Gunzenhausen: 20 Jahre Krebs-Selbsthilfe
7.4.2016, 07:52 UhrHier kommen gleichgesinnte Menschen zusammen, die ihre Erfahrungen weitergeben, die zuhören, trösten und begleiten. Die Mitglieder des Landesverbands Bayern der Frauenselbsthilfe nach Krebs leisten das bereits seit 20 Jahren unter dem Motto „Auffangen — Informieren — Begleiten“. Das Jubiläum feierten sie nun in Gunzenhausen.
Die Wahl dafür fiel natürlich nicht von ungefähr auf die Altmühlstadt. Denn hier gibt es nicht nur seit 17 Jahren eine sehr engagierte Gruppe der Frauenselbsthilfe, sondern von hier stammt auch die Landesvorsitzende Karin Lesch. Die Feier des 20-jährigen Bestehens bettete sie in die dreitägige Landestagung ein, zu der sich alle Gruppenleiterinnen aus Bayern im Gasthof „Adlerbräu“ trafen und gemeinsam mit weiteren Gästen auf die vergangenen zwei Jahrzehnte zurückblickten.
Dabei erinnerte Karin Lesch an die erste bayerische Gruppe, die in Rosenheim aus der Taufe gehoben worden war, an die zahlreichen Fachvorträge, die Gymnastikstunden, die kreativen Angebote und den vielfältigen Austausch mit anderen Betroffen in all diesen Jahren. Das Wichtigste aber — neben zuzuhören — sei bei allen Sorgen und Nöten, miteinander lachen zu können. „Das haben wir uns alle bewahrt“, betonte Karin Lesch.
„Die Diagnose Krebs verändert alles. Nichts scheint mehr zu sein, wie vorher“, weiß sie aus eigener Erfahrung. Und genau diese Erfahrung und das eigene Erleben sind es, die es den Mitgliedern der Selbsthilfegruppen ermöglichen, andere Menschen in der gleichen Situation beizustehen, ihnen Stütze und Hilfe zu sein. Immer stärker würden die neuen Medien zur Informationsbeschaffung genutzt, doch die Landesvorsitzende ist überzeugt: „Das persönliche Gespräch und der Austausch von Angesicht zu Angesicht sind durch nichts zu ersetzen.“ Deshalb appellierte sie an die Zuhörer, weiterzumachen, damit Neubetroffene auch künftig Hilfe und Unterstützung in den Gruppen finden.
Die Schirmherrschaft für das Jubiläum hatte Bürgermeister Karl-Heinz Fitz übernommen, dem es auf der einen Seite ein Anliegen war, die Gästen aus dem gesamten Freistaat von der Attraktivität der Altmühlstadt zu überzeugen, und sich andererseits für das ehrenamtliche Engagement zu bedanken. Auch davon lebe schließlich eine Stadt, erklärte er. „Die Selbsthilfegruppe ist sehr viel wert“, machte er klar. Für das Medizinische sei im Fall einer Krebsdiagnose gesorgt, doch gehe es in einer solchen Situation auch darum, emotional aufgefangen zu werden.
Die Landestagung bezeichnete er als einen Markstein, eine Gelegenheit, stehenzubleiben und zurückzublicken. Da seien zum einen die vielen Schicksale und die Menschen, die man verloren habe, zum anderen aber die Erfolge, auf die man stolz sein könne und die Mut und Kraft zum Weitermachen geben.
„Die Arbeit, die Sie leisten, verdient Respekt und Anerkennung“, sagte der stellvertretende Landrat Robert Westphal in einem von persönlichem Erleben geprägten Grußwort. Tagtäglich würden rund 500 000 Neuerkrankte mit der Diagnose konfrontiert, die große Unsicherheit und Hilflosigkeit auslöse. „Sie schaffen es, ein Netz zu bilden, das die Betroffenen auffängt. Sie helfen ihnen, mit der Situation umzugehen, Sie unterstützen, hören zu, begleiten und leisten Beistand“, lobte er die Mitglieder der Selbsthilfegruppen.
Glückwünsche im Namen des Bundesvorstands der Frauenselbsthilfe gab es von Susanne Volpers, die dazu eigens aus Hamburg angereist war. „Jeder Einzelne von Ihnen steht für die Frauenselbsthilfe nach Krebs“, hob sie die unermüdliche Arbeit trotz eigener Erkrankung hervor. Das Jahresmotto des Bundesverbands, der seit 1976 besteht, „40 Jahre – mittendrin und weiter“ passe auch hier in Bayern gut, meinte Susanne Volpers. 20 Jahre seien die in den Gruppen des Landesverbands engagierten Frauen und auch Männer Ansprechpartner für Menschen in einer äußerst schwierigen Lebensphase gewesen, hätten für Kontinuität und Nachfolge gesorgt.
Letzteres werde allerdings zu einer immer größeren Herausforderung. Doch wie der Wandel der vergangenen 20 Jahre gemeistert worden sei, werde auch das gelingen, zeigte sich die Rednerin überzeugt, die als Rezept für den Bestand der Gruppen den Rat gab: „Bewährtes erhalten, Neues gestalten“.
Ihre eigenen Erfahrungen mit der Selbsthilfe und die Gründe für ihr jahrelanges Engagement gaben Gerda Kipfmüller, Ingeborg Schmidt, Karin Lesch und Uschi Würschinger an die Zuhörer, darunter auch der Onkologe Dr. Gerhard Schmidt aus Muhr am See, weiter. Da war zum Beispiel die Rede davon, in der Gruppe frei und ohne Scham sprechen zu können, ohne Angst, dass etwas nach außen dringt. Oder von der Dankbarkeit über die vielen kleinen Tipps der anderen Teilnehmer und von einem Ort, an dem trotz Krankheit und Sorge viel gelacht wird.
Das bewiesen die Gäste anschließend auf dem Gunzenhäuser Marktplatz, wo sie in fröhlicher Runde Ballons und gute Wünsche in den Himmel steigen ließen. Den richtigen Ton für die Feierstunde hatte mit einer Mischung aus hoffnungsvollen und heiteren Klängen das Duo Ekkehard Lindauer und Arnold Iffland getroffen.
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