Zweite Staffel startet
Wer zuletzt lacht, der gewinnt: Klaas Heufer-Umlauf über die Comedy-Serie "LOL: Last One Laughing"
27.9.2021, 11:53 UhrNach dem großen Erfolg der ersten Staffel der Comedy-Serie „LOL: Last One Laughing“ folgt nun der Nachschub. Das Konzept der Show wurde beibehalten: Zehn renommierte deutsche Spaßmacher – unter ihnen Bastian Pastewka, Martina Hill und Annette Frier – verbringen gemeinsam sechs Stunden in einem behaglichen Studio und versuchen sich gegenseitig ein Lächeln zu entlocken. Wer bis zum Schluss ernste Miene zum komischen Spiel macht, ist der Sieger. Im Hintergrund wacht Michael Bully Herbig akribisch über die Mimik der Probanden. Staffel 2 startet am 1. Oktober bei Amazon Prime Video. Mit an Bord ist auch der umtriebige Moderator, Schauspieler, Musiker und Produzent Klaas Heufer-Umlauf („Das Duell um die Welt“). Ein Gespräch.
Herr Heufer-Umlauf, im Gegensatz zu Ihren Mitspielern sind Sie kein hauptberuflicher Comedian. War das ein Vor- oder ein Nachteil?
Das habe ich mich auch gefragt. Das Problem ist, dass mich das dann auch mehr zum Publikum macht. Was in dieser Sendung natürlich scheiße ist, weil ich eher für die Kunst der anderen empfänglich bin. Wenn man selbst ein klassischer Comedian ist, ahnt man vielleicht schon die eine oder andere Pointe. Oder man ist ein bisschen mehr auf der Hut, was jetzt gleich kommen könnte. Wenn man von einer Pointe nicht überrascht wird, dann ist es auch leicht, nicht zu lachen. Das Problem ist, wenn einen ein Gag kalt erwischt, wenn man ihn wirklich nicht kommen sieht. Dann ist die Gefahr groß, dass man loslacht, weil das irgendwie im Affekt passiert. Ich habe mich wie so ein Wildcard-Gewinner gefühlt, der da mitmachen darf. Wie ein Zuschauer, der die anderen bei der Arbeit beobachtet.
Geheimagenten werden zum Beispiel beim Mossad dazu ausgebildet, Folter ertragen zu können. Kann man auch das Nicht-Lachen trainieren?
Naja, grundsätzlich kommt das Arbeiten fürs Fernsehen so einer Anti-Folter-Ausbildung beim Mossad wahrscheinlich ungefähr gleich. Man geht ja schon geschädigt in so ein Experiment hinein, wenn man lange im Fernsehen gearbeitet hat. Das heißt: Man ist Leid gewohnt und leidgeprüft. Man denkt, dass man eigentlich schon alles gesehen hat und hat auch keine Gefühle mehr. Eben wie ganz normale Leute, die beim Fernsehen arbeiten. Man erwischt sich dann aber dabei - und das ist vielleicht auch der Überraschungseffekt beim Zuschauer - dass dann hier und da, hinter den toten Augen der Fernsehzombies, ein wenig Mensch aufblitzt. Das ist der Moment, in dem man dann überraschend doch lacht. Und so ging es mir auch.
Sind Sie leicht zu erheitern?
Ich bin mir nicht sicher. Ich habe eine Zeit lang in Köln gewohnt und da fand ich es anstrengend, dass dort oft Leute gelacht haben, weil sie so lebensfroh waren. Aus so einer Glücklichkeit heraus. Das war wiederum nicht so mein Ding. Ich finde schon, dass man warten muss, bis etwas witzig ist oder sich jemand verletzt. Also bis man wirklich einen Grund hat, zu lachen. Und nicht einfach nur, weil man so wahnsinnig gut drauf ist. Diese soziale Komponente des Lachens fehlt mir. Insofern besteht bei mir nicht die Gefahr, dass ich zwischendurch einfach so aus Nettigkeit lache.
Armin Laschet hat ein Lachen zur falschen Zeit womöglich die Kanzlerschaft gekostet. Wenig später wurde moniert, dass die Kanzlerin im Kino gelacht hat, während die Taliban in Kabul einmarschiert sind. Müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht auch noch beim Lachen Beschränkungen auferlegen?
Wenn man Kanzlerkandidat ist, dann muss man aufpassen. Für eine bestimmte Atmosphäre oder Haltung, die man ausstrahlt, gibt es sicherlich den richtigen und den nicht so optimalen Platz. Ich finde es nicht richtig, jemandem wie Armin Laschet zu unterstellen, dass er das alles da brüllend komisch gefunden hat. Dass er sich darüber totlacht: „Guck mal, da schwimmt ein Kühlschrank!“. Das wird nicht der Auslöser für den Lacher gewesen sein. Dennoch erwarte ich von einem Staatsmann, dass er sich des Parketts bewusst ist, auf dem er sich gerade bewegt. Es gibt ja noch andere Situationen, in denen ich das Gefühl habe, man sollte seine Außenwirkung im Griff haben. Diplomatisch pikante Situationen, in denen man sendungsbewusst mit sich und seiner Außenwirkung umgehen sollte. Insofern ist das eigentlich eher ein Manko an dem grundsätzlichen Verständnis: „Wie wirke ich als Staatsmann?“. Das kann man kritisieren, finde ich. Ihm unterzuschieben, dass er das da witzig gefunden hat, ist natürlich Quatsch. Aber es hat kein staatsmännisches Format, sich so gehen zu lassen.
Fühlte sich Michael Herbig in der Rolle der Petze sichtlich wohl oder hatte er auch Mitleid?
Also Mitleid hat der nicht. Der hat Spaß, warum denn auch nicht? Der macht ja auch kein Geheimnis draus, sondern er sagt, was er denkt. Das sieht man dann eben auch. Es gab ja diesen Film, „Menace II Society“, da wird im O-Ton über diese ganzen Gangster geredet. Von einem älteren Typen heißt es: „Dieser Gangster, der war so kriminell, dem macht es schon Spaß, anderen dabei zu zuschauen, wie sie Scheiße bauen. Das reicht dem schon.“ Ich denke, Bully hat dieses Comedy-Game durchgespielt und ist der unangefochtene König. Es wird auch jeder so bestätigen, dass an Bully kein Rankommen ist. Und ich finde, der darf auch über uns lachen. Das ist okay.
Inwiefern war der Dreh für Sie eine psychologische Feldstudie in punkto Neurosen und Eitelkeiten der Kollegen?
Da jetzt Psychopathen aufzuspüren, ist ein bisschen wie Fische aus einem Fass zu angeln, weil man ja weiß, wo man sich da reinbegibt. Da nehme ich mich gar nicht aus. Wenn wir nicht alle irgendwie Persönlichkeitsprobleme hätten, dann würden wir ja nicht diese Jobs machen. Ich habe den Eindruck, dass die Menschen, die wir dort hatten, sich dessen sowohl privat als auch in so einem Format bewusst sind. Das hat es so angenehm gemacht, die Zeit dort zu verbringen. Sobald man über sich selber und über diese Dinge Bescheid weiß, kann man das auch limitieren und begrenzen, an- und ausschalten. Man weiß dann eben auch, wann der eigene, natürliche Drang zum Licht nicht so gefordert ist. In so einer Show geht es genau darum. Ich als Zuschauer bin total glücklich, dass es Menschen gibt, die ein Mittelpunkts-Bedürfnis haben und aus diesem Bedürfnis heraus etwas machen, was mich unterhält. Das ist die Grundlage von aller Unterhaltung. Insofern finde ich das gut, dass man da Persönlichkeiten hat, die exaltiert und nach außen funktionieren.
Die Sendung gibt sich große Mühe zu zeigen, dass man seine Gegner erst an Ort und Stelle kennenlernt. In Staffel 2 gibt es einen Hinweis darauf, dass jemand zumindest eine Ahnung hatte…
Man bemüht sich darum, alles geheim zu halten. Aber es ist auch immer eine Frage der eigenen Disziplin, ob man es wirklich schafft. Es ist ein bisschen so wie beim „Duell um die Welt“. Wenn man jetzt hier bei uns in der Firma alle Schubladen aufreißt, irgendwelche Emails anguckt und sich Gespräche aktiv anhört, die vielleicht nicht für einen bestimmt sind, dann wird man schon herauskriegen, was wir in Brasilien drehen. Aber es hängt eben mit der eigenen Disziplin zusammen, das gar nicht wissen zu wollen. Ich glaube, die meisten wurden überrascht. Aber so groß ist unsere Szene der Prominenten dann auch nicht, dass man so gar nichts erfährt - trotz der Vereinbarung, alles geheim zu halten. Bis auf einen, den ich geahnt habe, war ich wirklich sehr überrascht. Ansonsten war ich mir sicher, dass ein paar aus der ersten Staffel dabei sind, das hatte ich gehört. Aber wer und wie genau, das wusste ich alles nicht. Weil ich das so wollte. Weil ich dachte, das ist ein guter Moment.
Wie ist Ihr Bedürfnis gereift, Menschen zu unterhalten und zum Lachen zu bringen?
Ich war jetzt nicht der typische Klassenclown, der immer dazwischengeredet hat. Aber ich glaube, man versucht immer den Sachen nachzueifern, die einen selbst begeistern. Ich kann mir vorstellen, wenn ein Sechsjähriger einen Fußballer sieht, der ein Wahnsinnstor schießt und denkt: „Das löst in mir so ein Glück aus, wenn ich das sehe! Da schießen mir die Tränen in die Augen. Das will ich auch mal machen.“ Und der dann daraufhin alles in seinem Leben bewusst oder unterbewusst darauf ausrichtet, irgendwann derjenige zu sein, der das Tor schießt. Ob man das nun mitkriegt oder nicht, aber irgendwie zieht es einen dahin. Oder wenn man mit fünf mit seinem Opa in der Werkstatt steht, der da irgendwas baut und man denkt: „Das ist geil, das will ich auch können.“ Und irgendwann, 20 Jahre später, steht man selbst da und hat auch etwas entwickelt. So ähnlich war das bei mir auch. Ich hätte vom Fernsehen und den Menschen, die Fernsehen machen, nicht begeisterter sein können. Ich habe das gesehen und mit fünf, sechs Jahren wusste ich, dass ich das auch mal machen will, was dieser Opa mit dem goldenen Mikrofon da macht.
Sind Sie im wahren Leben ebenso schlagfertig wie in Ihrem Beruf oder fällt Ihnen die richtige Antwort auf eine blöde Anmache auch immer erst hinterher ein, wie bei einem normalen Menschen?
Wenn es sein muss, vielleicht. Aber diesen Moment, dass es eine bessere Antwort gibt, die einem erst fünf Tage später beim Duschen einfällt, den erlebe ich nach wie vor. Ich probiere, in meinem Leben Situationen zu vermeiden, in denen ich schlagfertig sein muss. Manchmal klappt es hier im Berliner Stadtverkehr ganz gut, weil man vielleicht schon ein bisschen vorausschaut. Oft geht es beim schlagfertig Sein eher ums Überraschen. Im Berliner Straßenverkehr ist die schlagfertigste Art meistens, einfach freundlich zu sein. Damit rechnet niemand. Wenn dich ein Fahrradfahrer anschreit, dann sagt man: „Entschuldigung, ich habe dich nicht gesehen.“ Dann war es das mit dem Konflikt. Sehr gut, macht Spaß.
Hat Sie Ihr Publikum bei einem Liveauftritt schon einmal verhungern lassen und keine Reaktion gezeigt?
Ja, aber natürlich. Es ist interessant, wenn du - was ich nicht so oft mache - ein Theaterstück spielst oder eine Bühnenshow machst, die eigentlich jeden Abend gleich ist. Dann ist es schon wundersam, dass entweder alle an einer Stelle lachen oder eben keiner. Das ist eigentlich komisch, weil die sich ja nicht kennen. Und so große kulturelle Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Städten auch nicht, dass man jetzt sagen könnte: „Naja, klar dass die das jetzt witzig finden und die nicht.“ Die sind mehr oder weniger gleich sozialisiert. Und trotzdem – entweder alle oder keiner. Es gibt diese Momente, in denen man denkt: Hier habe ich jetzt eigentlich eine Lücke für einen Lacher gelassen. Aber da kommt keiner. Ich habe gesehen, dass das Jürgen von der Lippe auch mal passiert ist und er hat das unglaublich gut gelöst. Er hat gemerkt, dass kein Lacher kommt und hat gesagt: „An dieser Stelle lasse ich Ihnen eine kleine Lücke für Applaus.“ Als er das gesagt hat, kam der Beifall und die Situation war gerettet. Es gibt schon so zwei, drei Kniffe, wie man sich aus so einem Ding wieder rausziehen kann. Aber ich glaube, das kennt jeder. Und meistens liegt es daran, dass man nicht so witzig war, wie man gedacht hat.
Möchten Sie das Gemeinschaftserlebnis nun intensivieren? Es gibt ja auch noch andere Formate: das Dschungelcamp, Promi Big Brother…
Ich sehe schon noch einen atmosphärischen Unterschied zwischen Dschungelcamp, Big Brother, LOL und Love Island oder Camp der Reality Stars. Ich fand LOL sehr gut. Aber von weiteren Anfragen für Zusammenkünfte mit mehreren Prominenten bitte ich abzusehen. Für so etwas möchte ich nicht mehr angefragt werden.
Haben Sie manchmal Alpträume, dass eines Tages ein wütender Mob Ihre Statue vor dem Berliner Hauptbahnhof Saddam-Hussein-mäßig stürzen könnte?
Ja, das könnte passieren. Aber ich muss sagen - gerade im Vergleich mit Saddam Hussein -, dass ich mich in den letzten Jahren recht gut benommen habe. In diesem speziellen Vergleich habe ich das Gefühl, dass ich auf einer Pro- und Contra-Liste ganz gut wegkomme. Ich habe nicht mal eine goldene Kalaschnikow.