Kino-Chef wehrt sich gegen 2Gplus

Corona: Cinecittà-Betreiber stellt Eilantrag und sieht krasse Ungleichbehandlung zur Gastronomie

3.12.2021, 17:28 Uhr
Wolfram Weber mit seiner Tochter und Mitgeschäftsführerin Laura Weber vor dem Nürnberger Cinecittà.

© e-arc-tmp-20201014_124837-1.jpg, NN Wolfram Weber mit seiner Tochter und Mitgeschäftsführerin Laura Weber vor dem Nürnberger Cinecittà.

Gerade noch 4309 Besucher zählte Cinecittà-Chef Wolfram Weber vom 24. bis 29. November. Bereits mit 2G hatten sich die Zahlen von 22 096 auf 10 221 halbiert. Mit dem „plus“, also dem Nachweis eines negativen Corona-Tests auch für Geimpfte und Genesene, ist für ihn die Schmerzgrenze überschritten.

Am Dienstag hat Weber beim Verwaltungsgericht in Ansbach einen Eilantrag auf Aufhebung der neuen Regel gestellt. Er sieht darin eine krasse Ungleichbehandlung gegenüber der Gastronomie, für die weiterhin und auch nach den jüngsten Beschlüssen der Bund-Länder-Konferenz 2G gilt. Sollte das Gericht dem Antrag stattgeben, würde die neue Regel für die Kinos bayernweit fallen. Mit einer Entscheidung rechnet Weber in der nächsten Woche.

Wie absurd die erneute Verschärfung der Corona-Auflagen ist, belegen laut Weber, der 2G sinnvoll und richtig fand („die Pandemie ist ja nicht vorbei“), auch die Test-Ergebnisse. Von den 812 Abstrichen, die am vergangenen Samstag im Testzentrum in der Kassenhalle des zum Multiplex gehörenden Cinemagnum gemacht wurden, seien nur zwei positiv gewesen, bei den im Haupthaus unter Aufsicht durchgeführten 145 Selbsttests kein einziger.

"Mega-Draufzahlgeschäft"

Restaurant-Gästen bleibt das Prozedere erspart. Die Folge: Seit dem 24. November muss bereits am Einlass des Cinecittà gefragt werden, ob der Besucher die Gastro nutzen oder einen Film sehen will. Für Weber steht jedoch fest: „Wenn man überhaupt von gefährlich sprechen kann, dann ist es die Gastronomie, wo die Menschen viel enger und ohne Maske zusammensitzen.“ In den mit modernsten Lüftungsanlagen ausgestatteten Kinos dagegen musste zuletzt trotz 2G wieder ein Mundnasenschutz getragen werden. Und jetzt 2Gplus.

Sollte es dabei bleiben, werde der Kinobetrieb zum „Mega-Draufzahlgeschäft“. Weber befürchtet, dann auch wieder Kurzarbeit einführen zu müssen. Dabei sei es extrem mühsam gewesen, den Mitarbeiterstab nach dem Lockdown wieder aufzubauen.

Anderen Kinos geht es genauso. Christian Ilg vom Babylon in Fürth zählte in der vergangenen Woche keine 30 Besucher. Er spricht von einem Desaster. Auch Matthias Damm vom Nürnberger Casablanca verzeichnet seit dem 24. November einen Rückgang von 80 Prozent. Hatte man zuvor 80 bis 120 Besucher an einem Tag, seien es jetzt noch rund 15.

Bei solchen Zahlen lohne sich der Betrieb nicht mehr. Da das von einem Verein getragene Kino mit vielen ehrenamtlichen Kräften arbeite, „werden wir aber so lange offenbleiben, wie wir dürfen“, sagt Damm mit Blick auf Sachsen, wo die Kinos wieder geschlossen wurden.

Das ist in Bayern noch nicht der Fall. Dafür werden den Kinos (wie dem gesamten Kulturbetrieb) Auflagen gemacht, die de facto einem Lockdown gleichkommen: Geimpft oder genesen plus Test plus Maske plus Abstand auch zwischen Freunden, wenn sie nicht im selben Haushalt wohnen, plus maximal 25 Prozent Auslastung (auf die man dabei sowie kaum kommt) – solche mit massivsten Besuchereinbrüchen einhergehenden Maßnahmen gibt es außer in Bayern nur noch in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern (wo 2Gplus aber auch für die Gastronomie gilt).

Ein echter Lockdown wäre Matthias Damm unter dieser Bedingungen sogar lieber. Doch müssten Bund und Land bei einer behördlich angeordneten Schließung wieder Corona-Hilfen auszahlen. Wer „freiwillig“ zumacht, bekommt dagegen nichts.

Warum es den Lichtspielhäusern im Vergleich zur Gastronomie so schwer gemacht wird, hat für Damm einen klaren Grund. „Die Ungleichbehandlung ist eklatant. Aber die Kinos haben im Gegensatz zum mächtigen Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband leider eine schlechte Lobby.“ Damm sieht durchaus Chancen für Webers Eilantrag. Sollte er erfolgreich sein, wäre es das erste Mal in Bayern, dass eine Corona-Maßnahme im Kulturbereich per Gerichtsentscheid rückgängig gemacht würde. Gastronomiebetreibern ist das schon häufiger gelungen.

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