Die Zeit drängt

Wohin mit Nürnbergs Oper? CSU und SPD uneins über Interims-Standort

2.9.2021, 17:09 Uhr
Es ist lange bekannt, nun aber drängt die Zeit: Das Nürnberger Opernhaus muss saniert werden. Die Entscheidung, wo sie ihre Interim-Spielstätte bekommt, muss laut Oberbürgermeister Marcus König noch in diesem Jahr fallen.  

© Daniel Karmann/dpa, NNZ Es ist lange bekannt, nun aber drängt die Zeit: Das Nürnberger Opernhaus muss saniert werden. Die Entscheidung, wo sie ihre Interim-Spielstätte bekommt, muss laut Oberbürgermeister Marcus König noch in diesem Jahr fallen.  

Das Nürnberger Opernhaus mit seinen über 600 Mitarbeitern und das Publikum brauchen vorübergehend einen neuen Ort. Der könnte im Innenhof der Kongresshalle liegen. Das befürwortet Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (CSU). Auch die Grünen haben sich bereits eindeutig zu diesem Standort bekannt. Die SPD bleibt weiterhin deutlich zurückhaltender.
"Für uns ist noch offen, ob die Kongresshalle als Standort für eine Ausweichspielstätte in Betracht kommen kann", heißt es in einem vierseitigen Brief, den SPD-Fraktionsvorsitzender Thorsten Brehm und fünf weitere Fraktionsmitglieder Ende Juli an Oberbürgermeister Marcus König (CSU) geschrieben hatten. Sie vermissen ergebnisoffene Diskussionen, fordern einen Ideenwettbewerb und dass die Interimsspielstätte der Oper zur Chefsache in der Stadtverwaltung wird.

Der Chef, OB König, hat jetzt geantwortet – auf elf Seiten. Dabei macht er zweierlei unmissverständlich deutlich. Erstens, wie sehr die Zeit für eine Entscheidung drängt. Zweitens, wie sehr er ein Operninterim in der Kongresshalle befürwortet. Es "eröffnet aus meiner Sicht große Chancen für eine auch künftig breite gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Torso der Kongresshalle und dem Reichsparteitagsgelände insgesamt. Ein Operninterim im Torso der Kongresshalle ist ein klares Statement für die aktiv gestaltete Zukunft der Kulturstadt Nürnberg."
Eine Entscheidung des Stadtrates über den Standort der Ausweichspielstätte ist nach Königs Worten zwingend noch in diesem Jahr nötig. "Jede Verzögerung vergrößert das Risiko einer plötzlichen Betriebsuntersagung und eines ungeordneten Übergangs in ein unzureichend geplantes und womöglich ungeeignetes Interim", warnt er.

2016 sprudelte auf dem Richard-Wagner-Platz vor dem Opernhaus der Jeppe-Hein-Brunnen des Neuen Museums.

2016 sprudelte auf dem Richard-Wagner-Platz vor dem Opernhaus der Jeppe-Hein-Brunnen des Neuen Museums. © via www.imago-images.de, NNZ

"Es ist nicht der Fehler der Stadträte, dass der Zeitdruck jetzt so groß ist. Wir steuern nicht die Verwaltung", meint Ulrich Blaschke (SPD), Sprecher der Opernhauskommission, dazu. Natürlich brauche man Terminsicherheit — jedoch auch mehr Transparenz bei der Standortentscheidung sowie Wissen über die Kosten.


Messe bleibt im Rennen


In der Sitzung der neu gegründeten Opernhauskommission waren Ende Juli, wie berichtet, insgesamt neun mögliche Standorte vorgestellt worden. Drei kamen in die engere Wahl: die Kongresshalle, das ehemalige Schöller-Gelände und die Messe. "Das Bieterverfahren des Staatstheaters ist noch nicht abgeschlossen. Da ist noch alles möglich", sagt Blaschke. Zum Beispiel eben auch auf der Messe. OB König lässt nun wissen, dass die Verwaltung neuerlich auf deren Geschäftsführung zugegangen ist, um andere als die bislang diskutierten Möglichkeiten einer Ausweichspielstätte dort zu prüfen. "Das finden wir richtig", so Blaschke.


Sanierung kostet dreistelligen Millionenbetrag



Sollte es aber doch die Kongresshalle werden, muss aus Sicht der SPD-Fraktion im Vorfeld geklärt werden, wie man angemessen mit dieser besonderen Immobilie umgeht, wie das Opern-Interim mit der angedachten Kunst- und Ateliernutzung verzahnt wird und was nach der Nutzung als Ausweichspielstätte damit passiert. Das Areal sei als bauliche Hinterlassenschaft der NS-Gewaltherrschaft kein Standort wie jeder andere. In ihrem Brief fordern die SPD-Stadträte "Offenheit für kreative Ideen und konstruktiven Dialog mit Fachwelt und Öffentlichkeit". Eine fachlich noch so kompetente Studie sei dafür nicht ausreichend. "Es ist etwas anderes, ob einer eine Studie schreibt oder in einem Wettbewerb 20 Teams die Köpfe rauchen lassen", so Blaschke.


Blick vom Zuschauersaal auf die Bühne des Opernhauses.

Blick vom Zuschauersaal auf die Bühne des Opernhauses. © Daniel Karmann/dpa, NNZ

Seine Fraktion will deshalb einen Ideenwettbewerb, bei dem nicht im Vorfeld festgelegt ist, dass der Interim-Theatersaal im Innenhof der Kongresshalle errichtet wird. Der Saal könnte ja eventuell auch im Gebäudetorso oder im äußeren Umgriff der Kongresshalle möglich sein. "Das ist aus baulichen und finanziellen Gründen schlichtweg nicht umsetzbar", stellt König dazu fest. Für die von der SPD geforderten breiten Diskussionen sieht er keinen zeitlichen Spielraum, wenn die Ausweichspielstätte bis Mitte 2025 planerisch, baulich und logistisch realisiert werden soll. "Man kann Ideenwettbewerbe auch sehr zügig machen und viel Expertise in kurzer Zeit erhalten", kontert Blaschke.

Nächster Termin am 22. Oktober

König appelliert, die anstehenden Weichenstellungen "im Spannungsfeld zwischen gedanklicher Offenheit und den zeitlichen Notwendigkeiten" gemeinsam anzugehen. Der nächste Termin dafür ist der 22. Oktober. Dann tagt die Opernhauskommission und wird wohl zu ihrer Empfehlung für einen Standort kommen. Bis dahin dürften die Diskussionen an Fahrt aufnehmen. Das endgültige Urteil liegt beim Stadtrat. Am 15. Dezember tagt er letztmals in diesem Jahr der Entscheidung.

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