Konkurrenz für Franken-Tatort: "Kommissarin Lucas" ermittelt in Nürnberg
19.12.2020, 05:54 UhrFrau Kriener, wie geht es Ihnen gerade als Schauspielerin im Lockdown?
Gut geht’s mir. Ich arbeite im Moment sowieso nicht, und wenn ich nicht drehe, bin ich zuhause in München. Daher habe ich gerade keinerlei Schwierigkeiten.
Ihre Kommissarin Ellen Lucas löst am 6. Februar ihren ersten Fall in Nürnberg. Warum sie in der fiktiven Welt des Krimis den Einsatzort wechselte, erfährt man andeutungsweise im Film. Was sind die realen Gründe dafür, dass man die Folgen von Regensburg nach Franken verlegt hat?
Kommissarin Lucas ist zwar eine sehr erfolgreiche Reihe, aber sie läuft immerhin schon seit 17 Jahren. Das ZDF-Team hat entschieden, dass es das Format moderner gestalten und die Erzählform auffrischen will. Das war eine tolle Herausforderung für uns, und jetzt habe ich das Gefühl, dass wir wirklich frischen Wind unter die Flügel bekommen haben.
In einem Interview aus dem vergangenen Jahr sagten Sie: "Regensburg ist meine Stadt!". Da dürfte Ihnen der Abschied nicht so leicht gefallen sein . . .
Das ist sicher so. Es ist mir schwergefallen, weil ich Regensburg sehr mag und auch schon mal privat mit meiner Familie hinfahre, um einfach durch die Straßen zu schlendern. Ja, ich hänge an der Stadt, aber natürlich war der Abschied von meinen Schauspiel-Kolleginnen und -Kollegen sicherlich am schmerzlichsten.
Das ist sehr gut nachvollziehbar. Aber wie ist denn Ihr erster Eindruck von Nürnberg?
Es ist eine Stadt, in der moderne Gegenwart und zwiespältige Geschichte aufeinanderprallen. Diese Brüche sind im Stadtbild sichtbar und für uns Filmer natürlich sehr reizvoll. Was mir erst mal für unsere Kommissarin gut gefällt: Nürnberg ist urbaner, die Stadt ist ja etwa dreimal so groß wie Regensburg, und das merkt man gleich. Das Pittoreske von Regensburg fehlt, aber das wird unseren neuen Fällen nur gut tun.
Sie treten als Ellen Lucas in direkte Konkurrenz zur ARD, sprich zu Felix Voss und Paula Ringelhahn aus dem Franken-"Tatort". Kommt man sich da nicht in die Quere?
Nein, überhaupt nicht. In München zum Beispiel werden auch parallel viele Krimi-Produktionen gedreht. Nürnberg ist eine große Stadt, da geht beides.
Schon in den Regensburger Fällen war viel von der Stadt zu sehen, das gilt nun auch für Nürnberg. Prägt der Drehort einen Film?
Ich finde schon. Als wir mit Kommissarin Lucas nach Regensburg kamen, hat sich unser Kameramann optisch total in die Stadt verliebt. Auf der anderen Seite überlegte er, was man in einer so kleinen hübschen Stadt erzählen soll: " So viele Morde können hier doch gar nicht passieren". Aber es hat trotzdem funktioniert.
Wissen Sie schon, wo sich Ellen Lucas in Nürnberg einrichten wird? Ich frage, weil Sie, Frau Kriener, laut meiner Recherchen ein Faible für Baumärkte haben sollen . . .
Nein, wo sie wohnen wird, weiß ich noch nicht. Aber es stimmt (lacht), ich mag Baumärkte in allen ihren Bereichen – Garten, Fliesen, Holz, Ordnungssysteme, Duschen, Lampen. Es gefällt mir, dort herumzustreifen und zu überlegen, wo ich zu Hause noch etwas ändern kann. Handwerklich bin ich nicht ungeschickt, sondern im Gegenteil familiär vorbelastet: Mein Vater war Elektriker.
Wir hätten da einen Baumarkt-Tipp für Nürnberg. Aber dazu nach dem Interview. Erstmal zurück zu Ellen Lucas: Sie spielen die Rolle seit 2003, also seit 17 Jahren. Wie nah kommt man da seiner Figur? Hat man sie auch mal satt?
Es gab Jahre, in denen ich das Gefühl hatte, mich zu wiederholen, dass ich diese Verhöre nicht mehr spielen mag. Da war so ein Überdruss. Aber in den vergangenen Jahren hat sich meine Haltung dazu vollkommen verändert. Es ist ein unglaubliches Privileg, eine Rolle so lange spielen zu dürfen und so viele Facetten von ihr ausprobieren zu können. Die Lucas kommt ja in immer neue Situationen und wird immer differenzierter. Inzwischen ist sie mir so nah, dass ich sie von einem Tag auf den anderen aus dem Hut zaubern kann.
Sicher hat es auch was, mit einer Figur zu altern. . .
Ja, unbedingt. Vor allem, weil man in der Öffentlichkeit und bei Fernsehsendern das Thema Alter nicht mehr scheut. Ellen Lucas ist eine ältere Frau, sie ist allein, bestimmte Dinge in ihrem Leben sind nicht gelungen. So wie wir jetzt damit umgehen und das zum Bestandteil der Rolle machen, bleibt es für mich ein Fest, die Lucas zu spielen.
Wie würden Sie Ellen Lucas’ Charakter beschreiben?
Als etwas raubeinig, introvertiert, als eine etwas distanzierte Frau. Sie hat keinerlei Angst, in Konflikte zu gehen, aber ihr fehlt ein bisschen die Diplomatie. Ihre Herzlichkeit muss man sich schon erarbeiten. Sie ist niemand, der sich leicht tut mit Kontakten.
Und wie würden Sie Ulrike Kriener beschreiben?
Als sehr offen, sehr interessiert, kontaktfreudig, manchmal unsicher, aber auch mit Selbstvertrauen gesegnet. Ich glaube, ich hab viel mehr Humor und bin alberner als die Lucas. Aber ich kann auch raubeinig sein.
Etliche Ihrer Kolleginnen und Kollegen, die im TV Kommissare spielten, sind ausgestiegen, weil sie nicht auf diese Rolle festgelegt werden wollten. Wie ist Ihre Haltung dazu?
Davor hatte ich nie Angst, auch weil ich parallel immer andere Rollen gespielt habe. Ich habe immer darauf geachtet, dass ich zum Beispiel in Komödien mitwirke oder mit anderen Themen beschäftigt war.
Apropos: Sie haben mit Doris Dörrie "Männer" und "Klimawechsel" gedreht. Hätten Sie Lust, mal wieder etwas mit ihr zu machen?
Auf jeden Fall. Da wäre ich sofort und mit fliegenden Fahnen dabei.
Im Programm der TV-Sender gibt es Krimis ohne Ende. Wie stehen Sie zu diesem Überfluss?
Es sind viele Krimis, da gebe ich Ihnen recht, aber ehrlich gesagt, wenn’s mir zu viele sind, mach ich einfach den Fernseher aus.
Und wann drehen Sie wieder in Nürnberg?
Im kommenden Frühjahr – wenn Corona es zulässt.
Info: Kommissarin Lucas ist seit 2003 in unregelmäßigen Abständen für das ZDF im Dienst. Schon in der Pilotfolge ließ sich die Titelfigur Ellen Lucas von Köln als Ermittlungsgruppenleiterin nach Regensburg versetzen. Bevor sie am 6. Februar in Nürnberg ihren ersten Kriminalfall klärt, wurden insgesamt 30 Folgen in der Oberpfalz gedreht. Als Gäste mit dabei waren unter anderem Heiner Lauterbach, Miroslav Nemec, August Zirner, Ronald Zehrfeld, Elmar Wepper und Hannelore Elsner. Solche Partner am Set sind der Hauptdarstellerin Ulrike Kriener wichtig.
Die erste fränkische "Kommissarin Lucas"-Folge, die schlicht den Titel "Nürnberg" trägt, beginnt mit einem Unfall, in den die Fahnderin gleich bei ihrer Ankunft mit ihrem Golf verwickelt ist. Im Kofferraum des beteiligten Fahrzeugs entdeckt Lucas eine Frauenleiche. Die Ermittlungen führen zu einer jungen Familie in prekären Verhältnissen, die nicht nur direkt mit dem Opfer verwandt ist, sondern deren Mitglieder allesamt als Täter infrage kommen.
Neben Ulrike Kriener und ihren neuen Kollegen Werner Fitz (Sebastian Schwarz) und Betty Sedlacek (Claudia Kottal) treten Heino Ferch als Polizeipsychologe und Katharina Schüttler als junge, überforderte Mutter auf. Regie führte Thomas Berger, das Drehbuch stammt von Christian Jeltsch. Im Vergleich zum Franken-"Tatort" kommt "Kommissarin Lucas" wenigstens in der ersten Folge ein ganzes Stück rauer daher. Das gilt auch für die Titelfigur. Gedreht wurde im Februar und März 2020 in München und Nürnberg, hier u. a. am Neuen Museum am Klarissenplatz, das als Polizeipräsidium dient. Außerdem am Heilig-Geist-Spital, in der Fürther Straße, an der Maxbrücke, am Altstadtring und an der Kaiserburg.
"Kommissarin Lucas – Nürnberg" läuft am Samstag, 6. Februar 2021, um 20.15 Uhr im ZDF, ab 5. Februar in der Mediathek.
Ulrike Kriener, geboren am 24. Dezember 1954 in Bottrop, zählt zu den beliebtesten deutschen Schauspielerinnen. Ihren Durchbruch schaffte sie zwischen Heiner Lauterbach und Uwe Ochsenknecht in Doris Dörries Erfolgskomödie "Männer". 2010 erhielt sie den Deutschen Fernsehpreis als Beste Schauspielerin für ihre Rolle in Dörries "Klimawechsel". Seit 2003 spielt sie die Titelfigur in der Samstags-Krimi-Reihe "Kommissarin Lucas" im ZDF. Zudem war Kriener, die in München lebt, im Fernseh-Mehrteiler "Die Gustloff" in der Regie von Josef Vilsmaier zu sehen.
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