Programm vorgestellt

70 Jahre Musikfest-ION: Sakrale Klänge für das Seelenheil

8.6.2021, 15:47 Uhr
Ein Opernstar kommt zum Auftakt des 70. Musikfest ION: Anna Prohaska präsentiert ihr Bach-Programm "Erlösung".

© Foto: Harald Hoffmann Ein Opernstar kommt zum Auftakt des 70. Musikfest ION: Anna Prohaska präsentiert ihr Bach-Programm "Erlösung".

Im Moment meinen es die sinkenden Nürnberger Inzidenzwerte gut mit Live-Programmen vor Publikum. So blicken auch Moritz Puschke, Intendant des Musikfests ION (früher: Internationale Orgelwoche Nürnberg), und sein Team optimistisch auf das 70. Jubiläum ihres Festivals, das vom 25. Juni bis 4. Juli stattfindet.

Zu den Live-Konzerten gesellen sich flankierend Angebote im Online-Stream. Puschke spricht deshalb von einem "hybriden Festival", das dank der Medienpartnerschaft mit dem Bayerischen Rundfunk (BR) auch Rundfunkübertragungen bieten kann.

Anna Prohaska erkundet mit ihrem Bach-Programm "Erlösung" die Verlusterfahrungen während der Pandemiezeit.

Anna Prohaska erkundet mit ihrem Bach-Programm "Erlösung" die Verlusterfahrungen während der Pandemiezeit.

Die Pandemie habe finanziell deutliche Spuren beim Festival hinterlassen, so Puschke, fast 200.000 Euro Einnahmeausfälle durch nicht verkaufte Karten in den Jahren 2020 und 2021 seien aufgelaufen. Doch man habe sparsam gewirtschaftet, man verzichte schon wegen der Abstandsregeln auf groß besetzte Konzerte und wegen der Reiserestriktionen auch weitgehend auf die grenzüberschreitende Einladung von Künstlern.

Die Geldgeber, das Patronat und Hauptsponsor Sparkasse stünden weiterhin fest zur ION. Und man habe in Nürnberg den großen Vorteil, schon in der Vorbereitung die verschiedenen Kirchenräume "zu fantastischen Konditionen" nutzen zu können.

Dorthin soll nun auch das Publikum zurückfinden. „Heimkehren“ lautet das diesjährige Festivalmotto und schafft einen mehrfachen Resonanzraum. Es erinnert an die erste Internationale Orgelwoche, die 1951 im noch zerstörten Nürnberg der Nachkriegszeit stattfand

Und das Musikfest ION will diesen Sommer thematisieren, wie sich die Menschen nach 15 Monaten Corona-Pandemie fühlen - und Angebote machen, damit sie sich in der Kirche beim Musikhören wieder geborgen fühlen können. „Wir wollen ein geistig-geistliches Lagerfeuer entfachen“, so ION-Dramaturg Oliver Geisler.

Auch für sie brachte das Pandemiejahr einiges an Entbehrungen: die Sopranistin Anna Prohaska.

Auch für sie brachte das Pandemiejahr einiges an Entbehrungen: die Sopranistin Anna Prohaska. © Foto: Harald Hoffmann

Beim Funkenschlagen hilft zum Auftakt ein veritabler Opernstar: Die Sopranistin Anna Prohaska wird das Festival am 25. Juni mit ihrem Bach-Programm "Erlösung" eröffnen - zusammen mit der Lautten Compagney Berlin. Solokantaten, Choräle und Instrumentalensembles skizzieren dabei einen musikalischen Parcours, der durch die Verlusterfahrungen der letzten Pandemiemonate führt.

Die „Orgel als Instrument des Jahres 2021“ steht im Zentrum von zwei Konzertabenden. Der Organist Martin Schmeding setzt sich im "Gerüstkunstwerk" der derzeit in Renovierung befindlichen Lorenzkirche unter dem Titel "Zuflucht und Aufbruch" mit Refugien, Utopien, realen wie geistigen Aufbrüchen auseinander und verwebt darin auch ION-Auftragswerke der Vergangenheit (26. Juni).

Die Musiker der Lautten Compagney Berlin scheinen auf diesem Foto auch noch auf der Suche zu sein. Aber bis zum Auftakt der 70. ION sollte ihnen das Bach-Programm, das sie dann spielen, den Weg weisen.  

Die Musiker der Lautten Compagney Berlin scheinen auf diesem Foto auch noch auf der Suche zu sein. Aber bis zum Auftakt der 70. ION sollte ihnen das Bach-Programm, das sie dann spielen, den Weg weisen.   © Foto: Ida Zenna

Bei dem Konzert „Orgel united – Neue Klänge für die Königin“ (1. Juli) wird das schier unerschöpfliche Potenzial dieses zentralen Instruments aus drei unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet: Organist Maximilian Schnaus wird bekannte Werke der Orgelliteratur frisch interpretieren und sie mit Zeitgenössischem konfrontieren. Das Duo Zia und der syrische Ney-Spieler Mohamad Fityan Klassiker steuern jazzige und folkloristische Klänge bei, das Trio Organ Explosion lässt den funky Sound der Hammond-Orgel aufleben.

Das Duo ZIA und der syrische Ney-Spieler Mohamad Fityan verbinden Orgel-Klänge, Jazz-Trompete und archaisch-folkloristische Klänge - im Konzert "Orgel united - Neue Klänge für die Königin".

Das Duo ZIA und der syrische Ney-Spieler Mohamad Fityan verbinden Orgel-Klänge, Jazz-Trompete und archaisch-folkloristische Klänge - im Konzert "Orgel united - Neue Klänge für die Königin". © Foto: Andy Zyra

Ein innovatives Mozart-Projekt ist nun komplett in den Online-Stream gewandert, vor allem aus praktischen Gründen. Denn es bindet so viele Mitwirkende und Equipment, dass allein dies schon den Auftrittsort Marthakirche füllt. Das rasch berühmt gewordene Eliot Quartett spielt Mozarts „Requiem“ in einer Fassung für Streichquartett, die Peter Lichtenthal (1778–1853) Anfang des 19. Jahrhunderts verfasst hat.

Dazu verwandelt der Lichtkünstler Laurenz Theinert Mozarts Musik mit Hilfe eines „visual pianos“ in strukturiertes Licht. (2. Juli). Die Veranstalter bezeichnen die Aufführung in all ihren emotionalen und spirituellen Tiefendimensionen als "die DNA eines Festivals für geistliche Musik" - und wollen sie deshalb im nächsten Jahr vor Live-Publikum wiederholen.

Einer der Vorgänger Puschkes bei der ION, der Komponist Wilfried Hiller, hat ein Oratorium komponiert. „Schöpfung“ heißt es, am 27. Juni wird es bei der ION erstmal in einem öffentlichen Rahmen aufgeführt. Im Titel echot natürlich Joseph Haydns „Die Schöpfung“. Das Libretto stammt von Stefan Ark Nitsche, dem ehemaligen Nürnberger Regionalbischof, und will Fragen nach Schuld und Verantwortung mit der Schöpfungsgeschichte verknüpfen (27. Juni).

Auf die Suche nach den "Wurzeln" - so der Konzerttitel - der Vokalkunst begibt sich Sjaella, ein Ensemble aus sechs Frauen, die zu den Jung-Stars der A-cappella-Szene zählen und Gesänge vom 17. bis zum 21. Jahrhundert präsentieren (28. Juni).

Wilfried Hiller zählt dank seiner Bühnenwerke für Familien, Kinder und Jugendliche ("Momo", "Das Traumfresserchen") zu den meistgespielten zeitgenössischen Komponisten Deutschlands. Beim 70. Musikfest ION wird der ehemalige künstlerische Leiter der ION sein Oratorium "Erlösung" präsentieren.

Wilfried Hiller zählt dank seiner Bühnenwerke für Familien, Kinder und Jugendliche ("Momo", "Das Traumfresserchen") zu den meistgespielten zeitgenössischen Komponisten Deutschlands. Beim 70. Musikfest ION wird der ehemalige künstlerische Leiter der ION sein Oratorium "Erlösung" präsentieren. © Foto: Astrid Ackermann

Ein richtiger Doppel-Geburtstag steht an, wenn die 70-jährige ION mit dem 75-jährigen Windsbacher Knabenchor feiert. Geplant sind Chor- und Orgelwerke von Mendelssohn Bartholdy und Poulenc, der Organist Martin Schiffel spielt Werke des langjährigen prägenden früheren ION-Leiters und Komponisten Werner Jacob (29. Juni). Dank der jüngst gelockerten bayerischen Pandemieregeln können die Windsbacher dann vielleicht in deutlich größerer Besetzung auftreten als mit den ursprünglich geplanten neun Stimmen.

Zum Abschluss lädt das Musikfest ION dreimal zu einem Open-Air-Konzert in den Kleinen Klosterhof des Germanischen Nationalmuseums. Puschke verspricht einen entspannten Musikgenuss unter freiem Himmel in sommerlicher Atmosphäre. Den Stoff dazu liefert das Leipziger Vokal-Ensemble Amarcord, das unter dem Titel "Nur wer die Sehnsucht kennt" Abendlieder, Liebeslieder und Nachtgesänge präsentiert.

So hat man Mozarts "Requiem" noch kaum gehört. Die vier Musikerinnen und Musiker des Eliot Quartetts spielen die weltberühmte Totenmesse in der Fassung für Streichquartett von Peter Lichtenthal (1778 - 1853).

So hat man Mozarts "Requiem" noch kaum gehört. Die vier Musikerinnen und Musiker des Eliot Quartetts spielen die weltberühmte Totenmesse in der Fassung für Streichquartett von Peter Lichtenthal (1778 - 1853). © Foto: Thomas Stimmel

Der Vorverkauf der coronabedingt reduzierten Kartenkontingente beginnt am 11. Juni. Auf ein Programmbuch wird dieses Jahr verzichtet. Alle Informationen hierzu, zu Karten, den Sitzplänen und aktuell geltenden Pandemieregeln gibt es unter www.musikfest-ion.de

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