Vor 125 Jahren

Reich wurden nur wenige: Goldrausch am legendären Klondike River

5.11.2021, 14:51 Uhr
Nicht alle, die zum Klondike zogen, wollten Gold schürfen. Auch Glücksspiel und Prostitution gab es in Dawson City.

© imago images/ZUMA Press Nicht alle, die zum Klondike zogen, wollten Gold schürfen. Auch Glücksspiel und Prostitution gab es in Dawson City.

Am Rabbit Creek, der später in Bonanza Creek umbenannt wurde, hatte Carmack nahe dem Zusammenfluss von Klondike und Yukon mit seiner Frau, seinem Schwager und deren Cousin das Gold entdeckt. Shaaw Tláa war Indianerin vom Stamm der Tagish, Carmack nannte sie jedoch "Kate". Ihr Bruder Keish war auch als "Skookum" Jim Mason bekannt, der Cousin hieß Káa Goox, genannt "Tagish" Dawson Charlie.

Ob Kate beim Kaffeewasserholen oder Skookum beim Lachsfischen das Gold zuerst fanden, bleibt im Reich der Legenden. Offiziell wurde der Fund George Carmack zugeschrieben, der den "Discovery Claim" auf seinen Namen registrieren ließ. Die Gruppe einigte sich darauf, denn angesichts des vorherrschenden Rassismus' wäre die Anmeldung eines Claims von einem Indianer auf großen Widerstand gestoßen.

Ende des 19. Jahrhunderts herrschte in den USA eine schwere Wirtschaftskrise und die Meldung über den Fund rief zahlreiche "Stampeders", also Goldsucher, auf den Plan, selbst ihr Glück am Klondike zu suchen. Zuvor bestand ein reger Handel mit Pelzen, Tabak und Tee, Gold war nur in geringen Mengen gefunden worden. Obwohl es schon seit den 1850er Jahren Gerüchte über Goldfunde in der Region gegeben hatte. Ein Angestellter der "Hudson's Bay Company" erwähnte 1864 "Gold in größeren Mengen". 1894 lebten am Yukon mehr als 1000 Goldsucher, rund 250 von ihnen überwinterten hier sogar. Doch erst die Nachricht über Carmacks Glücksfund löste den Rausch aus.

Als Nugget bezeichnet man einen Goldklumpen, der auf natürliche Weise entstanden ist. Nuggets kommen in Seifen vor und sind normalerweise staub- oder korngross.

Als Nugget bezeichnet man einen Goldklumpen, der auf natürliche Weise entstanden ist. Nuggets kommen in Seifen vor und sind normalerweise staub- oder korngross. © Rolf Hayo/imago images

Beschwerliche Anreise

Die Neuigkeiten vom Goldfund sprachen sich im Tal des Yukon schnell herum. Eilig machten sich rund 25 Goldsucher vom Fortymile und Stewart River auf den Weg – noch bevor Carmack seinen Anspruch anmelden konnte. Fast ein Jahr lang blieben die wenigen Goldgräber bei ihrer Suche relativ ungestört.

Die Gegend war so abgelegen, dass die Kunde vom großen Goldfund erst Mitte Juli 1897 mit den Dampfschiffen "Excelsior" und "Portland" die US-Westküste erreichte. An Bord befanden sich einige der Goldsucher vom Klondike, die nach der Einfahrt in Seattle der jubelnden Menge ihre Schätze präsentierten. Unter der Schlagzeile "Gold! Gold! Gold! Gold! – 68 reiche Männer auf dem Dampfer Portland" berichtete die Zeitung Seattle Post-Intelligencer in der "Klondike-Ausgabe" über Funde im Wert von 700 000 Dollar (nach heutigem Wert etwa 22,5 Millionen Dollar/knapp 20 Millionen Euro). Sofort machten sich Tausende zum Klondike und Yukon River auf. Zunächst vor allem Goldgräber, auch Digger genannt, von der US-Westküste. Bald folgten aber ebenso Europäer, Asiaten und Australier dem Ruf des Goldes in die Eiswüste Alaskas.

Allein die Anfahrt zu den Goldfeldern war jedoch ein gewaltiges Abenteuer. Zunächst mussten die Glücksritter mit Dampfern nach Alaska fahren. Meist landeten sie in den Häfen von Skagway oder Dyea. Anschließend folgte ein beschwerlicher Marsch über Bergpässe zum "Lake Lindeman" oder "Lake Bennett". Der "White Pass" war schmal, glitschig und mit Schlamm verstopft, viele Packtiere blieben stecken, bis zu 3000 Pferde starben – was dem Weg den Namen "The Dead Horse Trail" einbrachte. Der "Chilkoot Trail" war zerklüftet, der gefrorene Hang mit 1500 aus Schnee und Eis gehauenen Stufen war als "goldene Treppe" bekannt – auf einer Länge von 800 Metern betrug der Höhenunterschied 300 Meter.

Da Tiere die steilen Klippen nicht meistern konnten, mussten die Männer ohne Hilfe mehrmals selber auf- und absteigen. Eine fast unmenschliche Aufgabe, denn auf den Passhöhen kontrollierte die "Royal Canadian North West Mounted Police" (die berittene Polizei Kanadas) die Grenze zwischen den USA und Kanada und ließ nur diejenigen passieren, die mit 500 Kilogramm Proviant einen ganzen Jahresvorrat mitführten. Ebenso schwer war noch einmal die Ausrüstung.

Die wenigsten Abenteurer wurden reich

Wer das geschafft hatte, musste den Winter 1897/98 an den Seen in Zelten verbringen. Hier warteten die Männer auf den Eisaufbruch im Mai, um auf Hundeschlitten oder mit selbstgebauten Booten durch gefährliche Stromschnellen des Yukon die knapp 800 Kilometer bis zur Boomtown Dawson City flussabwärts zu fahren. Die Reise dauerte drei Wochen, viele kehrten auf dem strapaziösen Weg um, einige bezahlten das Wagnis mit ihrem Leben.

Die wenigsten Abenteurer wurden reich, denn sie kamen viel zu spät – die bereits in der Region befindlichen Goldsucher hatten sich längst die besten Claims gesichert. Zu diesem Zeitpunkt hatte Carmack seine Schäfchen schon lange im Trockenen. Er lebte in Dawson City als wohlhabender Mann, der andere für sich arbeiten ließ. 1899 trennte sich Kate von ihm und er heiratete eine andere.

Die Goldgräberstadt Dawson war zwar erst 1896 gegründet worden, mit dem Goldrausch stieg die Zahl der Einwohner innerhalb von zwei Jahren auf über 40 000. Der große Klondike Goldrausch hatte die jahrtausendealte Stille der Region schlagartig verändert. In den kurzen Sommermonaten versank Dawson im Schlamm, Mücken quälten die Bewohner. Im Winter war es eiskalt und dunkel. Es mangelte an sanitären Einrichtungen, Krankheiten und Seuchen breiteten sich aus.

Doch nicht alle suchten nach Gold, rund die Hälfte der Bewohner bemühte sich nicht einmal um Schürfrechte. Viele fanden Beschäftigung in den zahlreichen Saloons, Hotels, Restaurants, Tanzlokalen, Wäschereien, Banken und Bordellen.

Glücksspiel und Prostitution wurden von der Verwaltung toleriert. Mord, Diebstahl und Schlägereien waren an der Tagesordnung, auch wenn das Tragen von Waffen untersagt war. Aber schon nach kurzer Zeit ging der Rausch zu Ende, denn Gold war hier kaum noch zu holen. Als 1899 im Örtchen Nome in Alaska Gold gefunden wurde, zogen viele dorthin. 1902 lebten nur noch 5000 Einwohner in Dawson.

Bis heute wurden im Klondike-Gebiet rund 570 Tonnen Gold gewonnen. Und das Schürfen geht weiter, statt Spitzhacken, Schaufeln und Goldwaschpfannen kommen nun Bagger, Raupen und automatische Goldwaschanlagen zum Einsatz.

Am "Discovery Claim" steht inzwischen ein Denkmal zu Ehren der Entdecker des ersten Klondike-Goldes um George Carmack. Übrigens: Seine Frau Kate bekam vom Reichtum ihres Mannes nichts ab. Bis zu ihrem Tod 1920 lebte sie von einer kleinen staatlichen Pension.

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