Vom Umgang mit Lebensmitteln in Altmühlfranken
17.1.2020, 06:00 UhrStiftungsvorstand und Landrat Gerhard Wägemann erklärte, dass die Bürgerstiftung mit dem Themenjahr ein Zeichen setzen wolle. Denn das Wegwerfen von Lebensmitteln sorge weltweit für einen enormen Kohlendioxidausstoß. Gleichzeitig hoffte er, die Stiftung auch in den Fokus jener Bürger zu rücken, die sie bislang noch nicht wahrgenommen hatten. Das soll idealerweise auch Spenden bringen.
Wilfried Wiedemann, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Weißenburg-Gunzenhausen und wie Wägemann Stiftungsvorstand, ging darauf ein, wie man das Projekt konkret umsetzen will: "Die Idee der Bürgerstiftung ist der genossenschaftliche Gedanke: Was einer nicht schafft, dass schaffen viele. Schon alleine, in dem wir uns mit dem Thema näher beschäftigen, ändert sich etwas in unserem Verhalten."
Auf der Website der Bürgerstiftung (www.buergerstiftung-altmuehlfranken.de) finden sich Materialien, damit Firmen, Vereine, Gemeinden oder Privatpersonen Werbung für das Projekt machen können. Auch hat Burning Bird Media, weitgehend ehrenamtlich, einen Imagefilm zum Projekt gedreht. Dieser kann gerne im Internet geteilt werden.
Die drastischen Ausmaße der Lebensmittelverschwendung verdeutlichte Filmregisseur Valentin Thurn mit vielen Fakten. Würde man die Reste aller Bäckereien verbrennen, könnte man sich ein Atomkraftwerk in Deutschland sparen, schilderte er beispielsweise. Was in Europa im Müll landet, würde zweimal ausreichen, um die Hungernden der Welt zu ernähren. Von Verpackungsmüll rede man schon lange, so Thurn, vom Lebensmittelmüll dagegen hätte es bis 2010 noch nicht einmal Schätzungen gegeben.
Erfahrungsgemäß schätzt jeder die persönliche Verschwendung zu niedrig ein. Als Tipp gibt er seinen Zuhörern mit auf den Weg: "Notieren Sie ein bis zwei Wochen, wie viel Lebensmittel Sie wegwerfen und wiegen sie das Gewicht. Sie werden erstaunt sein, auch mir ging es so." Ältere Menschen gingen sorgsamer mit Lebensmitteln um. Auch Landwirte, Köche und andere Berufsgruppen wären hier bewusster. Über die Generationen wurde das Wissen verlernt, was noch essbar ist.
Am Beispiel der Weltgetreideernte erklärte Thurn unsere Verantwortung gegenüber der ärmeren Weltbevölkerung. Eine Statistik zeigte: 33 Prozent der Getreideernte landen in der Tonne, 30 Prozent auf dem Teller, 24 Prozent im Trog als Futtermittel für Tiere und 13 Prozent im Tank für Biosprit usw. Wenn sich der Weizenpreis verdoppelt, spüren wir in Deutschland das kaum. Der Preis für Arbeitslohn und Energie überwiegt, da fällt der Rohstoff Weizen nicht weiter ins Gewicht. Jedoch in ärmeren Teilen der Welt, die die Hälfte oder sogar drei Viertel ihres Einkommens für Essen verwenden müssen, bedeutet das zu hungern.
Den Trend mit neuen Imkern in Städten führte er als positives Beispiel der Wertschätzung an. Ideen seien auch von jungen Start-Ups da, die die Überproduktion verkaufen. Supermärkte geben auf "MHD"-Artikel Rabatte oder verschenken sie sogar. Vom Gesetzgeber würde er sich entweder für Wirtschaft und Einzelhandel ein Belohnungssystem für alle die weniger verschwenden oder gar ein Verbot wünschen. Frankreich, Tschechien, Italien und England hätten schon Regelungen getroffen. An Schulen ist die Vermittlung wichtig, Bezug zu Lebensmitteln, Ernährung und Kochen.
Lebensmittel sind zu billig
Thurn zeigte sich als Fan regionaler Ware, zum einen wegen des ökologischen Fußabdrucks, zum anderen, weil der Bezug und die Wertschätzung eine andere sei. "Es muss Verbrauchern und Politik wichtig sein, dass Essen für die eigene Region und nicht für den Weltmarkt produziert wird", findet Thurn. In der Diskussion führten die Besucher – speziell aus der Landwirtschaft – an, dass Preise für Lebensmittel im Vergleich zu anderen Gütern nicht gestiegen seien. Da falle das Wegwerfen natürlich leichter. Als Grund für die Lebensmittelverschwendung wurde zudem noch aufgeführt, dass heutige Generationen schlicht nicht wissen, was es bedeute zu hungern.
Die Module der Ausstellung "Restlos Gut Essen" erläuterte Kathrin Kimmich, die Leiterin der Zukunftsinitiative Altmühlfranken. Die Ausstellung gibt ganz praktische Tipps vom Einkauf über die Lagerung bis zur Resteverwertung. Noch bis zum 21. Februar ist die Ausstellung im Foyer des Landratsamts zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen.
Rund 300 Schülerinnen und Schüler der Mittelschule Weißenburg und über 100 Schülerinnen und Schüler der Senefelder-Schule Treuchtlingen lauschten tags darauf dem Vortrag von Valentin Thurn. Viele kannten bereits seinen Kinofilm "Taste the Waste" bzw. die Schulversion "Frisch auf den Müll" oder sehen die Dokumentation dieser Tage an. Den Kontakt zum Filmemacher hatte Schulrat Dr. Eduard Gradl, der auch Stiftungsrat ist.
Bei den unglaublichen Zahlen zur Lebensmittelverschwendung ging ein Raunen durch die Schülerreihen. Neben diesen Infos erklärte Thurn auch, was sein Job als Regisseur eigentlich ist. Der Film "Taste the Waste" habe drei Jahre gedauert. Ein Jahr Vorbereitung, ein Jahr für die Verfilmung und ein weiteres Jahr für den Schnitt. Auf das Thema sei er zufällig gestoßen, als er eine Reportage über das Containern sah. Er fragte sich, warum die Leute das tun und merkte dann, welche Mengen im Müll landen.
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