Landgericht Braunschweig

Prozessbeginn im Fall Maddie: Verdächtiger Franke soll weitere Sexualstraftaten begangen haben

dpa

sam

16.2.2024, 11:19 Uhr
Der Angeklagte Christian B. (l) steht zu Prozessbeginn im Gerichtssaal im Landgericht Braunschweig neben seinen Anwälten Dennis Bock (2.v.l.), Friedrich Fülscher (3.v.l.) und Atilla Aykac (r). Christian B. werden drei Fälle schwerer Vergewaltigung und zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Portugal vorgeworfen. Ermittler verdächtigen den Deutschen auch im Fall Maddie.

© Julian Stratenschulte, dpa Der Angeklagte Christian B. (l) steht zu Prozessbeginn im Gerichtssaal im Landgericht Braunschweig neben seinen Anwälten Dennis Bock (2.v.l.), Friedrich Fülscher (3.v.l.) und Atilla Aykac (r). Christian B. werden drei Fälle schwerer Vergewaltigung und zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Portugal vorgeworfen. Ermittler verdächtigen den Deutschen auch im Fall Maddie.

Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitag der Prozess gegen den im Fall Maddie mordverdächtigen Deutschen wegen fünf Sexualstraftaten begonnen. Dem 47 Jahre alten Christian B. werden drei schwere Vergewaltigungen und sexueller Missbrauch von Kindern in zwei Fällen vorgeworfen.

Der Angeklagte Christian B. betrat den Saal im Landgericht Braunschweig bekleidet mit einem fliederfarbenen Hemd mit weißen Streifen und einem hellgrauen Sakko. Der dunkelblonde, schlanke Mann verdeckte nicht sein Gesicht und wirkte gefasst. Er nahm zwischen seinen vier Verteidigern Platz. Der 47-Jährige war zuvor mit einem Gefängnistransporter nach Braunschweig gebracht worden. Zum Prozessauftakt stellte Verteidiger Friedrich Fülscher einen Befangenheitsantrag gegen eine Schöffin. Die Sitzung wurde zunächst für 40 Minuten unterbrochen.

Maddie aus Großbritannien seit 2007 vermisst

Im Juni 2020 hatten deutsche Ermittler überraschend bekannt gegeben, dass sie den vorbestraften Sexualstraftäter im Fall der seit 2007 vermissten Maddie aus Großbritannien unter Mordverdacht haben. Die damals dreijährige Britin Madeleine McCann war im Mai 2007 im portugiesischen Praia da Luz an der Algarve aus einer Ferienanlage verschwunden. Der Fall sorgte weltweit für Schlagzeilen, ist aber nicht Gegenstand des aktuellen Prozesses in Braunschweig.

Seit Freitag muss sich Christian B. wegen fünf Sexualstraftaten vor Gericht verantworten. Unter anderem soll er 2004 eine damals 20 Jahre alte Frau aus Irland in einem Appartement in Portugal vergewaltigt haben.

Der Andrang vor dem Landgericht Braunschweig war am Freitagmorgen so groß, dass der ursprünglich geplante Auftakt um 9.00 Uhr nicht eingehalten werden konnte, wie dpa-Reporter berichteten. Vor dem Gebäude bildeten sich lange Schlangen, vor dem Betreten mussten sich Medienleute sowie Besucherinnen und Besucher aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen unterziehen.

Gefängnisstrafe wegen einer anderen Vergewaltigung

Derzeit sitzt der 47-Jährige eine Gefängnisstrafe wegen einer anderen Vergewaltigung ab. Verurteilt wurde er Ende 2019 wegen einer Tat, die sich 2005 ebenfalls in Praia da Luz ereignet hatte - dem Ort, wo 2007 die dreijährige Madeleine McCann verschwand. Das Landgericht Braunschweig ist zuständig, weil Christian B. in der niedersächsischen Stadt seinen letzten deutschen Wohnsitz hatte.

Zeugen waren nach Angaben einer Gerichtssprecherin für den ersten Prozesstag noch keine geladen. Während die Staatsanwaltschaft Braunschweig eine Verurteilung des Angeklagten mit Blick auf alle angeklagten Taten anstrebt, geht Verteidiger Friedrich Fülscher von der Unschuld seines Mandanten aus und will Freisprüche erreichen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Franke im Visier der Ermittler

Bis heute ist der Fall "Maddie" nicht aufgeklärt. Doch für die ermittelnde Staatsanwaltschaft Braunschweig ist der Verdächtige klar: Christian B., gebürtig aus dem Landkreis Würzburg, 46 Jahre alt. "Wir haben nur einen Verdächtigen im Moment. Wir sind sicher, sie ist tot und wurde in Portugal ermordet", bekräftigt der zuständige Staatsanwalt Hans Christian Wolters in einer aktuellen "BBC"-Doku über den Franken und den Fall. Dass die Ermittlungsbehörden Christian B. so stark im Visier haben, dürfte vor allem an der Vorgeschichte des Mannes liegen.

Eine ehemalige Bekannte von Christian B. aus Würzburg, die aus "Angst vor Rache" anonym bleiben wollte, berichtet gegenüber der BBC von einem Jugendlichen, der als "Teil einer rebellischen Gang" wegen Vandalismus und Einbrüchen berüchtigt war. Wie Wolters in der Dokumentation bestätigt, wurde Christian B. bereits im Teenageralter wegen Kindesmissbrauchs in Deutschland verurteilt, flüchtete dann aber an die Algarve nach Portugal, wo er eine Vielzahl an Straftaten beging, heißt es in diversen Medienberichten.

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