Weißenburger Stadtrat stimmt Klage gegen Treuchtlingen zu
27.9.2019, 15:51 Uhr
Konkret geht es darum, ob die Nutzungsänderung des früheren Aldi-Marktes in ein Schuhgeschäft rechtens war und ob der geplante "Neubau mit Verkaufsflächen für Outdoor, Sport, Freizeitmode und Textil" in dieser Form überhaupt genehmigungsfähig ist.
Oberbürgermeister Jürgen Schröppel (SPD) holte eingangs der Sitzung weiter aus, um einerseits "der Legendenbildung entgegenzuwirken" und andererseits noch einmal zu betonen, dass es Weißenburg nicht darum gehe, dass man der Nachbarstadt Treuchtlingen "nichts gönne". Vielmehr hätte die Stadt Treuchtlingen "An der Heusteige" ein Sondergebiet ausweisen und im Zuge dessen auch ein Gutachten erstellen müssen, ob von den beiden Geschäften eine schädliche Wirkung auf den Einzelhandel in der Umgebung ausgehe (wir berichteten).
Nach Lesart der Stadt Weißenburg beträgt die Verkaufsfläche in dem Schuhgeschäft Herrmann insgesamt 836 Quadratmeter und hätte deshalb nicht ohne vorheriges Gutachten und Beteiligung der Nachbarstadt genehmigt werden dürfen. Durch das Herausrechnen eines Windfangs (7,74 Quadratmeter) und einer Spielecke (33,36 Quadratmeter) sei man geschickt unter die kritische Grenze von 800 Quadratmetern gekommen und konnte das Gutachten umgehen, auf das die Weißenburger aber nach wie vor pochen. Rechtsdirektor Heiko Stefke betonte: "Entscheidend für die Rechtsprechung ist, ob es sich hier um zwei getrennte Gebäude oder nur um ein Gebäude handelt."
Damit einher geht für ihn die Frage, warum das Landratsamt den Bauplan 2017, der damals noch für nur ein Gebäude eingereicht worden war, nicht genehmigte. Zwei Jahre später, nach dem Einziehen einer Wand in den sonst fast exakt gleichen Plan, erteilte ihm das Amt jetzt die Genehmigung. Stefke: "Was das Landratsamt veranlasst hat, seine Meinung zu ändern, weiß ich nicht."
"Dann ist das halt so"
Wenn das Gutachten zu dem Ergebnis komme, dass von den beiden Geschäften keine schädliche Wirkung für den Weißenburger Einzelhandel zu befürchten sei, "dann ist das halt so", argumentierte Schröppel, der seinem Stadtrat allerdings empfahl, "im Interesse des Weißenburger Einzelhandels" der Klage zuzustimmen. Eine Empfehlung, der die CSU mit allen neun anwesenden Stadträten nicht folgen wollte. Bernhard Amend erklärte für seine Fraktion die maßgeblichen Gründe: "Die Klage wird den Weißenburger Einzelhandel nicht schützen, sondern die Verkaufsfläche lediglich um ein paar Quadratmeter reduzieren. Wollen wir unseren Einzelhandel wirklich vor einer Spielecke in Treuchtlingen schützen, die dann zu einem Lagerraum wird? Das ist nicht mein Ding!"
Der gelernte Jurist plädierte dafür, dass es an der Zeit sei, "dass wieder Normalität zwischen Weißenburg und Treuchtlingen einkehrt", und gab zu bedenken, dass es keine eindeutige Rechtslage gebe, ob eine Kinderspielecke als Verkaufsfläche zähle oder nicht.
Die Stadtratssitzung war aus mehreren Gründen bemerkenswert: Linken-Stadtrat Erkan Dinar war, was höchsten Seltenheitswert hat, einer Meinung mit CSU-Stadtrat Amend, was ihn offenbar selbst verwunderte: "Ich bin geschockt, dass ich alle Ausführungen von Herrn Amend unterschreiben kann." Auch Dinar vertrat die Ansicht, dass es sich am Ende nicht lohne, um ein paar Quadratmeter Fläche zu streiten: "Am Ende werden wir die Stimmung zwischen beiden Städten nur noch weiter verschlechtern."
SPD, Freie Wähler und Grüne waren sich indes alle einig, dass man in einem Rechtsstaat die geltenden Spielregeln einhalten müsse. Heinz Gruber (FW) wandte sich direkt an Amend: "Ich bin verwundert, dass Sie hier nicht kleinlich sind. Wir sind aber der Meinung, dass hier etwas falsch gelaufen ist und wollen eine Prüfung." Die Vorschriften und klar geregelten Genehmigungsverfahren müssten in ganz Bayern gelten, dass die Weißenburger den Treuchtlingern nichts gönnen würden, sei natürlich "großer Unsinn". Zudem klage man nicht gegen Treuchtlingen, sondern lediglich gegen die erteilte Baugenehmigung und damit letztlich gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt.
"Da mischen wir uns nicht ein"
Gruber erlaubte sich noch die Anmerkung, dass die Nachbarstadt Treuchtlingen im Unterschied zu Weißenburg "konsequent alle größren Geschäfte" an die Peripherie verlagert habe, was seiner Meinung nach auch der Grund sei, dass es in der Innenstadt heute Leerstände gebe und ältere Menschen, die in der Stadt wohnen, benachteiligt würden: "Aber das ist wirklich das Problem von Treuchtlingen, da mischen wir uns nicht ein."
Dass man der Nachbarstadt Treuchtlingen aber durchaus auch einmal etwas gönne, habe man Heinz Gruber zufolge in der Vergangenheit zum Beispiel beim Adventure Campus bewiesen: "Da haben wir im Kreistag alle gemeinsam dafür gesorgt, dass Treuchtlingen die Hochschule bekam."
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