Mehr Tempo, viel Witz: Fastnacht in Franken war ein Erfolg
22.2.2019, 23:00 UhrWer den Olymp der Heiterkeit einmal bis ganz nach oben erklommen hat, der hat‘s noch lange nicht geschafft. Humor und Klamauk sind leicht verderbliche Waren, die stets frisch gehalten werden müssen. Der Fastnacht-Verband Franken, der in Gestalt seines großen Aktivisten Bernhard Schlereth die Künstler für die Fernseh-Prunksitzung auswählt, muss sich vor den Faschingshochburgen in Köln oder Mainz nicht verstecken. Die fränkischen Narren - die Oberpfälzer mit eingeschlossen - haben Witz und Ideen, gute Musiker allemal. Das Bayerische Fernsehen weiß sie in Veitshöchheim mit großem Aufwand in Szene zu setzen.
Doch zeigten sich in den vergangenen Jahren Ermüdungserscheinungen im Programm; sexistische Sprüche nahmen zudem überhand, die vergangenes Jahr in dem überzogenen Auftritt der Altneihauser Feierwehrkapell‘n gipfelte. Der Altersunterschied des französischen Präsidentenpaares war plötzlich Thema, und Brigitte Macron wurde als "gut abgehang’ne Dame" und "schärfste alte Hütte" von Paris bezeichnet. Heuer legten die Brandstifter aus Windischeschenbach mit gebremstem Schaum vorm Mund los.
Sie hatten sich offenbar den Tipp des Büttenredner-Meisters Peter Kuhn von der Schwarzen Elf in Schweinfurt zu Herzen genommen, der ihnen als Sicherheitsbeauftragter im Blaumann ins Stammbuch reimte: "Ausrutscher lassen sich vermeiden/durch den Verzicht auf Schlüpfrigkeiten." Erfreulich wenige solcher Sprüche unter der Gürtelline waren diesmal zu hören. Zudem hatte die schräge Truppe ihren Platz als Rausschmeißer am Ende der Sendung räumen müssen und war ein Stück nach vorne gerutscht, mit mehr Musik statt liederlicher Worte. Auch das tat dem Abend gut.
Ein anderer, der deutlich zu spüren bekommen hatte, wie glitschig das Parkett in den Mainfrankensälen sein kann, ist der Erlanger Humorist Klaus Karl-Kraus. Nach einem verunglückten Auftritt beim Fernseh-Fasching im Jahr 2010 nahmen ihn Fastnacht-Verband Franken und BR nicht mehr ins Programm. Zuletzt aber war er wieder im Umfeld aktiv, kam bei der "Närrischen Weinprobe" zum Zug, die jährlich im Staatlichen Weingut unter der Würzburger Residenz aufgezeichnet wird. Nach neunjähriger Zwangspause kehrte der 67-Jährige jetzt furios zurück.
Sichtlich gerührter KKK
Schon bei der Generalprobe erhielt KKK für seinen temporeichen und witzigen Auftritt als katholischer Mesner, der in den Kirchenbänken so allerlei erlebt hat, stehenden Applaus vom Publikum. Das wiederholte sich bei der Live-Sendung. Sichtlich gerührt hüpfte der Erlanger vor Freude aus dem Saal, und Sitzungspräsident Bernd Händel kommentierte: "Berlin hat AKK, wir Franken haben KKK!"
Überhaupt der Saal: Er wird immer öfter zum Spielort, das tut der Show gut. Michl Müller, der "Dreggsagg aus der Rhön", vermied diesmal langatmige Bühnenpassagen, radelte während des Abends mehrfach als Paketzusteller durch die Reihen des Publikums und lieferte so manchem Politiker ein hübsches Päckchen ab. Auch Sebastian Reich tänzelte mit seiner bissigen Amanda wieder zwischen den Sitzreihen der Prominenz, die diesmal so zahlreich erschienen war wie kaum in einem Jahr zuvor. Das gesamte bayerische Kabinett war nach Unterfranken gereist. Und auch der Mix mit optischen Leckerbissen funktionierte.
Als Novum im deutschen Fernsehen wurde ein Tanzmariechen-Medley gepriesen. Zehn ehemalige Deutsche Meisterinnen im Karnevalistischen Tanzsport in den Jahren 1986 bis 2018 wirbelten zeitgleich über die Bühne. 22 Titel hatten die Sportlerinnen zusammen eingefahren. Das Entstauben und Straffen einzelner Nummern hat die Prunksitzung diesmal spritziger gemacht.
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