Drei kopflose Skelette geben Rätsel auf

30.4.2016, 07:25 Uhr
Drei kopflose Skelette geben Rätsel auf

© ADA

Die drei Skelette haben für Wirbel gesorgt. Als im Auftrag der Stadtwerke Bauarbeiter an dem Fußweg entlang des kleinen Grünstreifens zwischen Holzgasse baggerten, entdeck­ten sie das erste Skelett. Neben dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) wurde auch die Polizei informiert, die eilends Kriminaltechniker an den Fundort schickte und die Skelette zur weiteren Untersuchung mitnahm. Man hielt ein Verbrechen in jüngerer Vergangenheit für möglich.

Hier gibt es inzwischen Entwarnung. „Die Experten aus der Rechtsmedizin haben sich das angeschaut und festgestellt, dass es ein archäologischer Fund ist“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums. Die Archäologen sind allerdings wenig begeistert vom Arbeitseifer der Kriminalpolizei. „Das müssen wir noch recherchieren, wie es dazu gekommen ist, es war eigentlich schon zu sehen, dass das nicht ganz jung ist“, sagte Martin Nadler, der Leiter der Nürnberger Dienststelle des BLfD. Die Archäologen hätten die Bergung der Skelette gerne selbst vorgenommen, um den Fundzusammenhang zu dokumentieren.

Das gelang der Weißenburger Grabungsfirma ADA immerhin noch bei den beiden weiteren Skeletten, die bei der archäologischen Grabung auftauchten. Auch sie hatten keinen Kopf, was den Archäologen Rätsel aufgibt. Dass die Schädel durch spätere Erdbewegungen oder Bauarbeiten zufällig verschwunden sein könnten, erscheint unwahrscheinlich, weil alle drei fehlen. „Vielleicht handelt es sich wirklich um Geköpfte“, sagt Andreas Wettinger, die die Ausgrabungen leitete. Fest steht allerdings, dass die Skelette nicht einfach in ein Loch geworfen und verscharrt wurden. Bei einem der Skelette seien Arme über dem Rumpf verschränkt worden, was auf eine gewisse Sorgfalt bei der Bestattung hindeute, so die Grabungsfirma.

Eine Datierung steht im Moment noch nicht fest. Grabbeigaben, die eine schnelle zeitliche Einordnung ermöglichen würden, fanden die Archäologen nicht. „Aus den letzten 50 Jahren ist es nicht, aber ich glaube auch nicht, dass die 500 Jahre alt sind“, ließ sich die Grabungsleiterin dann doch noch zu einer Schätzung hinreißen. Fakten lägen aber erst nach einer genauen Untersuchung vor, die innerhalb der nächsten zwei bis drei Wochen fertig sein soll.

Bis dahin gibt es reichlich Raum für Spekulationen, an denen sich Wissenschaftler traditionell nur ungern beteiligen. Dr. Mario Bloier, Leiter der Weißenburger Museen, immerhin hält ein außergewöhnliches Ereignis für möglich, das ein schnelles Begräbnis nötig machte, und brachte den Dreißigjährigen Krieg ins Spiel. „Das würde das ein oder andere erklären“, meinte Weißenburgs Stadtarchivar Reiner Kammerl. Zumal die Stadt in dieser Zeit mehrfach belagert wurde. Ohne Datierung sei es aber schwierig, sich in Theorien zu ergehen.

Bestattung im Nichts

Fakt ist jedoch, dass der Bestattungsplatz ungewöhnlich ist. Denn dort war bis ins 20. Jahrhundert  nichts, was die Bestattung erklären könnte. Die nahe Willibaldskirche wurde erst Ende des 19. Jahrhundert gebaut und hatte zudem keinen eigenen Friedhof. Der heute noch bestehende Südfriedhof geht auf das 16. Jahrhundert zurück, liegt aber zu weit weg, und für das frühere Siechenhaus in der Augsburger Straße gilt das Gleiche. Zudem handelt es sich zwar um geordnete Bestattungen, allerdings nicht um dezidiert christliche. Die Skelette waren in Nordrichtung bestattet, christliche Gräber werden in aller Regel in Ost-West-Ausrichtung angelegt.

Auch eine Hinrichtung durch die Stadt wirkt unwahrscheinlich. Zwar hatte die Freie Reichsstadt Weißenburg auch die Hochgerichtsbarkeit und köpfte im Laufe ihrer langen Geschichte wohl auch den ein oder an­deren Delinquenten, aber die Richtplätze lagen im Norden der Stadt, in der heutigen Galgenbergsiedlung beziehungsweise nahe der Gaststätte Casino.

Bis der Grabungsbericht vorliegt, kann man also nur Rätsel raten, das aber durchaus mit Freude an der Theoriebildung, denn selbst BLfD-Mann Nadler räumt ein: „Das ist immer spannend, wenn mitten in der Stadt Skelette gefunden werden.“ Erst recht, wenn sie auch noch kopflos sind.   

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