Unsere Tipps: Zehn neue Alben von Musikern aus Franken
10 Bilder 10.3.2021, 09:39 UhrLinda Rum „Ten Feet Tall I“ (EP)
Mit ihrer Band Punch & Nerves gewann Linda Rum 2009 die NN-Rockbühne so furios wie keine vor und keiner nach ihr. Leider hielt das strahlende Glück nur kurz: das Trio zerbrach, auch dem Folgeprojekt Linda And The Small Giants war ein schneller Tod bestimmt. Inzwischen lebt die Kirchenmusikerin und studierte Organistin in Hamburg, wo sie im Rahmen des berühmt-berüchtigten Popkurses neue musikalische Mitstreiter gefunden hat. Einen Vorgeschmack auf das erste Album gibt die EP „Ten Feet Tall I“ mit filigranem, ausgechecktem, verträumtem, bisweilen gefühlsdusseligem Folk- und IndiePop, wie man ihn von Linda Rum kennt. Wer sich die Zeit nimmt, hier reinzuhören und einzutauchen, wird nicht enttäuscht. (Eigenproduktion) gnad © Linda Rum
Me&Reas „Distancing“ (EP)
Mini-Alben liegen im Trend. Auch das Nürnberger Quartett Me&Reas hat die Pandemie genutzt, um eine Serie an EPs vorzulegen. „Distancing“ beschließt die Trilogie und macht nach „Isolace“ und „Quarantimes“ den Sack zu: Mit drei weiteren Liedern, die den traurigen Soundtrack zu vielen abgesagten Konzerten und den damit verbundenen Träumen und Hoffnungen liefern. Andreas Leopold Jäger und seine Bande haben einfach ein Händchen für unkomplizierte, kumpelhaft um die Ecke biegende IndiePop-Songs, die bei aller zelebrierten Leichtigkeit und Lebenslust stets mit der perfekten Prise Wehmut gewürzt sind. Auch „Alarm Clock“, „A Good One“ und „End vs. Start“ finden von ganz alleine den Weg übers Ohr ins Herz. (Uncle M) gnad © Uncle M
Andreas Feith & Markus Harm „What’s new?“
Gelb oder Leben? Ganz schön signalfarben ist das Albumcover der Jazzflaneure Andreas Feith und Markus Harm, verglichen damit, dass die Unterhaltung zwischen Piano und Saxophon wunderbar entschleunigt ausfällt. „What’s new?“ haben sie ihr Werk getauft, was einer Alltagsfrage auf der Straße gleicht, tatsächlich aber in fantastische Sphären führt. Nicht was einer sagt, wie er’s sagt, ist die Kunst. Feith wie Harm beherrschen die Improvisation so gut wie das flüchtige Spiel mit den Standards. Sie kitzeln in den Ohren, aber es tut gut. Finger- wie Lungenfertigkeit tragen zum Gelingen eines Albums bei, das besänftigt. „What’s new“? Dass sich in diesen Zeiten endlich mal welche jeglichen Aufreger sparen. (Rosenau Records) müc © Rosenau Records
Winni Wittkopp & Helmut Haberkamm „Derhamm bis Dordhinaus“
Untätig herumsitzen ist nichts für kreative Geister. Also hat der Erlanger Schauspieler und Musiker Winni Wittkopp in der aktuellen Zwangspause die Gitarre in die Hand genommen und 14 fränkische Mundart-Texte von Helmut Haberkamm mit Sound, Sentiment und der nötigen Frische versehen. Bassist Heinrich Filsner, Pianist Arne Unbehauen und Saxophonist Udo Schwendler leisteten ihm im Wohnzimmer Gesellschaft, wo das eingängige Album „Derhamm bis Dordhinaus“ entstand. Ohne Tamtam, dafür mit Herz und Bodenhaftung. Zwischen Blues, Folk, Swing und etwas Country trifft man auf Melancholie und Nachdenklichkeit, auf Witz und Nostalgie, den Tod und das Leben. Schöne Grüße an Fans und Liebhaber. (www.zachmeier.de) bin © www.zachmeier.de
Ilker Arcayürek „The Path of Life“
Zwischen 2015 und 2018 war der Österreicher Ilker Arcayürek Mitglied des Nürnberger Opernensembles, wo er mit seinem lyrischen Tenor unter anderem dem Rodolfo in „La Bohème“ seinen speziellen sängerischen Charme gab. In seiner jüngsten CD „The Path of Life“ beweist Arcayürek erneut sein Können bei der Interpretation von Schubert-Liedern. Angelehnt an den berühmten Zyklus „Winterreise“ hat er aus diversen Schubert-Liedern einen thematischen Parcours zusammengestellt, der von Liebe über Sehnsucht bis zu Resignation und Erlösung führt. Dieser rote Faden überzeugt; vor allem aber begeistert Arcayüreks so vitaler wie reflektierter Gesang, dem Pianist Simon Lepper gehörigen rhythmischen Antrieb verleiht. (Prospero / Note 1 Musikvertrieb) th © Prospero
Gerd Schaller „Bruckner 9 for organ“
Vor wenigen Jahren hat der Ebracher Dirigent, Organist und Bruckner-Experte Gerd Schaller eine kompositorische Expedition in das Hochgebirge der 9. Sinfonie Anton Bruckners unternommen und deren unvollendet gebliebenes Finale komplettiert – und reiht sich damit in eine Handvoll Wagemutiger ein, die das Fragmenarische nicht ruhen ließ. Diese neue Fassung hat Schaller auch für Orgel bearbeitet und nun auf der Eisenbarth-Orgel in Ebrach eingespielt. Die CD „Bruckner 9 for organ“ besticht durch schlanke und sinnfällige harmonische Strukturen und eine transzendente, nicht zu emotionale Klangdramaturgie. Für Bruckner-Freunde und Orgelfans sicherlich ein lohnenswerter Beitrag zum Œuvre des Sinfonikers aus St. Florian. (Edition Günter Hänssler) th © Edition Günter Hänssler
Schubsen „Sprachfetzen“ (EP)
Von jetzt auf gleich avancierte die Nürnberger Indie-/PostPunk-Kapelle Schubsen zu Everybody’s Darling. Kein Wunder, spielt, lebt und zelebriert der in der Hersbrucker Schule verwurzelte Vierer exakt den Sound der Stunde: angedüsterter, noise-lastiger Punk à la Turbostaat oder auch alte Fehlfarben. Mit der EP „Sprachfetzen“ legt die Kapelle nun ihre dritte Veröffentlichung vor. Auf dem Minialbum (sechs Songs) geht es um Sprache als Machtinstrument. Musikalisch hört man der doch recht kopflastigen Truppe an, dass ihr die Lieder diesmal recht geschmeidig von der Hand gegangen sind: Der dunklen Grundierung zum Trotz klingt die Scheibe sehr frisch und flott. Live (möglicherweise) am 29. April im Z-Bau. (Swing Deluxe Records) gnad © Swing Deluxe Records
Neue Nürnberger Rathsmusik feat. Martin Ellrodt „Im Reich der Schatten“
Die Neue Nürnberger Rathsmusik zählt seit 2005 zu den profilierten Ensembles der Barockmusik. Zusammen mit dem Erzähler Martin Ellrodt, der Sopranistin Corinna Schreiter und dem Countertenor Yosemeh Adjei haben die Musiker im Neumarkter Reitstadel eine so schlichte wie schlüssige Version von Glucks Oper „Orfeo ed Euridice“ aufgenommen. Ohne Chor und Rezitative, stattdessen mit Ellrodts Worten als rotem Faden durch die Unterwelt. „Im Reich der Schatten“ heißt das Projekt, das in den letzten beiden Sommern im Schwanhäußer Park, einem letzten großen Privatpark in der Nordstadt, aufgeführt wurde. Dort haben Konzerte im kleinen, aber schönen Rahmen schon längere Zeit Tradition. Diese CD macht Lust auf mehr. (Coviello Classics) th © Coviello Classics
Crispy Jones „12“
Nachdem zuletzt sein Kindermusik-Projekt Frisbi Jones im Vordergrund stand, meldet sich Christian Prauschke in seiner Stammrolle als Ukulelen-Schorsch Crispy Jones zurück. Der umtriebige Punkrock-Barde an der niedlichen Viersaitigen hat Grund zum Feiern: Seit zwölf Jahren gibt es Crispy Jones als Solokünstler und Bandprojekt. Folgerichtig heißt das neue Album „12“. Die neun neuen, gewohnt kurz und knackigen Eigenkompositionen rangieren wie gewohnt im Spannungsfeld von Punkrock, Rock’n’Roll, Country und Surf und versprühen allerbeste Laune. Um das Presse-Info zu zitieren: „Klingt wie Toast-Hawaii nur lauter“. Entstanden ist die Platte gemeinsam mit Peter Pathos (ex-Fiddlers Green). (Wolverine Records) gnad © Wolverine Records
Stefan Ebertsch & Klaus Jäckle „Zwischen Rembetiko und Moderne“
Den Weißenburger Stefan Ebertsch kennt man als vielseitigen Schriftsteller, Hörspielmacher und Initiator experimenteller Heimatabende. Im Alter hat der studierte Physiker wieder zur Gitarre zurückgefunden, die ihn seit Kindheitstagen begleitet – und nun seine ersten Kompositionen veröffentlicht. Die CD „Zwischen Rembetiko und Moderne“ versammelt 30 Miniaturen für Gitarre aus Ebertschs Feder, die der Nürnberger Gitarrist Klaus Jäckle kongenial interpretiert. Die ersten Stücke halten sich an die Tradition des „griechischen Blues“, nach hinten raus öffnet sich das Album dann mehr und mehr der Klassik, dem Jazz und der Moderne. 5 Euro von jeder CD gehen an das Avicenna Kultur- und Hilfswerk in Griechenland. (Kontakt: Stefan.Ebertsch@gmx.de) gnad © Eigenproduktion