Mit der Spürnase einer Tatort-Schauspielerin: Lisa Bitter im Interview
28.12.2019, 17:20 Uhr![Lisa Bitter, als Tatort-Darstellerin Johanna Stern bekannt, ist bald in einer ARD-Verfilmung zu sehen. Lisa Bitter, als Tatort-Darstellerin Johanna Stern bekannt, ist bald in einer ARD-Verfilmung zu sehen.](https://images.nordbayern.de/image/contentid/policy:1.9676670:1577551019/image/e-arc-tmp-20191227_114537-1.jpg?f=16%3A9&h=816&m=FIT&w=1680&$p$f$h$m$w=7ff6f2a)
Lisa Bitter, 1984 in Erlangen geboren, wuchs in Herzogenaurach auf. Als Jugendliche wurde sie Süddeutsche Meisterin im Siebenkampf, war aber auch fasziniert vom Schauspielberuf. Sie gehörte zehn Jahre lang zum Ensemble des Staatsschauspiels Stuttgart. Parallel spielte sie in TV- und Kinofilmen. Seit 2014 gehört sie als LKA-Analytikerin Johanna Stern zum Ermittler-Team des Ludwigshafener "Tatorts".
Frau Bitter, im Sommer haben Sie gut vier Wochen lang in Wales gedreht. Die raue Natur dieses Landstrichs prägt den Film. Wie viel bekommt man denn bei so einem Dreh von der Umgebung mit?
Lisa Bitter: Ich habe relativ viel Zeit in Liverpool verbracht, weil dort die meisten Innenmotive gedreht wurden. Liverpool ist eine coole, junge Stadt mit einer Menge Geschichte, Gründungsstadt der Beatles, es gibt sehr viele tolle Museen, die Spaß machen. Ich habe mir dort oft ein Fahrrad ausgeliehen und die Stadt erkundet. In Wales habe ich neben den Dreharbeiten ausgedehnte Spaziergänge gemacht, die Natur vermittelt wirklich eine besondere Stimmung.
Sie spielen die Journalistin Jenna, eine kraftvolle junge Frau, die fest im Leben steht. Wie haben Sie sich dieser Rolle genähert?
Bitter: Die erste Annäherung an diese Figur ist mir nicht leicht gefallen. Als Schauspieler hat man ja eine gewisse Spürnase für Konflikte, Abgründe, Risse, Ungereimtheiten in einer Figur. Jenna ist, wie Sie sagen, eine stabile und selbstbewusste Person. Im Verlauf meiner Vorbereitung habe ich es dann total genossen, eine gesunde Figur zu spielen, die selbstständig ist, es gut schafft, sich um sich selbst zu kümmern, und autark durch die Geschichte geht.
Jenna hat eine gute Spürnase für interessante Geschichten. Und sie ist hartnäckig in der Recherche. Sind das Eigenschaften, die auch Lisa Bitter hat?
Bitter: Ja, ich denke schon. Wenn mich ein Thema begeistert, dann reicht es mir nicht, an der Oberfläche zu schürfen.
Im Studium hat es Sie angeblich geärgert, immer für Rollen besetzt zu werden, in denen Sie nett, niedlich und süß sein sollten. Jetzt sind Sie aus den Jungmädchen-Parts herausgewachsen. Geht es Ihnen nun besser mit selbstbewussten Frauen?
Bitter: Ja, je älter ich werde, desto interessanter werden diese Figuren für mich. Ein komplexer und ambivalenter Blick auf die Welt, auf Drehbuch-Inhalte und letztlich auf die Figuren gefällt mir.
Sie haben ja selbst mal Journalismus in Leipzig studiert, bevor Sie an die Schauspielschule gewechselt sind. Wäre der Journalismus aus heutiger Sicht eine Berufs-Option für Sie gewesen?
Bitter: Nein auf keinen Fall. Diese Informationsflut aus dem Internet, die Vernetzung der Welt, die Gleichzeitigkeit aller Ereignisse, das überfordert mich oft als Privatmensch. Ich bin froh, mich damit nicht beruflich auseinandersetzen zu müssen.
Es heißt, Ihr Plan sei gewesen, nach der Schule "in einem Labor zu verschwinden". Deshalb haben Sie zunächst in Düsseldorf Biologie studiert . . .
Bitter: Ich habe aber festgestellt, dass ein Beruf, der mit Routine und viel Sitzen zu tun gehabt hätte, auf Dauer das Falsche für mich gewesen wäre. Ich genieße das sehr in meinem Beruf, dass ich viel unterwegs bin, Landstriche kennenlerne, in die ich sonst nicht unbedingt gefahren wäre. Dass ich heute noch nicht weiß, wo ich übermorgen bin, das ist ein Gefühl, das ich sehr mag.
Was haben Ihre Eltern dazu gesagt, dass Sie gleich zweimal Ihr Studium abgebrochen und das Fach gewechselt haben?
Bitter: Das haben sie mit einiger Nervosität beobachtet und mich dennoch bestärkt, mir meinen Weg zu suchen. Und waren dann mit mir glücklich, dass ich das Richtige für mich gefunden habe.
Sie stammen aus Herzogenaurach, haben die letzten Jahre lange in Berlin gelebt, wohnen jetzt in München. Wie oft schaffen Sie es noch in Ihre fränkische Heimat?
Bitter: Ich hoffe doch sehr jetzt wieder öfter, seit ich in München lebe!
Vergessene Gefühle: Der Odenthal-"Tatort" im Check
In Ihrer Jugend waren Sie eine erfolgreiche Leichtathletin. Was haben Sport und Schauspielerei gemeinsam?
Bitter: Bei beiden Dinge spielt Adrenalin eine nicht unerhebliche Rolle. Man braucht die Fähigkeit sich zu fokussieren und zu konzentrieren, sowohl am Set als auch vor einem Hürdenlauf. Man kann seine Grenzen neu ausloten. Und Fairness spielt beim Sport, aber auch im Ensemble immer wieder eine Rolle.
Seit 2014 unterstützen Sie im SWR-"Tatort" als Johanna Stern die Ludwigshafener Ermittlerin Lena Odenthal. Ulrike Folkerts spielt diese Rolle seit nunmehr dreißig Jahren. Könnten Sie sich eine so lange "Tatort"-Dienstzeit auch für sich vorstellen?
Bitter: Es ist schon sehr besonders, was Ulrike da geschafft hat. Chapeau! Ich kann so was für mich überhaupt nicht denken, ich bin gerade mal zehn Jahre im Beruf, das ist ja grad mal ein Drittel an Dienstjahren. Was ich bei Ulrike so toll finde, ist, dass sie und ihre Rolle sich gemeinsam weiterentwickeln durften, und die Bücher konstant gut geblieben sind.
Jahrelang waren Sie Ensemble-Mitglied am Staatstheater Stuttgart. Zieht es Sie noch auf die Theaterbühne?
Bitter: Im Moment wüsste ich nicht, wann ich die Zeit zum Theaterspielen finden sollte. Das Drehen und das Theater sind so unterschiedlich organisiert, dass es schwer für mich wäre, diese beiden Felder zu vereinbaren.
Info
"Im Tal des Fuchses" läuft am Donnerstag, 2. Januar, um 20.15 Uhr im Ersten.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen