ARD-Serie "Oktoberfest 1900": Nürnberger war erster Wiesn-Festwirt
23.9.2020, 10:22 UhrWild geht es zu in München um die Jahrhundertwende: Da wird gemordet, vergewaltigt, intrigiert und erpresst. Lynchjustiz, Sexorgien, dekadente Künstler – hier herrscht keine Moral. "Oktoberfest 1900" heißt eine sechsteilige TV-Mini-Serie, die derzeit im Ersten läuft – rechtzeitig zum Bieranstich, der am Samstag stattgefunden hätte.
Nürnberger Brauereibesitzer als Vorbild
Ausgerechnet ein Nürnberger Brauereibesitzer diente den Filmemachern als Vorlage für die Hauptrolle in dem spannenden Sittengemälde. Nicht umsonst nennt die "taz" dieses Fernseh-Highlight mit hochkarätigen Schauspielern und toller Filmmusik "Babylon München" – in Anlehnung an die Erfolgsserie "Babylon Berlin".
Mišel Matičević spielt an der Seite von Martina Gedeck und vielen anderen bekannten Darstellern den Nürnberger Bierbrauer Curt Prank. Das ist ein fiktiver Name. Der echte Nürnberger Großgastronom Georg Lang (1866 – 1904) hatte um die Jahrhundertwende nur ein Ziel: Er wollte die Wiesn revolutionieren, indem er statt kleiner Buden ein riesiges Festzelt für 6000 bierdurstige Menschen etablierte. Als "Krokodilwirt" ging er mit "Lang’s Riesenhalle" in die Annalen des Münchner Oktoberfestes ein. Es ist verbrieft, dass der Wirt über Strohmänner fünf Budenplätze auf der Wiesn ersteigern ließ. So ist es im Jubiläumskatalog "Das Oktoberfest 1810 – 2010" zu lesen.
"WirtshausWiesn" statt Oktoberfest: Wirte rüsten sich für Anstich
Auch wenn er sein eigenes Nürnberger Bier nicht ausschenken durfte, so betrieb er seine Halle, die ab 1903 den Namen "Augustiner Märzenburg" trug, erfolgreich. Im Film geht der Nürnberger Curt Prank im Kampf um einen Wiesn-Platz über Leichen. Seinen Festwirt-Konkurrenten lässt er beseitigen. Dessen Kopf wird später am Isar-Ufer angeschwemmt und von vermeintlichen Menschenfressern im Lendenschurz aufgespießt, die als exotische Schauobjekte für den Rummel aus der deutschen Kolonie Samoa nach Bayern verfrachtet worden waren. Die "Samoa in München" gab es tatsächlich um die Jahrhundertwende auf der Wiesn.
Zurück zu Georg Lang. Der war nicht nur der erste Franke mit Macht und Einfluss auf dem Oktoberfest. Er war auch ein leidenschaftlicher Trinklieder-Fan. In seinem Zelt spielte eine 40-köpfige Blaskapelle. Zum Mitsingen ließ er für die Gäste Texthefte verteilen, in denen auch "Ein Prosit, ein Prosit der Gemütlichkeit! Eins, zwei, drei – g’suffa" zu finden war. Seitdem ist kaum ein Bierfest ohne diese Sauf-Hymne denkbar. Übrigens ist auch der Titelsong der Serie "Wos übrig bleibt" von Dreiviertelblut hitverdächtig...
Ansonsten bietet der bildgewaltige, monumentale TV–Mehrteiler viel Fiktion – Liebe, Leidenschaft und Macht. Dass etwa die weiblichen Bedienungen anno dazumal streikten, um für besseren Lohn zu kämpfen, ist (leider) frei erfunden. Die "Biermadln" mussten nämlich auf dem Oktoberfest ausschließlich vom Trinkgeld leben.
Am Mittwoch sind die Teile 5 und 6 ab 20.15 Uhr im ARD zu sehen. Alle Folgen gibt es in der ARD-Mediathek.
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