Klimakatastrophe: Mit Frank Schätzing die Welt retten
22.4.2021, 12:42 UhrEs empört Frank Schätzing, dass das Virus derzeit alles okkupiert, sämtliche Fernsehnachrichten und Talkshows, die Zeitungen und die sozialen Medien. Er hofft aber auch, dass uns Corona zugleich die Augen öffnet: So schnell können wir den Boden unter den Füßen verlieren und die Welt aus den Fugen geraten lassen. Der Mann, der 2004 mit "Der Schwarm" einen Weltbestseller veröffentlichte, will seinen Fans und möglichst vielen anderen die Umwelt nahebringen. Frank Schätzing schwingt sich auf zum Weltretter.
Ganz ohne Thrill geht es natürlich nicht bei einem Thrillerautor. Er quält seine Leser mit Vorwürfen: Waren wir zu lange tatenlos? Ist es bereits zu spät? Und was wird in den nächsten Jahrzehnten auf der Erde geschehen? Wird sie bestehen bleiben? Oder wegfluten, austrocknen oder auseinanderfallen? Das müsse bedacht und geklärt werden.
Bruchstückhaftes Wissen
Schätzing hat die Hoffnung, dass die Menschen vernünftig werden. Die Menschheitsgeschichte stärkt diese Hoffnung eher nicht, aber jetzt müsste doch allen allmählich dämmern, dass es ernst sei.
"Was mir aufgefallen ist", schreibt der Autor: "Bei vielen Menschen liegen Wissensdefizite vor. Das Wissen ist nur bruchstückhaft vorhanden. Deswegen wird es auch nicht richtig zusammengesetzt und ergibt kein richtiges Bild. Das führt zu Ängsten, was wiederum das Gefühl erzeugt, dass man keine Gestaltungshoheit hat, denn man kann nur Dinge gestalten, von denen man etwas versteht."
Ein guter Ansatz, denn Schätzing hält fest an der Erkenntnis, dass der Mensch eine lernfähige und -bereite Spezies sei. Wir leben, sagt er, "in Zeiten, in denen wir gestaltungsmächtiger sind denn je."
Es folgen die Szenarien, spannend erzählt, fundiert und überlegt. Man brauche in der Bevölkerung bis zu 15 Prozent, die das Weltgeschehen in eine andere Richtung lenken wollen, heißt es. "Wenn dieser Sog groß genug ist, gehen die anderen sukzessive mit. Innerhalb weniger Jahre verändert sich alles. Das ist das, was wir erreichen müssen."
Alle können etwas tun
Die Botschaft: Wir können alle etwas tun, mithelfen, retten. Schätzing hilft in der ersten Hälfte des Buches mit weitverbreiteten Wissenslücken, die er füllen will. Was ist der Unterschied zwischen Wetter und Klima? Warum gibt es einen menschengemachten Klimawandel? Was sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse? Und wie können sie umgesetzt werden?
Dann geht der Autor aufs Ganze: Zwei Grad mehr an Erderwärmung bedeute großes Leiden. Drei oder vier Grad bezeichnet er als "die Hölle". Die Erde "wäre ein anderer Planet".
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Im zweiten Teil des Buches zeigt Schätzing die Möglichkeiten auf, die wir haben. Gebraucht werde der globale Schulterschluss, "der Super Green Deal". 1,5 Grad Erderwärmung ginge vielleicht gerade noch so. Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sollten laut Schätzing im Dreiklang stehen.
Ganz konkret aber: Strom nur von Ökoanbietern nehmen, die Kühlschranktür nicht zu oft öffnen und zu lange offenhalten. Fleischkonsum reduzieren, beim Zähneputzen nicht das Wasser laufen lassen.
Naturschutz gab’s schon früher, Ökologie nicht, Tierwohl wenig. Heute beschäftigt uns das Erdfieberthemometer, die Erde dürfe sich nicht weiter erwärmen – das Menschheitsthema derzeit.
Am Ende ist das Buch ganz rational. Weckruf ja, aber keine Panik. Sondern Klarheit. Es ist so einfach, was da vorgeschlagen wird. Und manchmal so schwer.
Frank Schätzing: Was, wenn wir einfach die Welt retten? Handeln in der Klimakrise. Kiepenheuer & Witsch, Köln, 336 S., 20 Euro.