Wölfe in Bayern: Streit um Schutz von Weidetieren
10.8.2017, 17:58 UhrBayern hat sein erstes Wolfsrudel – und damit ist der Streit über den Umgang mit Wölfen und den Schutz von Weidetieren neu aufgeflammt. Laut einer Antwort des Umweltministeriums auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Florian von Brunn kann Herdenschutz auch auf Almen möglich sein. Ein Modellvorhaben im oberbayerischen Rotwandgebiet ergab demnach, dass bestimmte Präventionsvorhaben gegen große Beutegreifer – dazu zählen Wolf wie Bär – "grundsätzlich auch im bayerischen Alm- und Alpgebiet durchführbar ist". Die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Almen müsse im Einzelfall geprüft werden.
"Die Quintessenz ist, dass selbst in alpinen Bereichen der Herdenschutz zwar nicht einfach, aber möglich ist", folgerte von Brunn. Almbauern, die 2011 den Versuch im Rotwandgebiet durchgeführt haben, sehen das anders. "Wir haben hinterher wesentlich mehr Fragen und Probleme gesehen als vorher", sagte Brigitta Regauer vom Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern, deren Betrieb mit zwei anderen Bauern an dem Versuch mitgewirkt hat.
Während Umweltschützer den vergangene Woche gemeldeten ersten Wolfsnachwuchs in Bayern mit drei Jungtieren bejubeln, sind die Landwirte gar nicht begeistert. Vor allem in Bergregionen ist der Schutz schwierig: Es können kaum Zäune aufgestellt werden, deshalb sollen Hunde die Weidetiere bewachen.
Agrarminister fordert wolfsfreie Zonen
Der Konflikt zieht sich bis auf die Regierungsebene. Agrarminister Helmut Brunner (CSU) hatte mit der Forderung nach wolfsfreien Zonen auf den Wolfsnachwuchs reagiert. Aus dem Umweltministerium heißt es nun dazu, eine wolfsfreie Zone sei nach der geltenden Rechtslage nicht möglich. Der strenge europaweite Schutz des Wolfes sehe vor, dass immer der Einzelfall geprüft werden müsse. Im Einzelfall kann aber bereits heute der Abschuss eines Tieres angeordnet werden.
"Wir lassen unsere Nutztierhalter nicht allein", sagte Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). Demnächst solle der Managementplan Stufe drei fertig gestellt und der Umgang mit Wölfen weiter geregelt werden. "Wir brauchen klare Vorgaben für die Nutztierhalter mit guten Förderangeboten und Entschädigungsregeln."
Die Almbäuerin Regauer sagte jedoch, es gebe eben Bereiche wie die Alpenregionen mit ihrer Almwirtschaft, in denen Herdenschutz nicht möglich sei. "Der Herdenschutz in den Alpen ist schon gescheitert, bevor er anfängt", betonte Regauer. "In der Schweiz und in Südtirol sind schon Almen verlassen, weil trotz der Schutzmaßnahmen immer wieder Tiere gerissen werden."
Bei dem Test im Jahr 2011 gab es Probleme etwa mit undisziplinierten Touristen und bei der Zusammenlegung von Schafherden. Mit den Herdenschutz- und Hütehunden wären zudem nur die Schafe geschützt gewesen – "aber nicht unsere Rinder bis 300 Kilo, die der Wolf auch gerne frisst, und nicht die größeren Rinder, die womöglich aufgeschreckt abstürzen". Andere Vorschläge, über die für die Rotwand nachgedacht werde, hätten die Bauern bisher verworfen, sagte Regauer.
Der Antwort des Umweltministeriums zufolge haben Landwirte vorhandene Mittel für Pilotprojekte zum Herdenschutz nicht ausgeschöpft. Das Umwelt- und das Agrarministerium vereinbarten demnach 2012, jährlich bis zu 50.000 Euro in den Präventionsfonds einzuzahlen. Wegen im Fonds noch vorhandener Mittel sei im Jahr 2015 nichts eingezahlt worden, hieß es. Dem Papier zufolge scheiterte ferner ein Projekt zum Herdenschutzkonzept für Almen an der Mitwirkung der Almbauern.
"Ich sehe den Widerstand von zwei Seiten: von den Almbauern und von Teilen der Staatsregierung", sagt von Brunn. Diese habe verpasst, rechtzeitig die Stufe drei des Managementplans in Kraft zu setzen. Er schlägt dazu vor: "Man bräuchte zwei unterschiedliche Konzepte: ein Managementkonzept für den Alpenraum und die Mittelgebirge und einen fürs Flachland." Dort sei der Schutz durch Zäune besser möglich. "Wir wissen aus ganz Deutschland, dass es im Flachland funktioniert."
Auch das sehen nicht alle so. Diskutiert wird auch auf Bundesebene, wie mit dem Wolf umzugehen ist. Die Umweltministerkonferenz hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit Fragen zum Wolf auseinandersetzt. Und auch bundesweit gibt es Stimmen, die eine Lockerung des Artenschutzes fordern.
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