menschen“ gemündet, sagte der OB, bevor er zum Gedenken an die Opfer und zur Mahnung ein Blumengesteck an einem siebenarmigen Leuchter ablegte. Dort entzündete zu Gebeten Diakonin Ramona Leibinger mit Jugendlichen die Kerzen. Das Gesteck selbst wird noch bis Monatsende am Altar der Andreas-kirche zur Besinnung aufrufen.

Die Gedenkfeier im Gemeindehaus wurde von Schülern des Werner-von-Siemens-Gymnasiums (Johann Be-cker, Nadja Kirchdorfer und Melena Popp) musikalisch eindrucksvoll gestaltet.

 

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