Zum Rotkreuz-Tag: BRK fordert mehr Wertschätzung ein
8.5.2019, 05:57 UhrEine bewusstlose Person wird im niederbayerischen Kehlheim von Rettungskräften behandelt. Weil es zu kalt ist, soll der Patient umgelagert, die Versorgung im Rettungswagen fortgesetzt werden. Plötzlich schlägt der Mann wild um sich. Immer wieder prügelt er auf einen der Notärzte ein, eine Sanitäterin verschanzt sich in einem der Einsatzfahrzeuge. Dann schlägt er mit einer Eisenstange auf das Heck des Wagens ein. Es ist ein besonders drastischer Fall, aber keine Ausnahme - immer wieder werden Retter in Bayern derart massiv attackiert.
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Zahlen, wie oft Notärzte, Feuerwehrleute und Sanitäter im Dienst angegriffen werden, gibt es nicht. Lediglich das Bayerische Rote Kreuz (BRK) sammelt Daten zu den Attacken - 2017 etwa waren es 150 Übergriffe bei fast zwei Millionen Einsätzen. Eine Umfrage unter rund 600 Rettungsdienstmitarbeitern ergab, dass im Schnitt jeder Dritte "sehr oft verbale Gewalt", jeder Zehnte häufig physische Gewalt im Dienst erlebt hat. Die Dunkelziffer, schätzen Experten, dürfte allerdings gewaltig sein.
Zum Weltrotkreuztag fordert das BRK jetzt mehr Wertschätzung von der Zivilgesellschaft ein. Es könne nicht sein, heißt es in einer Pressemitteilung, dass Einsatzkräfte von Hilfsorganisationen, Polizei und Feuerwehren von Verkehrsteilnehmern oder Schaulustigen missachtet und zu oft sogar attackiert werden. Allein beim BRK sind neben 26.000 angestellten Kräften fast 180.000 ehrenamtliche Helfer engagiert.
"Das ist der Feind der Wertschätzung"
"Die Selbstverständlichkeit, mit der das Engagement unserer Mitarbeitenden gesehen wird, ist der Feind der Wertschätzung", sagt BRK-Präsident Theo Zellner. Er fordert eine gesellschaftliche Debatte über den Wert von sozialer und freiwilliger Arbeit. Zuletzt startete die CSU in Bayern einen ähnlichen Vorstoß. Sie will mit dem sogenannten "Deutschland-Praktikum" das Engagement erhöhen. Über gewisse Anreize, etwa Vorteile bei der Vergabe von Studienplätzen, will der Freistaat junge Menschen locken.
Das BRK fordert aber mehr. Eine Anerkennungskultur sei nötig, "um auch künftig Menschen zur Mitarbeit in den Verbänden und Organisationen zu motivieren", so die Verantwortlichen. Dabei geht es nicht um Geld, sondern um "Respekt und echte Wertschätzung", sagt Zellner. "Zum Beispiel durch die Anerkennung von ehrenamtlicher Arbeit bei der Berechnung der Altersrente."
Mehrere Politiker schlossen sich dem Appell des BRK an, darunter Innenminister Joachim Herrmann und Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung (beide CSU). Was die Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler tagtäglich und oftmals im Hintergrund leisten, verdient allerhöchste Anerkennung", sagt Bär. "Stattdessen werden sie aber oftmals in ihrer Arbeit durch blockierte Rettungsgassen, Gaffern oder Pöblern behindert." Sie sei selbst bei einem Busunfall mit 18 Toten auf der A9 bei Münchnberg vor Ort gewesen. Während die Einsatzkräfte Leichen bergen und unter Extrembedingungen arbeiten, fuhren auf der Gegenspur Menschen mit gezückten Handys vorbei.
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