Sauer auf Söder und Sibler
Klassik Open Air abgesagt: Orchester protestieren mit Offenem Brief
7.7.2021, 15:41 UhrIn der Nürnberger Kultur- und Klassikszene regt sich zunehmend Unmut über die Absage der beiden Klassik Open Air Konzert sowie des „Stars im Luitpoldhain“-Konzerts durch die Stadt Nürnberg Ende letzter Woche. Die Veranstaltungen hätten Ende Juli/Anfang August stattfinden sollen.
Die zweierlei Maß von Nürnberg und München
Die Vorstände der beiden betroffenen Orchester Staatsphilharmonie Nürnberg und Nürnberger Symphoniker haben ihre Enttäuschung und ihr Unverständnis über die Entscheidung nun in einem Offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder und Kunstminister Bernd Sibler (beide CSU) artikuliert.
Diese Absage stoße bei ihnen auf „absolutes Unverständnis“ formulieren die Orchestervorstände; die Klassik Open Airs würden nicht nur seit über 20 Jahren einen „krönenden Abschluss“ der Spielzeit bilden, sondern vor allem den sonst von der Politik und Gesellschaft immer wieder geforderten „niederschwelligen Zugang“ zur klassischen Musikkultur ermöglichen: Das Festival „verbindet Menschen aller Altersstufen, Nationalitäten und sozialen Schichten“, heißt es in dem Brief.
Kritik und Klage der beiden Orchester gipfeln in dem Satz: „Erneut diesem Fest der Musik beraubt zu werden, ist für uns eine niederschmetternde Erfahrung, denn es hindert uns nachhaltig, den lang ersehnten und dringend notwendigen Kontakt zu unserem Publikum wieder aufzubauen.“
Ursprünglich war für die Veranstaltungen ein Konzept vorgelegen, dass eine zehnprozentige Auslastung des Geländes vorgesehen hätte: 8000 statt der sonst üblichen 80.000 Zuschauer - außerdem waren Anmeldung und Platzzuweisung vorgesehen. Doch die zuständigen Gesundheitsbehörden hatten am Ende nur 1500 Zuschauer zugelassen - was in diesem Jahr das Aus für die beliebten Veranstaltungen bedeutete.
Klassik Open Air fällt auch diesen Sommer aus
In dem Offenen Brief werfen die Orchestervorstände der Bayerischen Staatsregierung vor, „mit zweierlei Maß“ zu messen und nennen als Beispiel die genehmigte 20-prozentige Zuschauer-Auslastung der Münchner Allianz-Arena während der Spiele der Fußball-EM. Auch ziehen sie als Vergleich die Open Air-Konzerte „Klassik am Odeonsplatz“ heran, die auf zwei Doppelvorstellungen und 8000 Menschen pro Konzert (entspricht sogar 25 Prozent Auslastung) verteilt werden.
Das finden die Verfasser des Offenen Briefs ungerecht. Sie fragen: „Ist die Mühe, eine individuelle Lösung auch für Nürnberg zu finden, zu groß? Sind wir zu weit von München entfernt, um in unserer Bedeutung als wichtig wahrgenommen zu werden? Ist die Gesellschaft derjenigen Menschen, die solche kulturellen Angebote nutzen, weniger wichtig als die Gesellschaft derjenigen, die gerne Fußball schauen?“
Babypause für Joana Mallwitz
Sie hätten sich von Söder und Sibler „einen größeren Einsatz für die Nürnberger Kultur“ und die Stadtbevölkerung erwartet, schreiben die Verfasser und schließen mit dem bitteren Fazit, dass die Lobby für Nürnberg offensichtlich nicht groß genug sei, um es „mit den großen Spielern in Sport und Kultur“ aufzunehmen.
Der Protest der Orchester zeigt offensichtlich Wirkung: Laut Bayerischem Rundfunk will Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) die Konzerte des Klassik Open Airs ins Fußballstadion verlegen.
Sport und Kultur dürften nicht auseinanderdividiert werden, sagte der CSU-Politiker mit Verweis auf die von der Staatsregierung angekündigte Möglichkeit, bald wieder Fußballveranstaltungen mit 20.000 Zuschauern zuzulassen. "Ich bin sehr erfinderisch. Dann verlegen wir das Klassik-Open-Air gerne ins Fußballstadion, weil wenn Fußballspiele stattfinden dürfen mit Zuschauern, kann auch ein Klassik-Open-Air stattfinden mit Zuschauern", so König.