In Traumwelten

"Tatort" aus München: Der merkwürdigste Fall seit 30 Jahren

6.11.2021, 05:55 Uhr
 Ivo Batic (Miroslav Nemec, li.) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) fragen sich, wer den Flügel zerstört haben könnte.

© BR/NEUESUPER GmbH/Hendrik Heiden  Ivo Batic (Miroslav Nemec, li.) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) fragen sich, wer den Flügel zerstört haben könnte.

Die "Tatort"-Reihe ist offenbar im Kulturrausch: Nachdem vergangene Woche ein Mord in der Buchbranche zu ermitteln war, geht es diesmal in die Welt der Musik. Der klassischen Musik. Genauer gesagt in den Münchner Gasteig.

Dort, droben auf dem Dach des Kulturzentrums, hat die junge Geigerin Marina Eeden ihre Freundin und Konkurrentin Lucy Castaneder (Dorothée Neff) ermordet. Sagt sie. Glaubt sie. Sicher ist sie bei ihrem Geständnis, das sie im Kommissariat ablegt, nicht. Denn Marina ist Klarträumerin. Sie kann ihre Träume steuern, aber geträumte von realen Erinnerungen nicht mehr unterscheiden. Ein spannendes und weithin unbekanntes Thema, das "Dreams" (Sonntag 20.15 Uhr, ARD) da aufgreift.

Nirgends eine Leiche

Und ein Alptraum für die Ermittler: "Das ist der merkwürdigste Fall seit 30 Jahren", sagt Ivo Batic (Miroslav Nemec) zu seinem Kollegen Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl). Auf dem Dach des Gasteig finden sie tatsächlich Blut. Aber nirgends eine Leiche. Auch keine Verletzte. Lucy ist verschwunden.

Die Ermittlungen offenbaren die rüden Methoden, mit denen in der Orchesterwelt um Posten gerungen wird. Es geht um den Druck, den die Musiker oft nur mit "Doping" aushalten. Schließlich ist der Stresslevel von Orchestermitgliedern genauso hoch wie der von Formel-1-Piloten (dieser Satz war den Drehbuchautoren Johanna Thalmann und Moritz Binder so wichtig, dass er drei Mal wiederholt wird).

Kein Wunder, dass Sportler (Lucys Freund ist Profi-Turner) und Musiker zu ungewöhnlichen Methoden der Verbesserung greifen und versuchen, in einem Traumlabor die Zeit des Ruhens für Trainingszwecke zu nutzen. Leistungssteigerung im Schlaf sozusagen. Im Sport ist das tatsächlich schon eine Trainingsmaßnahme, der "Tatort" überträgt es auf den Bereich der Musik.

Für Regisseur Boris Kunz hat das den Charme, dass er raffiniert mit verschiedenen Realitätsebenen spielen kann. Das gilt auch für den Soundtrack. 130 Seiten Partitur hat Komponist David Reichelt geschrieben. Eingespielt wurden sie vom Münchner Rundfunkorchester. Ein "Tatort", der hörens- und sehenswert ist!

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