Nach Corona
Wie ein Festival: Das Opernhaus gibt nach der Corona-Schließung Vollgas
2.6.2021, 18:59 UhrVorhang auf! Dieser lang ersehnte Schlachtruf aller Bühnen- und Livekultur-Aficionados ertönt nach sieben vollen Monaten Lockdown ohne Spielbetrieb ab 9. Juni im Staatstheater – vorausgesetzt die Inzidenz in der Stadt Nürnberg bewegt sich weiterhin stabil unter dem Wert 100. Wovon man derzeit mit einiger Wahrscheinlichkeit ausgehen kann.
Im Opernhaus geht es zwischen dem 9. und 13. Juni gleich mit einem regelrechten Premieren-Festival los. Vier in den letzten Monaten einstudierte Werke werden erstmals vor Publikum präsentiert – sie waren zuvor auch noch nicht online im Stream zu sehen.
Jens-Daniel Herzog, Staatsintendant und Operndirektor in Personalunion, will damit nicht nur den Premierenstau abarbeiten, der Reigen dient nach innen wie außen auch als eine Art Arbeitsnachweis, weshalb Ensemble und viele anderen Abteilungen in den Monaten der Schließung trotzdem hinter den Kulissen weiterarbeiteten. Oder mussten – denn es gab dazu im Haus und im Umfeld von Mitarbeitern auch durchaus kritische Stimmen.
In der Kürze der Zeit folgen die Premieren Schlag auf Schlag, eine Dramaturgie wie bei einer Saisonplanung kann da natürlich nicht aufrechterhalten werden.
So führt am 9. Juni, 19.30 Uhr, eine Doppelpremiere tief in den Keller des ausbeuterischen Verhältnisses zwischen Mann und Frau. Die italienische Regisseurin Ilaria Lanzino koppelt Bela Bartoks „Herzog Blaubarts Burg“, den modernen ungarischen Opernklassiker über einen frauenverzehrenden und mordenden Herrscher, mit dem barocken Komödienkracher „Pimpinone oder Die ungleiche Heirat“ von Georg Philipp Telemann.
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Darin heiratet sich eine Frau sozial nach oben und zeigt ihrem Göttergatten dann, wer die Herrin im Hause ist.
Könnte eine spannende Mischung ergeben, es dirigiert Guido Johannes Rumstadt. Für Fans von Publikumsliebling Jochen Kupfer ist es sicherlich ein besonderer Tag, denn der Bassbariton gibt sein Rollendebüt als Herzog Blaubart.
Am Freitag, 11. Juni, 19.30 Uhr, geht es weiter mit einem Abgesang auf die frech-frivole Operettenkultur der Weimarer Republik am Vorabend der Machtergreifung durch die Nazis. Paul Abrahams „Märchen im Grand-Hotel“ entführt in ein Kulissen-Cannes, in dem die Kulissen für einen Hollywood-Film aufgebaut werden. Das Stück ist so sprunghaft und vital wie ein Musical und konnte bei der Uraufführung 1933 in Wien nur noch einen Achtungserfolg in einer zunehmend aggressiv-antisemitischen Gesellschaftsatmosphäre ernten. Paul Abraham entkam den Nazis, aber nicht dem Schicksal: Die Emigration bedeutete für ihn einen Bruch, der ihn nicht mehr aus der Schattenseite des Lebens auftauchen ließ.
In Nürnberg inszeniert Operetten- und Muscialexperte Otto Pichler, Lutz de Veer dirigiert, auf der Bühne mischen sich Opern-Ensemblemitglieder und Musicalprofis.
Hausherr Herzog selbst zeigt am Sonntag, 13. Juni, 19 Uhr, noch seine Version von Benjamin Brittens „The Rape of Lucretia“. Die wurde einst für die schwierigen künstlerischen Bedingungen in der Nachkriegszeit als Kammeroper komponiert. Deshalb lässt sich in der bitter-tragischen Geschichte der Entehrung und psychischen Vernichtung einer Frau durch Vergewaltigung gut pandemiekonformes Arbeiten umsetzen.
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Laut Herzog tragen die Sängerinnen und Sänger sogar FFP2-Masken, die nur während der „absoluten Grenzüberschreitung“ der Vergewaltigung herabgerissen werden. Es dirigiert Björn Huestege, Assistent von GMD Joana Mallwitz.
Für die Premieren wie für alle Vorstellungen im Opernhaus und im übrigen Staatstheater ist das ständige Tragen einer FFP2-Maske ebenso Pflicht wie die Vorlage wahlweise eines negativen Schnelltests, eines Impfzertifikats oder eines Genesungsbelegs. Der Vorverkauf für alle Vorstellungen läuft über den Webshop des Staatstheaters. Alle weiteren Informationen unter www.staatstheater-nuernberg.de
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