Premiere in Muhr am See
4.7.2011, 16:47 UhrAuch die politische Prominenz ließ sich das nicht entgehen: Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle mit mittelfränkischen Wurzeln ist Schirmherr der Altmühlsee-Festspiele und kam samt Familie zur Premiere. Die Theatertage unter dem Motto „Vorsprung durch Fantasie“ lobte er als „kulturellen Akzent“ in der Region und nannte es einen „wunderschönen Moment, wenn Menschen diese Fantasie Wirklichkeit werden lassen“. Intendant Hauser wünschte sich, dass vor allem Jugendliche verstärkt an solch besondere Augenblicke herangeführt werden, und regte an, dem „Live-Erlebnis Theater“ mehr Platz im schulischen Lehrplan einzuräumen.
In Muhr am See haben sich die Altmühlsee-Festspiele fest etabliert, und Bürgermeister Roland Fitzner ist stolz darauf, dass ein Theater-Festival dieser Größe in seinem 2 300-Seelendorf zu Hause ist. Er findet, dass jede Gemeinde die Region mit neuen Ideen weiterentwickeln müsse und hat die Festspiele deshalb schon zum achten Mal „mit Hand und Herz“ und mit Christian Peter Hauser und Hilde Bickel, der Leiterin des Altmühlsee-Informationszentrums, auf die Beine gestellt.
„Ich bin Hatash“
Aber zurück zu Nigel. Die Idylle ist zu Ende, als seine leicht durchgeknallte, überdrehte Verlobte Zoe, mitreißend gespielt von Katja Thost-Hauser, in Nigels sonnengelbem Wohnzimmer auftaucht und verkündet, dass sie bei ihm einzieht. Der Diplomat ist rettungslos in sie verliebt, allerdings gibt es ein gravierendes Problem: Er hat bereits eine Ehefrau.
Vor fünf Jahren heiratete er nach einer Party eine verschleierte Schönheit aus dem Odan, um ihr die Ausreise zu ermöglichen. Gesehen hat er sie seitdem nicht mehr. Wie heißt sie noch? Vergessen. Denn an jenem verhängnisvollen Abend war Nigel nach eigener Aussage „jung, aufstrebend, sexy – und besoffen“. Jetzt will er seine Frau mit einer Zeitungsanzeige finden und sich von ihr scheiden lassen, damit er Zoe heiraten kann. Die Aktion ist erfolgreich. Andrea Kunesch glänzt in ihrer Rolle mit „araberischem“ Akzent und Temperament: „Ich bin Hatash“, stellt sie sich vor. Worauf Nigel mit britischer Höflichkeit antwortete: „Gesundheit!“
Aber die Sache ist komplizierter als gedacht. Nigels selbstverliebter Vorgesetzter Sir Geoffrey Selber (Michael Schuberth) kommt zu Besuch und bringt den Scheich Ahmed aus dem Odan mit. Dieser soll bei Nigel wohnen, während Geoffrey mit Ahmed einen Deal über 50 Millionen Feigen abschließt. Balázs „Scheich“ Schallenberg belustigte mit seiner Mimik und beeindruckte mit – trotz frischer Temperaturen – freiem Oberkörper nicht nur Zoes Mutter und Geoffreys Gattin Rosemarie. Die taucht als letzte in Nigels Wohnung auf und macht das Chaos perfekt. Intendant Hauser zeigt optisch mit rotem Nagellack, Lippenstift, Perücke, Lidschatten und einer gehörigen Portion Selbstironie gekonnt seine weibliche Seite als Lady Rosemarie.
Vergnügen pur
Was nun folgt, ist ein Versteck- und Verwechslungsspiel ohnegleichen. Missverständnisse, subtile Anspielungen und Wortspiele sorgten für Lacher im Minutentakt und reichlich Szenenapplaus. Roman Kollmer als gestresster und ob der verflixten Situation wirklich bemitleidenswerter Nigel Brotherton infiziert das ganze Publikum mit der Nervosität, Hektik und Spannung seiner Rolle.
Christian Peter Hauser zeigte mit seiner Inszenierung, dass es nicht immer große Bühnen und imposante Meisterwerke für einen kurzweiligen Theaterabend und ein vergnügtes Publikum braucht. Das Verwechseln, Verstecken und Verlieben im Altmühlsee-Informationszentrum in Muhr am See geht noch bis zum 13. August
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