Startschuss für Bayerns größten Wald-Windpark
28.6.2016, 11:18 Uhr„Unser neuer Wald-Windpark im Raitenbucher Forst zeigt exemplarisch, wie eine Region wirtschaftlich an der Windenergie gewinnen kann und was Bayern in Zukunft daran verliert“, sagte Dr. Rolf Bungart von der Ostwind-Unternehmensleitung beim offiziellen Spatenstich auch in Richtung der anwesenden Landespolitiker. Voraussichtlich werde der Windpark im Wald wohl der letzte dieser Dimension im Freistaat sein, schätzte Bungart mit Blick auf die 10H-Regelung und die in der kommenden Woche geplante Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
In dieses Horn stieß auch der Bundestagsabgeordnete Josef Göppel. Als „Leitfigur der erneuerbaren Energien“ (Bungart) ist der Herriedener Politiker derzeit in die Beratungen des neuen EEG eingebunden und warnt: „Wenn wir den Ausbau der erneuerbaren Energien so stark zurückfahren, wie einige in Berlin das wollen, werden wir Brüche in der Entwicklung bekommen und die Ziele des Klimaschutzausbaus nicht erreichen.“
Auch mit der bayerischen Linie ging Göppel hart ins Gericht: „So sind die Ziele, 50 Prozent des in Bayern verbrauchten Stroms regenerativ zu erzeugen, nicht zu schaffen.“ Problem seien nach wie vor die Kapazitätsreserven beim Strom. Diese werden vor allem durch Gas- und Kohlekraftwerke gesichert. „Aber wenn Sonne und Wind voll Strom liefern, werden die Kraftwerke mit fossiler Energie nicht zurückgefahren.“ Deshalb gingen 90 Prozent der Ausgleichszahlungen („Re Dispatch“) an die Betreiber von Gas- und Kohlekraftwerken.
Spitze in Mittelfranken
Lob zollten Göppel und Bungart dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen und dessen Landrat Gerhard Wägemann für den Einsatz um die erneuerbaren Energien. „Das ist mir ein persönliches Anliegen“, betonte Wägemann beim Spatenstich. Zwar sei die Genehmigung für den Windpark im Raitenbucher Forst angesichts vieler verschiedener Vorgaben „nicht so einfach gewesen“, habe sich aber letztlich realisieren lassen. Dafür dankte Wägemann allen Beteiligten.
Den Landkreis sah er bei der Nutzung der Öko-Energie auf sehr gutem Weg, zumal aktuell 65 Prozent des hier verbrauchten Stroms produziert werden – in 65 Biogasanlagen, durch 40 Windräder und über 3000 Photovoltaikanlagen. Damit stehe Altmühlfranken im Bezirk Mittelfranken an der Spitze. Große Pläne mit der Windkraftnutzung im Wald hatten einst auch die Bayerischen Staatsforsten. Auf deren 800000 Hektar Fläche sollten einmal 1000 Rotoren entstehen. Geworden sind es bislang wegen der geltenden Auflagen etwa 65, so Reinhard Strobl.
Der Staatsforst-Mitarbeiter schätzte, dass sich wohl um die 100 Anlagen realisieren lassen. Neben den zehn Anlagen im Raitenbucher Forst sind noch einmal fünf Rotoren im nahen Workerszeller Wald und eines im Rothensteiner Wald (Stadtwerke Weißenburg) geplant, warten aber noch auf die Genehmigungen seitens der zuständigen Landratsämter. Auch der Workerszeller Windpark wird von Ostwind projektiert – „ein idealer Partner“, wie Strobl betonte.
Fast immer dagegen
Und der möchte eigentlich mehr derartige Projekte realisieren, denn Wald und Wind sind für Bungart „ideale Partner im Zusammenspiel der erneuerbaren Energien“. Über den Wipfeln herrscht der Wind und in großen Waldgebieten kann der Abstand zur Wohnbebauung leichter eingehalten werden als im sonst dicht besiedelten Freistaat. Im Wald sei eine „flächeneffiziente Erzeugung von Strom“ aus erneuerbaren Energien möglich, so Bungart. Allerdings müsse die Windenergienutzung im Wald auch sehr sensibel angegangen werden. Dem Ostwind-Chef zufolge werde das Unternehmen diverse Ausgleichspflanzungen vornehmen, Biotope anlegen und im Bereich der zehn Anlagen auch die entstandenen Waldränder neu bepflanzen – mit Edellaubhölzer entsprechend des beabsichtigten ökologischen Umbaus der hiesigen Wälder.
Vor diesem Hintergrund ist es für Landrat Gerhard Wägemann unverständlich, dass sich die großen Naturschutzverbände fast ausschließlich gegen die Windkraftvorhaben aussprechen. Man könne nicht dauernd den Freistaat kritisieren, dass dieser bei der Energiewende hinterher hinke und dann im Gegenzug bei jedem Projekt die gleichen ablehnenden Texte in die Stellungnahmen schreibe, sagte Wägemann. Der Schutz der Menschen „muss hier Vorrang haben vor den Belangen der Pflanzen und Tiere“.
Bürgermeister Josef Dengler erinnerte an die ersten Gespräche über einen Wald-Windpark im großen Forstgebiet zwischen Titting, Raitenbuch, Schernfeld und Rothenstein, die 2008 „lange vor Fukujima“ und der folgenden Energiewende in Deutschland geführt wurden. Raitenbuch habe dabei stets die Maxime verfolgt, die Bürger nicht zu belasten und dem „Wildwuchs“ der Windräder einen Riegel vorzuschieben. Als Ostwind das Konzept des Windparks vorgestellt hatte, nahm die Gemeinde die 800 Meter vom Ort entfernte Windkraftfläche aus der Planung.
Weiteres Anliegen von Dengler und dessen Gemeinderat war es, dass sich die Bürger aus der Gemeinde an dem Windpark beteiligen können. Dies soll über eine Genossenschaft realisiert werden. Dafür erhielt der Bürgermeis-ter vor allem Lob von Josef Göppel, der die Bürgerbeteiligung als eines der zentralen Aspekte der Energiewende ansieht. Auch im neuen EEG solle dies ermöglicht werden.
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