Was treibt uns in Zukunft an?
13.7.2020, 16:48 UhrStrom
Geht es nach dem Willen der Politik, so sollen wir mit batterielektrischen Autos (BHEVs) in die Zukunft fahren und so die CO2-Problematik lösen helfen.
Vorteile: Elektroautos emittieren keine Stickoxide (NOx), haben nur ein geringfügiges Feinstaub-Problem (Reifen-, Bremsen- und Straßeabrieb), zudem verursachen sie niedrigere Betriebskosten als ein Verbrenner. Das Angebot an E-Autos und die Ladeinfrastruktur erweitern sich zusehends. Nie war es so günstig, an ein Elektrofahrzeug zu kommen: Die neue Innovationsprämie und der Herstellerbonus betragen in Summe 9480 Euro. Wer sich nicht an ein reines E-Mobil heranwagt, kann mit einem Plug-in-Hybrid in die Elektromobilität einsteigen.
Nachteile: Begrenzte Reichweite, eingeschränkte Langstreckentauglichkeit wegen der Ladestopps. Die CO2-Bilanz ist auch beim E-Auto nicht blütenweiß, hier zahlt die Batterieproduktion ein, und kommt der Strom nicht aus regenerativen Quellen, kann nur von lokal emissionsfreiem Fahren die Rede sein. Zudem ist die Rohstoffgewinnung für die Batterien sozial und ökologisch umstritten.
Wasserstoff
Die andere Form der Elektromobilität. In der Brennstoffzelle (Fuel Cell) reagiert der betankte Wasserstoff via umgekehrter Elektrolyse mit dem Sauerstoff aus der Luft, es entsteht Strom, der wiederum den Elektromotor antreibt.
Vorteile: Langstreckentauglich hohe Reichweiten, minutenschnelle Tankzeiten, an Emissionen entlässt ein Fuel-Cell-Fahrzeug nur Wasserdampf. Hohe Förderung analog zum batterieelektrischen Fahrzeug (BHEV). Auch deutsche Hersteller (Audi, BMW, Daimler) arbeiten inzwischen wieder verstärkt an der Brennstoffzelle. Die Initiative "Wasserstoff Brennstoffzelle Deutschland", in der neben den genannten Herstellern beispielsweise auch Toyota, Shell und Linde aktiv sind, will es bis 2023 deutschlandweit auf ein Netz von 400 Wasserstofftankstellen bringen.
Nachteile: Nur wenige und hochpreisige Brennstoffzellen-Autos im Markt (Hyundai Nexo, Toyota Mirai, jeweils knapp 80.000 Euro), dünnmaschige Infrastruktur – noch gibt es lediglich 84 Wasserstofftankstellen in Deutschland. Wasserstoff (H2) wird derzeit überwiegend aus Wasser und Erdgas (wiederum ein fossiles Produkt) gewonnen. Das Verfahren ist teuer und energieintensiv. Ökologisch interessanter ist die Alternative, H2 per Elektrolyse herzustellen, also durch Zugabe von Strom eine Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff herbeizuführen. Auch hier ergibt sich eine vorzeigbare CO2-Bilanz aber nur dann, wenn (überschüssiger) Ökostrom zum Einsatz kommt – der aber, wie Kritiker monieren, dann gleich direkt in ein BHEV fließen könnte. Auch die Brennstoffzelle selbst ist derzeit noch sehr teuer.
Erd- oder Flüssiggas
Sowohl Erdgas (CNG) als auch Flüssig- oder Autogas (LPG) gibt es seit langem als Antriebs-Alternativen, wirklich durchgesetzt haben sie sich aber nie. In beiden Fällen handelt es sich um fossile Energieträger. CNG stammt aus natürlichen Vorkommen, besteht hauptsächlich aus Methan und wird gasförmig bei etwa 200 bar Druck gespeichert. Flüssiggas ist ein Propan-Butan-Gemisch, das als Nebenprodukt in der Erdölraffinierie entsteht. Ein Kilogramm Erdgas besitzt den Energiegehalt von zwei Litern Flüssiggas, ist also effizienter.
CNG-Modelle werden hauptsächlich von den Marken des Volkswagen-Konzerns (VW, Seat, Skoda, Audi) und Fiat angeboten, LPG-Neuwagen von Fiat und Dacia. Die Fahrzeuge lassen sich bivalent betreiben, haben also noch einen kleinen Benzintank an Bord. Die LPG-Technik lässt sich verhältnismäßig einfach nachrüsten.
Vorteile: Verhältnismäßig saubere Verbrennung, zudem stoßen CNG-Autos etwa 25 Prozent und LPG-Fahrzeuge rund 15 Prozent weniger CO2 aus als ein vergleichbarer Benziner. Durch Beimischung von Biogas (idealerweise abfallstämmig) lässt sich bei CNG die Öko-Bilanz noch verbessern, zunehmend ist auch 100-prozentiges Biomethan zu tanken. Sowohl CNG als auch LPG werden steuerlich gefördert und sind somit günstiger als Benzin oder Diesel.
Nachteile: Deutschlandweit nur rund 850 CNG- und etwa 6300 LPG-Tankstellen. Begrenztes Neuwagenangebot. Die steuerliche Förderung wird in den kommenden Jahren sukzessive abgeschmolzen. Bei LPG sind die Produktionsbedingungen ökologisch umstritten.
Synthetische Kraftstoffe
An synthetischen Designer-Kraftstoffen wird seit Jahren gearbeitet. Zu unterscheiden ist zwischen Biosprit, der auf Mais, Raps, Weizen, Palmöl oder Bioabfällen basiert - und den sogenannten E-Fuels, die mithilfe von Strom aus Wasser und CO2 gewonnen werden.
Vorteile: Mit den sauber verbrennenden synthetischen Kraftstoffen ließen sich sowohl Benziner wie auch Diesel in gewohnter Manier betreiben, das bestehende Tankstellennetz könnte entsprechend genutzt werden. Idealerweise ergäbe sich eine ausgeglichene CO2-Bilanz. Schon heute kann synthetischer Sprit dem fossilen beigemischt werden.
Nachteile: Die Umwandlung von nachwachsenden Rohstoffen in Kraftstoff ist sozial und ökologisch fragwürdig – Lebensmittel im Tank, hoher Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen, Rodung von Wäldern sind hier die Stichworte. Gegen E-Fuels spricht derzeit noch der schlechte Wirkungsgrad. Grund sind die vielen Einzelschritte bei der Herstellung, die jeweils mit Energieverlusten verbunden sind: Zunächst wird Wasser per Elektrolyse – und sinnvollerweise unter Verwendung von Ökostrom - in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten, dem Wasserstoff wird dann Kohlendioxid (CO2) zugeführt, es entsteht ein synthetisches Öl, das schließlich aber noch in einer Raffinerie zu Diesel, Benzin, Kerosin oder Heizöl aufbereitet werden muss. Derzeit würde ein Liter synthetischer Kraftstoff etwa 4,50 Euro kosten, Experten halten bis 2030 einen Preis von 2,30 für möglich.
Oder doch Benzin und Diesel?
So fahren die meisten von uns heute, und so wird es wohl auch noch für geraume Zeit bleiben. Der Verbrennungsmotor, darin sind sich so gut wie alle Experten einig, hat noch lange nicht ausgedient.
Vorteile: Benzin und Diesel sind vergleichsweise günstig, schnell und unkompliziert zugetankt sowie weltweit über eine engmaschige Infrastruktur verfügbar. Entgegen vielfacher Kritik arbeiten Verbrennungsmotoren heute viel sauberer als früher: Schon 1984 wurde in Deutschland bleifreies Benzin eingeführt, im gleichen Jahr beschloss die Bundesregierung die Katalysator-Pflicht, längst sind Partikelfilter sowohl für Benziner als auch für Diesel vorgeschrieben, SCR-Katalysatoren und Harnstoffeinspritzung (AdBlue) haben beim Selbstzünder selbst das NOx-Problem gelöst.
Nachteile: Endliche Resourcen, keine komplett saubere Verbrennung und vor allem ein CO2-Problem, das sich – wie bei allen fossilen Brennstoffen – nicht wirklich lösen, sondern durch Verbrauchsreduzierung allenfalls minimieren lässt.
Ulla Ellmer