Man schwätzt sich durchs Museum

19.5.2016, 13:12 Uhr
Man schwätzt sich durchs Museum

© Stephan

Die Stadtführung als Aneinanderreihung von Zahlen, Daten und Fakten ist inzwischen selbst historisch geworden. Spaß muss auch der Blick in die Geschichte machen, findet das interessierte Publikum, das in einer Abstimmung mit den Füßen über die vergangenen Jahre zu einem Wandel in der Museums- und Stadtführungskultur geführt hat. Weißenburg präsentiert sich an dieser Front recht ordentlich aufgestellt. Seit rund eineinhalb Jahrzehnten ist in Weißenburg schon die historische Nachtwächterin Dr. Ute Jäger unterwegs, zum Krimifestival vor zwei Jahren präsentierte die Weißenburger Bühne eine Kostümführung zum einzigen Hexenprozess Weißenburgs, und seit einigen Jahren sind auch die städtischen Museen samt dem Gästeführer-Team und der Weißenburger Theaterpädagogin Antje Wagner mit von der Partie.

Die Stadtführung „StadtGeplauder“ erfreut sich großer Beliebtheit, und die Preu samt ihrer vorlauten Magd sind kleine Stadt-Bekanntheiten geworden. Für das Pendant „MuseumsGeplauder“ galt das noch nicht so recht. Die ebenfalls von dem kon­genialen Duo bestrittene Führung im Reichsstadtmuseum ließ bisher an Resonanz zu wünschen übrig, was nicht zuletzt daran liegen dürfte, dass sich auch das Museum selbst mit der historischen Übermacht der römischen Geschichte vor Ort schwer tut.

Zum Internationalen Museumstag nimmt man nun noch mal Anlauf und lässt eine überarbeitete Führung unter dem schneidigen Titel „MuseumsGeplauder reloaded“ vom Stapel. Die wird am Sonntag viermal kostenlos zu erleben sein, obwohl die Besucher sicher auf ihre Kosten kommen werden, denn die Überarbeitung legt noch mehr Wert auf eine menschelnde Geschichte, die historischen Fakten fallen dabei locker flockig nebenbei ab. Das geht ein wenig auf Kosten der Faktendichte, sorgt aber dafür, dass die einstündige Führung Spaß macht und man sich das, was an Wissenswertem erzählt wird, tatsächlich merkt. Zudem handelt es sich bei Catharina Preu um eine echte historische Persönlichkeit, die sogar mit großem Porträtbild im Museum selbst hängt. An Authentizität mangelt es also nicht, auch weil Weißenburgs Stadtarchivar Reiner Kammerl und Museumsleiter Dr. Mario Bloier ein wachsames Auge auf den Text hatten.

Die Generalprobe lief jedenfalls schon mal sehr unterhaltsam ab. Ursula Reinhart (Preu) und Antje Wagner (Leni) schwätzten sich durch das Reichsstadtmuseum. Während die Frau Rat beständig über die Eigenwilligkeiten ihrer Magd jammert, offenbart sich bald, was die neugierige Leni in ihren zwölf Jahren bei der Weißenburger Ratsfamilie schon so alles angestellt hat. Frau Preu liest ihrer schwäbischen Magd die Leviten, und das sorgt selbst bei Leni dafür, dass ihr Mundwerk mal kurz Pause macht. Zumal die Magd ihrer Herrin noch ein Geständnis machen muss . . .

Während der Tour durch das Museum erfährt man nebenbei von der Weißenburger Kornkrise, der Tatsache, dass Weißenburg mal beinahe französisch geworden wäre, tatsächlich zwei Jahre preußisch war und es ums Haar für länger geblieben wäre, bis man 1802 zwar seinen Status als Reichsstadt verlor, aber 1806 immerhin Bayern zugeschlagen wurde. Auch die Entführung des gesamten Rats nach Neuburg, Prügeleien zwischen Weißenburger Handwerksgesellen und den Verrat des Jacobi bekommt man in appetitlichen Historien-Häppchen serviert. Im Tone spannender, stets menschelnder Anekdoten. Und da ist es heute nicht anders als vor 200 Jahren: Der Mensch interessiert sich für den Menschen, erst recht für den, der vor seiner Haustür wohnt.

Die kostenfreien Führungen finden am Sonntag, 22. Mai, um 10.00, 12.00, 14.00 und 16.00 Uhr statt. Treffpunkt ist am Reichsstadtmuseum. Maximal können 20 Personen an einer Führung teilnehmen. Anmelden kann man sich nur vor Ort. Im kommenden Jahr soll das „MuseumsGeplauder re­loaded“ fester Bestandteil
des Weißenburger Führungsprogramms werden. Für Gruppen ist das Angebot schon in diesem Jahr auf Anfrage buchbar.

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