Prozess

Vor 30 Jahren getötet: Fall der damals 13-jährigen Sabine aus Franken soll nun geklärt werden

7.9.2024, 12:26 Uhr
Mithilfe von Flugblättern suchte die Polizei nach Zeugen im Fall Sabine Back.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa Mithilfe von Flugblättern suchte die Polizei nach Zeugen im Fall Sabine Back.

Die Güllegrube mit der Leiche von Sabine Back ist mit einem Betondeckel verschlossen, womöglich sollte die 13-Jährige nie gefunden werden: Mehr als 30 Jahre nach dem gewaltsamen Tod des Mädchens in Unterfranken startet am kommenden Montag (9. September) vor dem Landgericht Würzburg der Prozess gegen einen Mann, der schon früher im Fokus der Ermittlungen stand. Der Angeklagte soll die Schülerin als 17-Jähriger kurz vor Weihnachten 1993 in Karlstadt (Landkreis Main-Spessart) getötet haben - und zwar zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs.

Für den Prozess sind bis Ende Januar kommenden Jahres 36 Verhandlungstage angesetzt. Weil der Angeklagte zur Tatzeit Jugendlicher war, findet das Verfahren ohne Öffentlichkeit statt - auch wenn der Mann mittlerweile 47 Jahre alt ist. "Er bestreitet, die Tat begangen zu haben", sagt sein Verteidiger Hans-Jochen Schrepfer.

In Jugendverfahren steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Vor allem bei schweren Straftaten können nach Angaben des Landgerichts jedoch auch bei Jugendlichen Elemente des Schuldausgleichs bei der Ahndung der Tat berücksichtigt werden. Für Jugendliche beträgt bei Mord das Höchstmaß der Jugendstrafe zehn Jahre. Sicherungsverwahrung ist aber unter engen Voraussetzungen möglich.

Odyssee für die Angehörigen

Sabine war an einem Mittwoch, dem 15. Dezember 1993, als vermisst gemeldet worden. Daraufhin starteten Polizei, Feuerwehr und Technisches Hilfswerk eine große Suchaktion. Zwei Tage später wurde sie auf einem Bauernhof im Stadtteil Wiesenfeld, wo sie öfter Pferde gefüttert hatte, entdeckt.

In einer Grube lagen die Jacke und andere Kleidung des Mädchens - aber nicht die 13-Jährige. Als der schwere Betondeckel einer abseits liegenden Güllegrube hochgehoben wurde, fanden die Ermittler die Leiche. Die Polizei bildete eine aus 30 Beamten bestehende Sonderkommission, überprüfte zahlreiche Spuren und vernahm mehrere Menschen.

Am 21. Dezember 1993 wurde ein 15-Jähriger, der wie Sabine aus Wiesenfeld stammt, unter Mordverdacht festgenommen. Zwei Tage später hob das Landgericht Würzburg den Haftbefehl aber mangels Beweisen auf. Mitte Februar 1994 wurde der Jugendliche erneut festgenommen und später wegen Totschlags angeklagt. Der Schüler bestritt die Tat, es kam zum Freispruch. Unter anderem hatten ihn Zeugenaussagen entlastet.

Zweiter Verdächtiger schon lange im Fokus

Jahrelang gab es keine Bewegung in dem Fall. Mord verjährt aber nicht - daher wurde die Akte dieses Falls nicht geschlossen. Im Januar 2021 verkündeten Ermittler dann überraschend: Ein Mann aus dem Landkreis Main-Spessart sei nach neuerlichen Durchsuchungen festgenommen worden. Unter anderem hätten feinere DNA-Analysen neue Hinweise gebracht. Wenige Wochen danach kam der Mordverdächtige allerdings wieder frei, das Ermittlungsverfahren lief aber weiter.

Die Polizei hatte den Deutschen schon früher im Blick. Zur Todesursache ist bisher öffentlich nichts bekannt - massive Gewalteinwirkung, hieß es lediglich.

Anklage liegt schon fast drei Jahre zurück

Im Dezember 2021 klagte die Staatsanwaltschaft den Mann wegen Mordes an. Doch das Landgericht Würzburg ließ die Anklage aus Mangel an stichhaltigen Beweisen nicht zu. Das Gericht erklärte, aufgrund der Ermittlungsergebnisse komme eine Beteiligung des Angeklagten an der Tat in Betracht. Dennoch ließen die Beweise keine sichere Rekonstruktion eines Tathergangs zu, der einen Mordvorwurf belegen könne. Eine Anklage wegen anderer Delikte - etwa wegen Totschlags - sei wegen der Verjährungsfristen nicht mehr möglich.

Daraufhin hatten sich Staatsanwaltschaft sowie der Nebenkläger an das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg gewandt. Das entschied im vergangenen Dezember: Der Fall muss doch vor dem Landgericht verhandelt werden. Der Angeklagte sei hinreichend verdächtig. Aufgrund der in den Akten dokumentierten Ermittlungsergebnisse sei ein Tatnachweis möglich und eine Verurteilung wegen Mordes "zumindest genauso wahrscheinlich, wie ein Freispruch". Es gebe einen hinreichenden Tatverdacht wegen Mordes zur Befriedigung des Geschlechtstriebs.

Verteidiger Schrepfer erwartet ein zähes Verfahren. "Das ist ein klassischer Indizienprozess, der uns bevorsteht." Er sehe nicht, dass ein Mord nachgewiesen werden kann, die Beweisaufnahme werde schwierig.