Jüngste Gewinnerin der Festival-Geschichte
Berlinale 2023: Silberner Bär für die neunjährige Sofía Otero
26.2.2023, 10:30 UhrMit gerade einmal neun Jahren hat sie einen der wichtigsten Filmpreise gewonnen. Schauspielerin Sofía Otero ist mit einem Silbernen Bären der Berlinale ausgezeichnet worden. Im spanischen Coming-of-Age-Film "20.000 especies de abejas" ("20.000 Species of Bees") spielt sie ein Kind, das auf der Suche nach seiner geschlechtlichen Identität ist. Nun wurde Otero für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle geehrt.
Kuss vom Vater
Als ihr Name am Samstagabend in Berlin vorgelesen wurde, schlug sie sich die Hände vor dem Gesicht zusammen. Ihr Vater drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Auf der Bühne bedankte sich das Mädchen unter Tränen etwa beim Filmteam und bei seiner Familie - angefangen bei seinen Eltern bis hin zu seinen Tanten und Onkeln.
Nach Angaben der Berlinale ist Otero die jüngste Gewinnerin in der Geschichte des Festivals. Im Film spielt sie ein achtjähriges Kind. Von seiner Familie wird es beim männlichen Vornamen Aitor gerufen, aber das scheint sich nicht richtig anzufühlen. Während eines Sommerurlaubs im Baskenland vertraut sich das Kind einer Verwandten an. Und die Identitätssuche des Kindes wird zur Herausforderung für die ganze Familie.
Silberner Bär für "Roter Himmel"
Der Goldene Bär ging an den Dokumentarfilm "Sur l'Adamant" des französischen Regisseurs Nicolas Philibert. Der Film erzählt von einer Hilfseinrichtung für Menschen mit psychischen Problemen auf einem Schiff auf der Seine in Paris. Auch zwei Filme von deutschen Regisseuren wurden prämiert. So erhielt "Roter Himmel" von Christian Petzold den Großen Preis der Jury und damit einen Silbernen Bären. Und Filmemacherin Angela Schanelec wurde für ihre Ödipus-Adaption "Music" der Drehbuchpreis zugesprochen.
Die Österreicherin Thea Ehre erhielt den Silbernen Bären für die beste schauspielerische Leistung in einer Nebenrolle. Ehre spielt in Christoph Hochhäuslers Krimi "Bis ans Ende der Nacht" eine Transfrau, die mit einem Polizisten verdeckt im Drogenmilieu ermitteln soll. Diese Performance habe sie umgehauen, sagte Jury-Präsidentin Kristen Stewart in ihrer Laudatio. Als Stewart den Gewinnernamen nennen wollte, fand sie zunächst den Zettel nicht und musste lachen: "Wo ist unser Blatt?" Den Namen wusste sie aber auch auswendig.
Porträt von Puppenspielern
Der Franzose Philippe Garrel erhielt den Silbernen Bären für die beste Regie, in seinem Film "Le grand chariot" porträtiert er eine Puppenspielerfamilie. Der Preis der Jury ging an das Psychodrama "Mal Viver" des portugiesischen Regisseurs João Canijo, das von mehreren Frauen in einem alten Hotel erzählt. Die Kamerafrau Hélène Louvart wurde für eine herausragende künstlerische Leistung für das Drama "Disco Boy" geehrt. Franz Rogowski spielt darin einen Mann, der aus Belarus flieht und der französischen Fremdenlegion beitritt.
Die Berlinale zählt neben Cannes und Venedig zu den großen Filmfestivals. In den vergangenen Tagen waren unter anderem US-Regisseur Steven Spielberg, Schauspielerin Cate Blanchett und Hollywoodstar Anne Hathaway in Berlin. Während des Festivals war auch an den Krieg in der Ukraine und die Lage im Iran erinnert worden. Kulturstaatsministerin Claudia Roth gratulierte den Preisträgerinnen und Preisträgern - sie stünden für eine Filmkunst des Menschseins und der Menschlichkeit, der Herzen und der Hoffnung auf Freiheit und Selbstbestimmung.
Filmkunst der Menschlichkeit
Filmkunst der Menschlichkeit, das trifft auch auf den Gewinnerfilm "Sur l'Adamant" zu. Der Dokumentarfilm erzählt von einer ungewöhnlichen Tagesklinik in Paris - einer Hilfseinrichtung, die in einem schwimmenden Gebäude auf der Seine untergebracht ist. Hier finden psychisch Kranke stundenweise Aufmerksamkeit, Beschäftigung und Hilfe. Sie können an Workshops teilnehmen, an Kursen, oder auch einfach nur mit anderen reden.
Als bekanntgegeben wurde, dass sein Film den Goldenen Bären gewinnt, kam Philibert auf die Bühne und fragte: "Sind Sie verrückt oder was?" Er sei geehrt und stolz, sagte er. Im Film hätten sie nicht immer klar unterschieden zwischen Patienten und Menschen, die im Adamant arbeiteten. "Und das ist gut so." Er wolle das diskriminierende Bild ändern, das man von vermeintlich verrückten Leuten habe.
Er wolle auch zeigen, was uns trotz aller Unterschiedlichkeiten verbinde - so etwas wie eine gemeinsame Menschlichkeit, das Gefühl, Teil derselben Welt zu sein. "Wie wir alle wissen: Die verrücktesten Menschen sind nicht die, von denen wir es glauben."
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