Das sollten Sie lesen! Unsere Bücher des Monats Januar

4.1.2021, 18:28 Uhr
Joni Mitchell redet von ihrer Musik - und man hört gebannt zu. Ebenso nachvollziehbar, teils wie autobiografische Shortstorys, wirken ihre Rückblicke auf ihr Leben. Sie erzählt von der frühen Polio-Erkrankung, der schlechten Beziehung zur Mutter, die die Kunst der Tochter schier nicht wahrnahm, von ihrer Schwangerschaft und dem zur Adoption freigegebenen eigenen Kind, den Männern und Künstlerkollegen wie Leonard Cohen und Bob Dylan, von Nietzsche und dem Buddhismus. In dem Interviewband „Ich singe meine Sorgen und male mein Glück“ kommt man der Folklegende so nahe wie selten sonst (Kampa, 22 Euro). Birgit Nüchterlein
1 / 10

Joni Mitchell redet von ihrer Musik - und man hört gebannt zu. Ebenso nachvollziehbar, teils wie autobiografische Shortstorys, wirken ihre Rückblicke auf ihr Leben. Sie erzählt von der frühen Polio-Erkrankung, der schlechten Beziehung zur Mutter, die die Kunst der Tochter schier nicht wahrnahm, von ihrer Schwangerschaft und dem zur Adoption freigegebenen eigenen Kind, den Männern und Künstlerkollegen wie Leonard Cohen und Bob Dylan, von Nietzsche und dem Buddhismus. In dem Interviewband „Ich singe meine Sorgen und male mein Glück“ kommt man der Folklegende so nahe wie selten sonst (Kampa, 22 Euro). Birgit Nüchterlein © Kampa Verlag

Monika Maron (Jahrgang 1941)  legt Wert darauf, dass sie nicht zu harmlos wirkt: mit Ansichten, die jeden politisch-korrekten Pinkel auf die Palme bringen können. Mit ihrem neuen Buch, der Erzählung  "Bonnie Propeller", gibt sie sich versöhnlich. Maron berichtet, heiter und herzerwärmend, wie sie nach dem Tod ihres Riesenschnauzers Momo auf der Suche nach einem passenden Nachfolgehund war. Und auf eine unscheinbare Dackelhündin stieß, die so gar nicht nach ihrem Geschmack war: zu klein, zu krumm, zu unheroisch! Natürlich wird daraus noch die Liebe ihres Lebens...  (Hoffmann & Campe, 15 Euro). Wolf Ebersberger  
2 / 10

Monika Maron (Jahrgang 1941)  legt Wert darauf, dass sie nicht zu harmlos wirkt: mit Ansichten, die jeden politisch-korrekten Pinkel auf die Palme bringen können. Mit ihrem neuen Buch, der Erzählung  "Bonnie Propeller", gibt sie sich versöhnlich. Maron berichtet, heiter und herzerwärmend, wie sie nach dem Tod ihres Riesenschnauzers Momo auf der Suche nach einem passenden Nachfolgehund war. Und auf eine unscheinbare Dackelhündin stieß, die so gar nicht nach ihrem Geschmack war: zu klein, zu krumm, zu unheroisch! Natürlich wird daraus noch die Liebe ihres Lebens...  (Hoffmann & Campe, 15 Euro). Wolf Ebersberger
  © Verlag Hoffmann und Campe

Detailversessen und deshalb unbestechlich genau und chronologisch zeichnet Ulrich Weber das Leben des großen Friedrich Dürrenmatt in seiner neuen Biografie nach (Diogenes, 28 Euro). Vom Pfarrerssohn aus dem Emmental bis zum weltberühmten Dramatiker und Romancier war es ein weiter Weg: Weber, Kurator des Dichter-Nachlasses, weiß alles über ihn, analysiert die Texte, steuert zahlreiche Anekdoten bei und lässt vor allem den Dichter immer wieder selber in Zitaten über das eigene Leben und Werk resümieren. Ein bisschen viel Stoff vielleicht, für den Dürrenmatt-Fan aber sicher ein Muss!   Bernd Noack
3 / 10

Detailversessen und deshalb unbestechlich genau und chronologisch zeichnet Ulrich Weber das Leben des großen Friedrich Dürrenmatt in seiner neuen Biografie nach (Diogenes, 28 Euro). Vom Pfarrerssohn aus dem Emmental bis zum weltberühmten Dramatiker und Romancier war es ein weiter Weg: Weber, Kurator des Dichter-Nachlasses, weiß alles über ihn, analysiert die Texte, steuert zahlreiche Anekdoten bei und lässt vor allem den Dichter immer wieder selber in Zitaten über das eigene Leben und Werk resümieren. Ein bisschen viel Stoff vielleicht, für den Dürrenmatt-Fan aber sicher ein Muss!   Bernd Noack © Diogenes Verlag

Freilich: Wer will. kann auch die fette neue Biografie über Susan Sontag lesen, die gerade erschien. Viel vergnüglicher und in herrlichen Details genauso aussagekräftig ist "Sempre Susan", der pikante kleine Erinnerungsband, den Sigrid Nunez (mit "Der Freund" auch bei uns berühmt geworden)  schrieb. Da sieht man die New Yorker Essayistin und Erzählerin Sontag, ein akademischer Popstar der 60er und 70er Jahre, im Lodenmantel nach dem Taxi winken; die Subway ist ihr zu proletarisch, aber unter der Achsel klafft ein Loch. Typisch Bohème, gekocht hat sie ja auch nicht! Nunez half ihr beim Tippen von Briefen und verliebte sich dann in den Sohn Sontags, den diese wie ihren Augapfel hütete. Es konnte nicht gut enden... (Aufbau, 18 Euro). Wolf Ebersberger
4 / 10

Freilich: Wer will. kann auch die fette neue Biografie über Susan Sontag lesen, die gerade erschien. Viel vergnüglicher und in herrlichen Details genauso aussagekräftig ist "Sempre Susan", der pikante kleine Erinnerungsband, den Sigrid Nunez (mit "Der Freund" auch bei uns berühmt geworden)  schrieb. Da sieht man die New Yorker Essayistin und Erzählerin Sontag, ein akademischer Popstar der 60er und 70er Jahre, im Lodenmantel nach dem Taxi winken; die Subway ist ihr zu proletarisch, aber unter der Achsel klafft ein Loch. Typisch Bohème, gekocht hat sie ja auch nicht! Nunez half ihr beim Tippen von Briefen und verliebte sich dann in den Sohn Sontags, den diese wie ihren Augapfel hütete. Es konnte nicht gut enden... (Aufbau, 18 Euro). Wolf Ebersberger © Aufbau Verlag

In Nürnberg war er, damals noch Literaturstudent, mal für ein Autorenstipendium zu Gast. Mittlerweile hat Christopher Kloeble seine zweite Heimat in Indien gefunden und der britischen Kolonialzeit dort einen üppigen Entwicklungsroman gewidmet. "Das Museum der Welt" erzählt vom naseweisen Waisenjungen Bartholomäus, der 1854 die Brüder Schlagintweit – drei historisch verbürgte Forschungsreisende aus Bayern – auf ihrer Expedition begleitet und dabei nicht nur selbst zum Kulturforscher, sondern auch zum Rebellen wird. Bisweilen leidet die Glaubwürdigkeit durch akademische Betrachtungen des kindlichen Erzählers. Trotzdem: mit Leidenschaft recherchiert und mit Humor ausgeformt! (dtv, 24 Euro). Isabel Lauer
5 / 10

In Nürnberg war er, damals noch Literaturstudent, mal für ein Autorenstipendium zu Gast. Mittlerweile hat Christopher Kloeble seine zweite Heimat in Indien gefunden und der britischen Kolonialzeit dort einen üppigen Entwicklungsroman gewidmet. "Das Museum der Welt" erzählt vom naseweisen Waisenjungen Bartholomäus, der 1854 die Brüder Schlagintweit – drei historisch verbürgte Forschungsreisende aus Bayern – auf ihrer Expedition begleitet und dabei nicht nur selbst zum Kulturforscher, sondern auch zum Rebellen wird. Bisweilen leidet die Glaubwürdigkeit durch akademische Betrachtungen des kindlichen Erzählers. Trotzdem: mit Leidenschaft recherchiert und mit Humor ausgeformt! (dtv, 24 Euro). Isabel Lauer © dtv

Es gibt nicht viele Dichter in Deutschland, die aktuell so viel grimmige Schwärze mit melancholischem Nachklang aufladen wie Franz Dobler. Im kleinen Fürther Verlag Starfruit Publications ist jetzt, flankiert von den Schwarzweiß-Fotografien von Juliane Liebert, der prägnante Band "Ich will doch immer nur kriegen was ich haben will" erschienen. Kostprobe "Kafka und ich": "Auch ich kenne / den berühmten Satz von Kafka / Im Kino gewesen. Geweint. / Bei mir war es neulich / ein bisschen anders: / Im Theater gewesen: Eingeschlafen. / Es war nur ein Sekundenschlaf / und ich dachte: Zum Heulen / dass ich nirgendwo richtig schlafen kann."  Christian Mückl
6 / 10

Es gibt nicht viele Dichter in Deutschland, die aktuell so viel grimmige Schwärze mit melancholischem Nachklang aufladen wie Franz Dobler. Im kleinen Fürther Verlag Starfruit Publications ist jetzt, flankiert von den Schwarzweiß-Fotografien von Juliane Liebert, der prägnante Band "Ich will doch immer nur kriegen was ich haben will" erschienen. Kostprobe "Kafka und ich": "Auch ich kenne / den berühmten Satz von Kafka / Im Kino gewesen. Geweint. / Bei mir war es neulich / ein bisschen anders: / Im Theater gewesen: Eingeschlafen. / Es war nur ein Sekundenschlaf / und ich dachte: Zum Heulen / dass ich nirgendwo richtig schlafen kann."  Christian Mückl © Starfruit

Vom Vater her deutsch, von der Mutter englisch war die Südafrikanerin Olive Schreiner (1855-1920) nicht nur eine bedeutende Autorin ihrer Zeit, sondern auch eine höchst bewegte Frau, die als Pionierin für Rechte und Reformen kämpfte. Sie tat dies auch mit Romanen. Ihr Meisterwerk "Die Geschichte einer afrikanischen Farm" aber, 1883 erschienen und nun neu übersetzt, liest sich heute noch wunderbar:  als bewegendes, humorvolles und in den grotesken Momenten geradezu modernes Drama um drei junge Leute, die ihr Glück suchen. Aber wie weit bringt einen der Traum von Freiheit in der wüsten Landschaft der Karoo, unter Schafen und Straußen? (Manesse, 28 Euro). Wolf Ebersberger
7 / 10

Vom Vater her deutsch, von der Mutter englisch war die Südafrikanerin Olive Schreiner (1855-1920) nicht nur eine bedeutende Autorin ihrer Zeit, sondern auch eine höchst bewegte Frau, die als Pionierin für Rechte und Reformen kämpfte. Sie tat dies auch mit Romanen. Ihr Meisterwerk "Die Geschichte einer afrikanischen Farm" aber, 1883 erschienen und nun neu übersetzt, liest sich heute noch wunderbar:  als bewegendes, humorvolles und in den grotesken Momenten geradezu modernes Drama um drei junge Leute, die ihr Glück suchen. Aber wie weit bringt einen der Traum von Freiheit in der wüsten Landschaft der Karoo, unter Schafen und Straußen? (Manesse, 28 Euro). Wolf Ebersberger © Manesse

Dies ist ein Essay für Feinschmecker, die Erdbeeren im Januar für Frevel halten. Die japanische, in Frankreich lebende Schriftstellerin Ryoko Sekiguchi schreibt in "Nagori" über eine typisch japanisch-komplexe Sache: die Idee, dass der Wechsel der Jahreszeiten jedes Mal einen kleinen Tod bedeutet. In Japans Küchensprache heißen Naturprodukte am Anfang und Ende der Saison unterschiedlich, und der traditionelle Kalender umfasst sogar 72 Mini-Jahreszeiten. Mit seinem 24/7-Konsum von Lebensmitteln, so die These, ignoriert der Mensch nur feige die eigentlich großartige Melancholie des Lebens. Das Büchlein ist eine schöne Denkflucht für den von der Weltlage umtosten Kopf. (Matthes & Seitz, 18 Euro). Isabel Lauer
8 / 10

Dies ist ein Essay für Feinschmecker, die Erdbeeren im Januar für Frevel halten. Die japanische, in Frankreich lebende Schriftstellerin Ryoko Sekiguchi schreibt in "Nagori" über eine typisch japanisch-komplexe Sache: die Idee, dass der Wechsel der Jahreszeiten jedes Mal einen kleinen Tod bedeutet. In Japans Küchensprache heißen Naturprodukte am Anfang und Ende der Saison unterschiedlich, und der traditionelle Kalender umfasst sogar 72 Mini-Jahreszeiten. Mit seinem 24/7-Konsum von Lebensmitteln, so die These, ignoriert der Mensch nur feige die eigentlich großartige Melancholie des Lebens. Das Büchlein ist eine schöne Denkflucht für den von der Weltlage umtosten Kopf. (Matthes & Seitz, 18 Euro). Isabel Lauer © Verlag Matthes und Seitz

Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman „Der Leopard” über den Anbruch einer neuen Zeit auf Sizilien am Ende des 19. Jahrhunderts war und ist ein Welterfolg. Wer aber war der Mann, der diesen melancholisch-poetischen, opulenten Abgesang auf eine vergehende Welt des Großbürgertums schrieb? Steven Price widmet sich in seiner lesenswerten Spurensuche „Der letzte Prinz“ (Diogenes, 22 Euro) dem langsam ausklingenden Leben des Autors, in dem in den 50er Jahren erst das große Buch reift. Und Tomasi, von der Krise in Schaffenswut taumelnd, erscheint in der Erzählung beinahe selber wie eine Figur, die aus dem „Leopard“ entsprungen ist. Bernd Noack
9 / 10

Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman „Der Leopard” über den Anbruch einer neuen Zeit auf Sizilien am Ende des 19. Jahrhunderts war und ist ein Welterfolg. Wer aber war der Mann, der diesen melancholisch-poetischen, opulenten Abgesang auf eine vergehende Welt des Großbürgertums schrieb? Steven Price widmet sich in seiner lesenswerten Spurensuche „Der letzte Prinz“ (Diogenes, 22 Euro) dem langsam ausklingenden Leben des Autors, in dem in den 50er Jahren erst das große Buch reift. Und Tomasi, von der Krise in Schaffenswut taumelnd, erscheint in der Erzählung beinahe selber wie eine Figur, die aus dem „Leopard“ entsprungen ist. Bernd Noack © Diogenes Verlag

Donald Trump eine Schildkröte, die dank russischer Rollschuhe das Wettrennen gegen den Hasen gewinnt. Boris Johnson als böser Wolf, die Hexe aus "Hänsel und Gretel" als Gender-Aktivistin. In den "Gutenachtgeschichten, für alle, die sich vor Populisten gruseln" des englischen Zeitungsjournalisten Stuart Heritage geht es derb satirisch zu. Wie er in seinen umgedeuteten Märchen die Despoten, Brexit-Verzapfer und Brandstifter dieser Welt vorführt, ist tröstlich. Lieblingsgeschichte: Die Aufräumpäpstin Marie Kondo schießt sich selbst in den Weltraum, mit dem ganzen Müll, den die Menschheit ihretwegen auf den Wertstoffhof gab. Und die Moral von der Geschicht: keine tiefere, aber gute Unterhaltung! (Kiepenheuer & Witsch, 15 Euro). Isabel Lauer  
10 / 10

Donald Trump eine Schildkröte, die dank russischer Rollschuhe das Wettrennen gegen den Hasen gewinnt. Boris Johnson als böser Wolf, die Hexe aus "Hänsel und Gretel" als Gender-Aktivistin. In den "Gutenachtgeschichten, für alle, die sich vor Populisten gruseln" des englischen Zeitungsjournalisten Stuart Heritage geht es derb satirisch zu. Wie er in seinen umgedeuteten Märchen die Despoten, Brexit-Verzapfer und Brandstifter dieser Welt vorführt, ist tröstlich. Lieblingsgeschichte: Die Aufräumpäpstin Marie Kondo schießt sich selbst in den Weltraum, mit dem ganzen Müll, den die Menschheit ihretwegen auf den Wertstoffhof gab. Und die Moral von der Geschicht: keine tiefere, aber gute Unterhaltung! (Kiepenheuer & Witsch, 15 Euro). Isabel Lauer
  © dtv