Gunzenhausen bekommt ein neues Gesicht
25.11.2015, 09:17 UhrVor wenigen Tagen präsentierten Fitz, der Landschaftsplaner Max Wehner (Team4) und Michael Müller, Abteilungsleiter für den Landkreis beim WWA, im „Haus des Gastes“ die neuen Pläne. Im Publikum: rund 50 Gunzenhäuser, von denen sich viele in einem Workshop engagiert hatten, der nach der heftigen Kritik gegen die ursprünglichen Pläne ins Leben gerufen worden war. Ihre Erwartungshaltung: eher skeptisch.
Eine Stunde später war die Skepsis verschwunden. Und an ihre Stelle trat echte Freude: „Das ist ein kühner Entwurf“, schwärmte etwa Werner König. Er könne den Planern nur einen aufrichtigen „Glückwunsch“ aussprechen; dass die Anregungen aus dem Workshop derart reichlich in die neuen Pläne einfließen würden, „davon hätten wir nicht zu träumen gewagt“. Kräftiger Applaus des Publikums zeigte, dass er damit dessen Meinung auf den Punkt brachte.
Und darum geht’s: Die Altmühl soll in Höhe des Rondells aus ihrem derzeitigen, kanalartigen Bett ausgeleitet und in einem kühnen Schwung ein ganzes Stück in Richtung Promenade geführt werden. Kurz nach dem TrafoHäuschen biegt der Fluss scharf nach rechts, beschreibt kurz vor der Stadthalle eine S-Kurve und fließt dann endgültig im alten Bett weiter am Schießwasen vorbei (siehe Karte).
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Die Altmühl rückt also wieder näher an die Stadt heran. Doch damit waren die Gunzenhäuser Mit-Planer in den Workshops noch lange nicht zufrieden: Der Fluss sollte auch besser zugänglich, er sollte „erlebbar“ werden, wie es Fitz formuliert. Und das gelang eindrucksvoll.
Die Ufer werden sehr flach modelliert, sodass man leicht an den 10 bis 15 Meter breiten Flusslauf herankommt. Den Wasserstand wollen die Experten so flach halten, dass eine – gemessen am sonstigen „Tempo“ der Altmühl – relativ hohe Fließgeschwindigkeit erzielt wird. „Es wird kein Wildwasser werden, aber auch keine Badewanne“, sagte Max Wehner.
Der Clou: Unter Einbeziehung des alten Flussbetts, das deutlich schmaler werden soll, schaffen die Planer eine Insel, die über zwei Stege erreichbar ist und auf der ein Aussichtsturm wunderschöne Ausblicke auf die Altstadt wie auch auf das – weiterhin abgeschirmte – Storchenbiotop bietet.
Vorgesehen ist auch, dass nahe dem um ein paar Meter verlegten Spielplatz eine weitere Insel samt kleinem Wasserlauf entstehen soll: Das diene der „Erlebbarkeit für die junge Generation“ erklärt Wehner. Darüber hinaus berücksichtigen die Pläne eine Freispielwiese samt kleiner „Tribüne“ an der Oettinger Straße, zwei Spieltürme an der Promenade, ein Sonnendeck nahe dem Gasthaus Lehner und auch einen Zugang für Kanu-Wanderer, der an der ins Bewusstsein rückenden „Römerfurt“ angelegt werden soll.
Eine Rutsche für die Paddler
Im Zuge der Stadthallen-Renovierung könnte dort, so Bürgermeister Fitz, ein von Workshop-Teilnehmern angeregtes „Amphi-Theater“ entstehen. Und um die Paddler bequem aus der „Neuen Altmühl“ ausfahren zu lassen, ließe sich da, wo die Altmühl ein klein wenig aufgestaut wird, auch eine Betonrutsche installieren.
„Damit errichten wir auf 500 Metern Länge einen neuen, hochwertigen Altmühl-Abschnitt“, sagte WWA-Experte Michael Müller. Der sei für den Menschen und für die Natur wertvoller und gleichsam eine „Fortsetzung der Renaturierung“, wie man sie schon aus Unterasbach oder Bubenheim kenne. Erfreulicher – und nicht unwichtiger – Nebeneffekt: Wegen des Charakters der Baumaßnahme sieht Müller gute Chancen, dass der Freistaat die Kosten von etwa 1 Million Euro für die landschaftliche Umgestaltung komplett übernimmt.
Angesichts all dessen drängt sich die Frage auf: Wo bleibt eigentlich der Hochwasserschutz? Die Antwort: Er „versteckt sich“ gleichsam in den neu modellierten Altmühlauen.
„Wir brauchen keinen Meter Mauer mehr“, verkündete Fitz erleichtert. Und auch die Länge der beweglichen, nur im Notfall aufzubauenden Schutzelemente ist überschaubar. An drei Stellen (Rondell, Spielplatz, Trafohäuschen) werden sie auf insgesamt etwa 60 Metern benötigt.
Kernstück des Hochwasserschutzes ist ein flach angeböschter Erdwall, der entlang der Promenade in einer Höhe von 50 Zentimetern bis maximal 1,40 Meter vom Spielplatz aus bis zum Trafohäuschen führen wird. Auf ihm verläuft ein begehbarer Panoramaweg, der im südlichen Teil von Sitzelementen flankiert wird. Südlich des Gasthauses Lehner wechselt der Hochwasserwall auf die andere, flussabgewandte Seite der Promenade und wird nur noch wenige Dutzend Zentimeter hoch sein, ehe er sich nahe der Stadthalle dem natürlichen Bodenniveau anpasst. Nördlich des Spielplatzes übernehmen mehrere Landschaftswellen die Schutzfunktion, deren Höhe auf bis zu 1,30 Meter ansteigt, und nur im nördlichsten Teil der Altmühlauen, entlang der Spielwiesen, wird der Erdwall (unterirdisch) mit Betonelementen befestigt und noch etwas höher werden.
Hier geht es zur genauen Grafik von Landschaftswellen und Promenade.
Der Zeitplan sieht vor, dass noch heuer die politischen Weichen gestellt werden. Im nächsten Jahr soll das Rechtsverfahren abgewickelt, die Ausführungsplanung erstellt und die Ausschreibung des Auftrags vorgenommen werden. Ab 2017, da sind sich alle beteiligten Fachleute sicher, könnten dann die Bagger sollen. Bauzeit: etwa drei Jahre.
Die Kosten der Maßnahme sind – wenig verwunderlich – beträchtlich: Neben bereits bekannten 5,5 Millionen für die Stadtentwässerung sind für die Stadt 1,2 Millionen Euro für den reinen Hochwasserschutz fällig – in etwa so viel, wie das WWA auch für seine ursprüngliche „Mauer-Lösung“ veranschlagt hat. Die Umgestaltung der Landschaft kostet, wie erwähnt, etwa eine Million. Und in etwa genauso viel muss die Stadt zusätzlich aufwenden, um erst einmal die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Altmühl großzügig durch die Auen mäandern kann. Denn: Derzeit sind dort noch allerlei Kabel und Rohre vergraben, und die müssen naturgemäß weichen, sprich: verlegt werden.
Viel Geld, das weiß auch Karl-Heinz Fitz. Doch der Bürgermeister ist überzeugt, „dass es uns das wert sei sollte“. Denn: „Diese Maßnahme prägt das Gesicht Gunzenhausens für die nächsten 100 Jahre.“
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