Bayreuther Festspiele im Sommer: Ein Ja mit Fragezeichen
21.4.2021, 16:35 UhrZiemlich genau drei Monate sind es noch bis zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele am 25. Juli. Seit Januar steht das Bekenntnis, das bedeutendste Klassikfestival der Welt trotz Corona stattfinden zu lassen.
Doch angesichts der immer noch grassierenden Pandemie mit Virusmutationen, drohender Infektionswellen und schleppender Impfkampagne sehen sich die Organisatoren rund um Festivalchefin Katharina Wagner weiterhin mit großen Fragezeichen konfrontiert.
Deshalb hat es jetzt vor allem psychologisch-symbolische Bedeutung, wenn der Bayreuther Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU) laut einem Bericht des Nordbayerischen Kuriers bekräftigt, dass die Festspiele in diesem Jahr stattfinden sollen.
Denn sowohl die Stadt Bayreuth als auch der Bund, der Freistaat und die Mäzenatenvereinigung „Freunde von Bayreuth“ als die für die Finanzierung der Festspiele Hauptverantwortlichen haben bereits im Winter bekräftigt, die in diesem Jahr zu erwartenden Mindereinnahmen aus dem Kartenverkauf auszugleichen.
Tatsächlich aber verbirgt sich hinter dieser Zusicherung ein enormes finanzielles Risiko. Dieses resultiert direkt aus dem Hauptproblem, das die Festspiele in diesem Sommer haben. Nach derzeitigem Stand der Pandemie ist es unmöglich zu sagen, vor wie vielen Zuschauern die Vorstellungen jeweils stattfinden können.
Drei Szenarien stehen im Raum: 900, 450 oder nur 200 Zuschauer pro Vorstellung (bei insgesamt 1937 Zuschauerplätzen).
Der Haken an der Sache: Bei der Zusicherung des finanziellen Ausgleichs gingen die Gesellschafter optimistisch – man könnte auch sagen: blauäugig – von der Höchstzahl 900 aus.
Hintertür bleibt offen
Deswegen lässt sich OB Ebersberger bei seiner Zusage jetzt noch deutlich eine Hintertür offen. Bei nur 450 zugelassenen Zuschauern könnte die Stadt die finanzielle Kompensation nur „schwerlich“ stemmen, bei 200, sagt er, „kriegen wir ein Vermittlungsproblem“. Neue Verhandlungen könnten dann notwendig werden, die „noch einmal alles“ in Frage stellen würden.
Konkret übersetzt heißt das, dass die Stadt Bayreuth wohl versuchen würde, die übrigen Geldgeber der Festspiele dazu zu bringen, einen höheren Anteil an der Kompensation zu übernehmen. Dabei ist noch nicht einmal gesagt, dass diese ihrerseits die dann ebenfalls notwendige Erhöhung ihres Anteils mittragen würden.
Andere Probleme der Stadt Bayreuth in Bezug auf die unklare Situation nehmen sich da vergleichsweise klein aus. Zum Beispiel die, dass man bei einer Festspieleröffnung vor 200 Zuschauern lediglich 21 Premierenkarten zur Verfügung hätte, um Prominente einzuladen. Schade, aber das ist eben der Preis der Pandemie. Auch zu Prinz Philips Beisetzung waren nur 30 Menschen zugelassen.
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Was die künstlerische Seite angeht, haben die Festspiele viel dafür getan, um die Unwägbarkeiten der Pandemie einzukalkulieren. Für die ansonsten ziemlich starren Bayreuther Verhältnisse wurde ein nie dagewesener „luftiger“ Spielplan veröffentlicht: mit der Neuinszenierung des „Fliegenden Holländers“, mit „Tannhäuser“ und „Die Meistersinger von Nürnberg“ setzte man nur drei Hauptwerke Richard Wagners auf den Spielplan.
Die Chöre bleiben draußen
Weiteres Novum: Die Chöre dieser Werke werden von der Bühne in den Chorsaal verbannt, Massenszenen übernehmen Statisten, das soll die Aerosol-Belastung senken.
Die eigentlich 2020 angesetzte und auf 2022 verschobene Neuinszenierung des „Ring des Nibelungen“ (Regie: Valentin Schwarz, musikalische Leitung: Pietari Inkinen) kompensiert man mit vier Projekten – drei Außenveranstaltungen und einer „Walküre“ von Aktionskünstler Hermann Nitsch. Darüber hinaus gibt es drei Konzerte.
So war es 2020: Absage der Bayreuther Festspiele sorgt für hohe Verluste
Derweil fährt man bei den Festspielen langsam den Betrieb in den Werkstätten und bei der Bühnentechnik hoch, macht erste Beleuchtungsproben. Ulrich Jagels, erst seit April als neuer Geschäftsführender Direktor der Festspiele im Amt, gibt sich optimistisch, hofft auf positive Wirkungen der Impfungen. „Ich erwarte, dass sich die Situation verbessert, je näher wir dem Sommer kommen, sagt er. Auch so kann man das „Prinzip Hoffnung“ formulieren.
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