Archäologen finden römisches Steinhaus in Weißenburg
5.11.2020, 06:35 UhrDie Grabung wurde nötig, weil auf dem frei stehenden Areal ein Haus gebaut werden soll. Der Weißenburger Archäologe Markus Arnolds von der Grabungsfirma ADA Archäologie, übernahm in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege die Arbeit vor Ort.
Er hatte in diesem Jahr bereits ein römisches Steingebäude in der Alten Weimersheimer Straße zutage gefördert. An einer Stelle Weißenburgs, von der Fachleute bislang glaubten, dass dort keine römische Bebauung mehr vorhanden war. Erst recht keine hochwertige aus Stein.
Das war im Steinleinsfurt anders. Hier befindet man sich sozusagen im antiken Downtown Biricianas, direkt zwischen dem römischen Kastell und den nahen Thermen. Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas aus dem Boden kommen würde, wenn man den Spaten in die Hand nimmt, ist hier hoch.
Mit Fußbodenheizung
"Ein reicher Kaufmann, ein ehemaliger Offizier oder die Frau eines Offiziers aus dem Kastell", spekuliert Arnolds auf Nachfrage unserer Zeitung über mögliche Bewohner des nun gefundenen Hauses.
Es dürfte sich um die gehobene Mittelschicht des antiken Weißenburgs gehandelt haben. Während der normale Bewohner des Kastell-Lagerdorfs in langen, sogenannten Streifenhäusern aus Holz und Lehm wohnte, tauchte hier ein Steingebäude mit drei Räumen auf, die mit Estrich und einer Fußbodenheizung ausgestattet waren.
Aus dem Umfeld des aktuellen Funds ist ein weiteres Steinhaus mit einem Wasserbassin bekannt. In beiden Fällen handelte es sich offenbar nicht um den Arbeitsplatz von Handwerkern, sondern um reine Wohnhäuser. Die Anlage dürfte man sich am Rande des Plateaus, auf dem das Kastell liegt, terrassenförmig angelegt vorstellen, so Arnolds.
Viele Details bleiben bei dem aktuellen Fund im Dunkeln. Denn die Mauern wurden nicht komplett aus der Erde geholt, sondern nur in ihrem Verlauf dokumentiert. Arnolds: "Die Steine werden konservatorisch überdeckt und können im Boden bleiben." Der private Bauherr muss deswegen auf einen Keller verzichten, aber spart sich Geld für eine umfangreichere Grabung.
Der Archäologe hält es für möglich, dass das Steingebäude aus der Zeit des Wiederaufbaus des römischen Weißenburgs stammt. Diese Interpretation folgt der Theorie, dass das römische Weißenburg in einer ersten, frühen Holzbauphase seine größte Ausdehnung erreichte und dann mit dem Abzug der Ala I Hispanorum Auriana um 160 n. Chr. aus dem Kastell einen erheblichen Abschwung erlebte, weil im Kastell nur noch eine Notbesatzung stationiert war.
Den Handwerkern, Wirten, Händlern und Prostituierten des Lagerdorfs fiel damit die wirtschaftliche Grundlage weg. Denn die Soldaten mit ihren regelmäßigen Soldzahlungen aus Rom waren der Grund für ihre Ansiedlung am Limes.
Als die Truppe um 180 wieder aus den Feldzügen nach Weißenburg zurückkehrte, fand sie – so die Theorie – ein heruntergekommenes Biriciana vor, mit maroden Holzbauten und vielen Leerständen. Nach dieser Theorie machten sich die Soldaten unverzüglich an den Neuaufbau des Truppenstandorts und planierten zunächst erst mal die kümmerlichen Reste des alten Biricianas, um es anschließend in einer moderneren Steinbauvariante wieder aufzubauen. Wenn auch in kleinerem Umfang als zu den "hölzernen Blütezeiten" des antiken Weißenburgs.
In diese Interpretation passt gut, dass es um 180 n. Chr. einen recht durchgängigen Brandhorizont mit anschließender Planierung auf dem Gelände des Lagerdorfs gab. Den hatte man lange als Zerstörung infolge feindlicher Angriffe gewertet, aber auch ein geordneter Abbruch mit anschließendem Wiederaufbau könnte den Befund sehr gut erklären.
Lange währte die steinerne Herrlichkeit allerdings im Lagerdorf nicht. Um das Jahr 250 n. Chr. überrannten Germanen den Limes und die Römer verließen Weißenburg für immer, um sich hinter die Donau zurückzuziehen.
Weitere Grabungen stehen an
Und dieser Umstand sorgt nun wieder für etwas Irritationen bei Archäologe Markus Arnolds. Denn er hat bei seinen Grabungen am Steinleinsfurt festgestellt, dass hier zwei Steingebäude übereinander stehen. "Das zweite wurde auf den Überresten des ersten gebaut", so Arnolds. Runde 70 Jahre sind in antiken Dimensionen allerdings etwas wenig Zeit für gleich zwei teure und aufwendige Steinbauten.
"Vielleicht gab es doch auch schon zu Zeiten der Holzbebauung des Lagerdorfs einzelne Steingebäude im Vicus", spekuliert er. Eine neue Hypothese, der man bei weiteren Grabungen nachspüren wird. Denn: Im kommenden Jahr will die Wohnungsbaugenossenschaft Eigenheim mit ihrem großen Neubauprojekt am Steinleinsfurt (wir berichteten) beginnen. Das bedeutet auch die größten archäologischen Grabungen seit Jahrzehnten. Und das mitten in Downtown Biriciana.
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